Abschied nehmen
Widerstand. Ohne die Augen von der Bedrohung abzuwenden, schlich er sich lautlos wie eine Katze davon und erst außer Sichtweite, rannte er so schnell wie möglich den Hügel hinter dem Haus hinauf. Auf der anderen Seite suchte er Schutz in den zahlreichen Sträuchern und blieb dort bewegungslos hocken.
Sein Herz raste und er versuchte seinen hastigen Atem unter Kontrolle zu bekommen, während er zwischen den Blättern hindurchspähte, ob ihm jemand gefolgt war. Wenn sie wirklich seinetwegen gekommen waren, würden sie sicher bald die Gegend durchkämmen und er fragte sich, ob es nicht besser gewesen wäre, das Weite zu suchen. Doch um das Dorf herum waren weit und breit Felder und keine Möglichkeit sich zu verstecken, und wenn sie ihn tatsächlich suchten, dann wäre die Gefahr, dort entdeckt zu werden, um einiges höher.
So blieb er, wo er war, die Hand um Jamies Dolch gekrallt und wartete.
Er wartete und horchte, horchte und wartete und die Erinnerung an die Tage seiner Flucht lebte wieder in ihm auf. Er spürte wieder die Angst, die Kälte und die Einsamkeit dieser Tage, die er so erfolgreich verdrängt hatte und nun merkte er, wie gefährlich das gewesen war. Er hatte sich zu sicher gefühlt und beinahe vergessen, dass er immer würde auf der Hut sein müssen, denn Wentworth würde ihn nie vergessen. Nie würde der Major auf seine Rache verzichten. Er würde ihn suchen, bis zu seinem letzten Atemzug.
Heute schien der Kelch jedoch an ihm vorübergegangen zu sein, denn als die Dämmerung schließlich einsetzte, war ihm noch immer niemand nachgekommen. Hinter dem Hügel strahlte das Licht des niederbrennenden Hauses in den Himmel und William hielt die Anspannung nicht mehr aus und wagte sich aus seinem Versteck heraus.
Er robbte den Hügel hinauf und hinter einem Baum herunterspähend, fand er die Soldaten beim Abzug vor. Sie saßen allesamt – er hatte ihre Anzahl überprüft, um sicherzugehen, dass sie nicht einen von ihnen zurückließen – hoch zu Ross auf und führten ihre Tiere bereits die Straße hinunter.
William fiel ein Stein vom Herzen, als er sie davon reiten sah, doch trotzdem verspürte er einen unglaublichen Drang, diesen Ort auf der Stelle zu verlassen. So wartete er lediglich ab, bis die Soldaten außer Sichtweite waren, und stieg dann - jedoch auf einem Wege, auf dem er nicht wieder an der gaffenden Menge vorüber musste - den Hügel hinab.
Unten angekommen atmete er tief durch und hielt Ausschau nach Kate. Er brauchte nicht lange, um sie zu entdecken, denn sie stand mitten auf der Straße und sah sich immer wieder um. Sie suchte ihn.
Er gab sich alle Mühe so entspannt wie möglich zu wirken, denn Kate sollte keinen Verdacht schöpfen, so legte er ein freundliches Lächeln auf und trat auf sie zu.
„Da bist du ja.“ Ohne es zu merken, verfiel er in den vertrauten Ton. „Ich suche dich schon die ganze Zeit“, rief er ihr zu und blickte in ein beunruhigtes Gesicht, das sich zu ihm drehte.
Er hatte sie schon in vielen unterschiedlichen Stimmungen angetroffen und immer wieder war sie einfach nur bildschön, dachte er und machte sich auf ein Donnerwetter gefasst.
Doch dies blieb zu seiner Überraschung aus.
„Du suchst mich ? Ich habe dich gesucht, ich dachte du seiest womöglich …“, unterbrach sie sich selbst, schluckte schwer und ihr sorgenvoller Blick vervollständigte wortlos den Satz.
Für einen Augenblick war William sprachlos. Mit dieser Reaktion hatte er nicht gerechnet.
„Es tut mir leid, ich wollte nicht, dass du dich um mich sorgen musst“, gab er ernst zurück „aber nun können wir ja gehen“, fügte er noch hinzu, doch auch als Kate zustimmend nickte, rührten sie sich nicht. Sie standen da wie vom Donner gerührt und starrten einander an. Und erst nach mehreren Augenblicken lösten sie sich aus ihrer Erstarrung und wandten sich wortlos zu ihrem Wagen, um sich auf ihre Heimreise zu begeben.
Wieder saß Kate keinen Fuß von William entfernt, doch nun war ihr durchaus anders zumute, als es ihr am Vormittag ergangen war. Immer wieder warf sie ihm einen heimlichen Blick zu und ihr Herz raste. Es hämmerte so heftig gegen ihre Brust, dass sie befürchtete er könnte ihre Aufregung und damit auch das, was sie heute herausgefunden hatte, bemerken.
Als der Lärm der Hufe vorhin erklungen war, hatte sie wie alle anderen
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