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Abschied nehmen

Abschied nehmen

Titel: Abschied nehmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Miskull
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würde, doch das tat es nicht.
         Der Schmerz, den er nun verspürte, war um einiges härter als alle Beleidigungen zusammen, die sie ihm je an den Kopf geworfen hatte und William unterbrach für einen Augenblick seine Arbeit. Er ließ den Hammer sinken, schloss die Augen und biss sich auf die Lippe, bis sie blutete. Dann nahm er den Hammer erneut in die Hand und ließ ihn immer und immer wieder mit seiner ganzen Kraft auf das Metall niedersausen, bis die Hammerschläge das Einzige waren, das seinen Kopf ausfüllte.  
     
         Die Tränen hatte sie bereits in dem dunklen Gang zu ihrem Gemach nicht mehr zurückhalten können und nun war sie froh die Tür hinter sich schließen zu können, ohne von irgendjemandem gesehen worden zu sein. Ihre Wangen waren nass, und als sie an die Tür gelehnt zu Boden sank, tropften zahlreiche Tränen auf ihr Kleid. Sie faltete die Hände, bedeckte damit Mund und Nase und erstickte die leisen Schluchzer, die sie von sich gab.
         „Warum nur, Gott, warum?“, flüsterte sie in ihre Hände hinein und schickte damit die unzähligen Fragen gen Himmel, die in ihrem Kopf herumschwirrten und sie zur Verzweiflung brachten.
         Warum war das alles geschehen? Warum hatte sie sich so unendlich in ihn verlieben müssen? Warum hatte er ihr eben so wehgetan, ohne eigentlich tatsächlich etwas zu tun? Und warum war ihre Strafe für ihn so hart ausgefallen, obwohl er eigentlich keine Schuld trug? Sie kannte die Antworten auf diese Fragen und die Reue, die sie überkam, wollte sie beinahe erdrücken. Die Trauer, die sie in ihrem Herzen verspürte, nahm solche Ausmaße an, dass sie meinte, es würde gleich in Tausend kleine Stücke zerbersten wie eine fallen gelassene Porzellanschüssel.
         Doch den Gefallen tat es ihr nicht, stattdessen musste sie die Schmerzen ertragen, die sie selbst verschuldet hatte. Denn sie war es mal wieder gewesen. Sie, die durch die Anwesenheit von Marsaili und ihre schwärmenden Blicke dermaßen eifersüchtig geworden war, dass sie mal wieder nicht hatte an sich halten können. Sie hatte ihn wieder einmal angegriffen und ihm keine andere Wahl gelassen, als sich zu wehren.
         Doch sie hatte nicht anders gekonnt. Es war als hätte eine Macht die Herrschaft über sie ergriffen und Worte geformt, die sie ihm niemals hatte sagen wollen. Doch es half nichts, die Schuld an dem Vorfall abzuschieben, sie hatte zugelassen, dass sie die Kontrolle verlor und sie war die Einzige, die dafür verantwortlich war. Doch diese Einsicht machte es nicht leichter damit umzugehen. Sie war zu ihm gegangen, um Frieden zu schließen, doch den würde es nach dieser Unterhaltung nie wieder zwischen ihnen geben.
         Wenn er sie nicht vorher bereits gehasst hatte, würde er es nun in jedem Fall tun.

         Eine Weile hockte sie noch in ihrem Gemach, bis sie sich schließlich zwang ihre Tränen versiegen zu lassen. Für Selbstmitleid hatte sie keine Zeit, sie müsste ihn einfach vergessen.            Einfach, das würde es sicherlich nicht werden, doch sie musste diese Gefühle verdrängen und abschalten eine andere Möglichkeit gab es nicht. Ihr Magen zog sich zusammen, doch dann erhob sie sich und wischte die Tränen von ihrem Gesicht. Sie schloss die Augen und atmete tief durch, dann richtete sie den traurigen Blick nach vorn und verließ wieder ihr Gemach.

11. Kapitel
     
     
     
     
     
         Als William den Stall betrat, war es bereits später Nachmittag. Es war sein fünfter Versuch an diesem Tag, nach Jimmy zu sehen, denn jedes Mal, wenn er sich auf den Weg gemacht hatte, waren ihm entweder Kate oder Bryan bereits von weitem aufgefallen und er hatte sein Vorhaben auf später verschoben.
         Bryan versuchte er zu meiden, weil ihn dieser bereits seit Tagen darum anflehte, ihm noch eine Chance auf Jimmy einzuräumen und William war zurzeit nicht so recht in der Stimmung für so etwas. Weshalb er Kate nicht begegnen wollte, lag auf der Hand.
           Nun vergewisserte er sich, dass er allein war, schritt zügig durch den Stall zu Jimmys Box und schlüpfte lautlos durch die Tür.
         „Na, mein Großer“, sagte er, während er dem Tier den Hals tätschelte. Dann griff er nach der Bürste und begann das glänzende Fell zu striegeln.
         Jimmy, der stets besonders sensibel auf die Stimmungen seines Herrn reagierte, blickte beinahe traurig aus den dunklen Augen. Und als wollte er William aufmuntern und seinen düsteren

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