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Abschied in Dunkelblau

Abschied in Dunkelblau

Titel: Abschied in Dunkelblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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Corry?«
    »Wer sind Sie denn, zum Teufel?«
    »Der Freund von einer Freundin.«
    »Welche?«
    »Marianne, arbeitet in Charlies Holzkohlengrill.«
    »Diese blöde Schlampe hat keine Freunde.«
    Hätte ich gebeten und gebettelt, hätte sie die Tür zugeknallt. Also stand ich lässig da und lächelte leicht. Es ist eine sehr entspannte Gegend. Für alle Durchreisenden gibt es Verhaltenssregeln. Falls man einigermaßen aussieht, keine Eile an den Tag legt und irgendwie gleichgültig wirkt, ist das eine Herausforderung. Damit hatte ich mehr Glück als erwartet, bis zu diesem Zeitpunkt. Ich wollte, daß das Glück anhielt. Falls man sich gegen Feindseligkeit und Mißtrauen stemmt, nimmt es nur zu. Nach einigen Augenblicken erhielt ich den Beweis für nachlassende Widerspenstigkeit.
    »Was ist denn mit dieser Marianne und Ihnen, daß Sie nach Deeleen suchen? Das verstehe ich nicht.«
    »Ich will Sie nicht durcheinanderbringen, Corry.«
    »Habe ich da was nicht mitgekriegt?«
    »Ich hatte Deeleen da drüben ein paarmal gesehen, aber sie nie richtig kennengelernt, und dann ist sie gegangen, und ich wollte wissen, ob sie die Stadt verlassen hat, und ich habe mich umgehört. Marianne meinte, sie wohnt vielleicht noch hier. Tja, und heute hatte ich nichts Bestimmtes vor, und ich habe noch diesen Krug, also dachte ich, ich schau mal vorbei. Aber wenn sie genauso freundlich ist wie Sie, war das wahrscheinlich keine so gute Idee.«
    Sie unterzog mich mindestens zwanzig schweigende Sekunden lang einer genauen Prüfung. »Warten Sie ’ne Minute«, sagte sie und machte die Tür zu. Es dauerte zehn Minuten, bis sie wieder herauskam. Sie hatte ihr dunkles Haar irgendwie steifgesprüht, bis es wie eine japanische Perücke wirkte. Sie hatte einen Badeanzug an, darüber eine offene Strandjacke. Der schwarz-weiße Badeanzug saß wie eine zweite Haut, das Schwarz etwas verblichen, das Weiß etwas schmutzig. Obwohl der Gesamteindruck von einer bulldoggenähnlichen Kinnlade und etwas zu viel Fleisch auf den Hüften beeinträchtigt wurde, sah sie ganz passabel aus. Sie schloß die Tür ab, lächelte zu mir hoch und meinte: »Sie sind ja praktisch ein Riese, wie? Haben Sie auch einen Namen?«
    »Trav.«
    »Da schläft sich noch ein junges Ding in dem Apartment aus. Sie hat die halbe Nacht Schluckauf von dem Bier gehabt. Kommen Sie, ich will Ihnen was zeigen.«
    Ich folgte ihr den kurzen Gang entlang zu einem Fenster nach hinten, das den Anlegesteg überblickte. Ein Mädchen in einem sehr knappen Bikini lag auf einer Matte auf dem Kabinendach der Play Pen. Ich sah über Corrys Schulter hinweg auf sie hinunter.
    Sie schaute spöttisch zu mir hoch: »Ich nehme es Ihnen gar nicht übel, daß Sie gucken gekommen sind, wo sie doch so toll gebaut ist, hm?«
    »Knackig.«
    »Aber wenn sie der einzige Grund ist, weshalb Sie hierhergekommen sind, Schätzchen, können Sie sich die Mühe sparen. Sie ist für den Typ vorgesehen, dem das Boot gehört.«
    »Ein ziemlicher Kahn. Wem gehört der?«
    »Einem alten Kerl namens Allen. Wir sagen Dads zu ihm. Wir fahren kreuz und quer und ganz weit weg. Wir fahren mit dem Boot auf die Bahamas. Können Sie sich das vorstellen, er behauptet, es sei schwierig Leute zu finden, die mit auf eine Kreuzfahrt gehen. Ist das nicht ein verrücktes Problem? Aber wie die Dinge liegen, Schätzchen, wird sie nicht mitspielen. Das könnte die ganze Bootsfahrt versauen.« Sie drehte sich vom Fenster zu mir um, mit einer jener einstudierten Mannequingesten, jener kleinen mechanischen Abläufe der Ausstellungskunst, und suchte Bestätigung. »Und jetzt?«
    Sie hatte zur Inspektion eingeladen, und ich inspizierte sie. Dann sagte ich: »Man muß wissen, wann man seine Pläne ändert. Man muß beweglich bleiben.«
    »Die Sache ist die«, meinte sie, »daß ich nicht will, daß Sie eine schreckliche Enttäuschung erleben. Ich meine, wegen Dee.«
    Dies war das kleine, rauchige Spiel von Einschätzung und Annahme, Angebot und Gegenangebot. Sie hatte das Spiel auf jene einzige Antwort eingeengt, die für ihr Selbstwertgefühl vonnöten war. Also antwortete ich so, wie sie es wünschte. »Wenn Sie das da unten in der Sonne wären, Corry, und Dee hier oben bei mir, dann wäre ich vielleicht enttäuscht.«
    Sie grinste, strahlte und spreizte ihr Gefieder, dann nahm sie meinen Arm und führte mich hinunter zum Bootssteg. »Hey!« sagte sie. Deeleen setzte sich auf, sah mit ihrer riesigen, schwarzen Brille wie eine Eule aus. »Wo sind die

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