Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abschied in Dunkelblau

Abschied in Dunkelblau

Titel: Abschied in Dunkelblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
Vom Netzwerk:
Lächeln.«
    »Und?«
    »Ich würde gerne wissen, wo der festmacht.«
    »Woher soll ich das wissen, McGee? Woher soll ich das wissen, verdammt noch mal?«
    »Aber du erinnerst dich an ihn?«
    »Er hat bar bezahlt.«
    »Ist kurz nach fünf vorbeigekommen?«
    »Und?«
    »Was für Leute hat er an Bord gehabt, Willy?«
    »Schnöseliges Jungvolk.«
    »Touristen oder Collegeleute?«
    Er starrte einen Augenblick durch mich hindurch. »Ich kenne eine von denen.«
    »Eins von den Kindern?«
    »Worüber reden wir denn, zum Teufel? Eins von den Kindern. Ja. Du kennst doch Charlies Holzkohlengrill drüben auf der anderen Seite der Brücke, an der Baustelle vorbei.«
    »Ich kenne den Laden.«
    »Ich hab’ sie dort als Bedienung gesehen. Junges Mädchen. Sie tragen dort kleine Namensschildchen. Sie hat einen ganz komischen. Deeleen. Ich hab’ sie da schon ein paar Monate nicht mehr gesehen. Wie es kommt, daß ich mich an sie erinnere? Die ist einmal ganz pampig geworden, als sie mir was Falsches gebracht hat.«
    Mehr hatte er dazu nicht zu sagen.
    Ich ging zu Lois zurück. Sie hatte ein Glas Bourbon in der Hand, so dunkel wie Eiskaffee. Sie lächelte gelöst mit feuchten Lippen, und ihre Augen waren unstet. Ich nahm ihr das Glas ab und brachte sie in ihre Kabine. Sie gab einen leisen, müden Singsang von sich und torkelte heftig gegen mich. Ich tippte sie mit den Fingerspitzen aufs Bett und zog ihr die Schuhe aus. Drei Minuten später schnarchte sie.
    Ich schloß ab und machte mich auf die Jagd nach einer gewissen Deeleen.
    In Charlies Holzkohlengrill stank es nach verbranntem Fett, und sie arbeitete nicht mehr dort. Aber eine Freundin namens Marianne arbeitete da, ein hübsches Mädchen, bis auf den Mund mit vorstehenden Hasenzähnen, den sie nie ganz zu bekam. Neunzehn, schätzte ich. Nachdem sie sich schließlich davon überzeugt hatte, daß ich kein Bulle war, setzte sie sich zu mir in eine der hinteren Eßnischen.
    »Dee, die ist hier gefeuert worden, nachdem der Geschäftsführer gewechselt hat. So, wie die Dinge lagen, hat sie einfach gemacht, was sie wollte, wissen Sie? Der Geschäftsführer, den wir zu der Zeit gehabt haben, hat sie die ganze Zeit mit in den Lagerraum genommen, und schließlich hat es jemand der Firmenleitung gepetzt. Ich hab’ ihr gesagt, daß das nicht richtig war, sich so aufzuführen. Sie hat seither ein paar andere Jobs gehabt, aber nicht lange, und ich seh’ sie nicht mehr oft. Früher hab’ ich sie besucht. Aber, ich weiß nicht recht, manchmal gleiten einem die Dinge aus der Hand, wenn Sie wissen, was ich meine? Spaß ist Spaß, aber es kann zu derb werden. Einmal hat sie mich zu einer Verabredung mit ›Freunden‹ mitgenommen. Jesus, der Kerl war so alt wie mein Vater, können Sie sich das vorstellen? Es gab einen fürchterlichen Streit, und ich habe herausbekommen, daß sie Geld von ihm dafür genommen hat, daß ich aufkreuze. Ich frag’ sie, wofür sie mich überhaupt hält. Ich glaube, die bekommt mal große Schwierigkeiten, und dann will ich nicht dabeisein, wissen Sie?«
    »Wo wohnt sie?«
    »Falls sie nicht umgezogen ist - sie zieht oft um -, ist sie noch im Citrus Inn. Es ist da drüben, irgendwo gegenüber von Deerfield Beach, so eine Art von Hotel mit so einer Art Apartment, ziemlich alt und schmuddelig. Sie wohnt in Apartment 2A oben, zusammen mit einem Mädchen namens Corry, da habe ich sie zuletzt gesehen. Sie lebt vom Arbeitslosengeld.«
    Mehr Zeit konnte sie nicht für mich erübrigen. Sie glitt aus der Eßnische und strich sich den blau und weiß gestreiften Rock ihrer Nylonuniform glatt. Sie schien in sich hineinzuhorchen, die Gesamtwirkung ihrer eigenen Worte zu erkennen, und schaute ein wenig betroffen aus. Sie war ein kräftig gebautes Mädchen, dessen ziemlich langer Hals und kleiner Kopf sie zierlicher aussehen ließen, als sie war. Ihr seidenfeines Haar war rehbraun und hatte blonde Strähnchen. »Daß Sie mich nicht mißverstehen mit Deeleen«, meinte sie. »Ich will nicht, daß Sie denken, ich will sie verheizen. Die Sache ist die, daß sie eine unglückliche Liebesaffäre gehabt hat, als sie noch ein kleines Mädchen war.«
    »Wie alt ist sie jetzt?«
    »Oh, jetzt ist sie zwanzig.« Sie zögerte. Sie fühlte sich dazu verpflichtet, unsere kleine Unterhaltung mit einem einstudierten Abgang zu beenden. Wie man es in Fernsehserien so macht. Also feuchtete sie sich ihren kleinen Hasenmund an, senkte schläfrig die Augen, blähte die Nüstern auf, tätschelte ihr Haar,

Weitere Kostenlose Bücher