Abschied nehmen
eines ist sicher, deine Seite sieht aus, als hätten zwei Hunde darin um ihren Schlafplatz gekämpft!“, erwiderte sie belustigt. Seine Decke war ganz zerknittert, das Laken hatte er zur Seite gestrampelt und es bedeckte die Materatze nur noch zur Hälfte.
„Tatsächlich.“ William blickte mit nachdenklich gerunzelter Stirn auf das Bett, so als sei er dabei, über ein schwer zu lösendes Problem nachzudenken und nickte.
Kate überlegte zunächst, ob er sie auf den Arm nehmen wollte, doch er machte nicht den Eindruck. Er schien sich ernsthaft Gedanken über dieses zwar auffällige, doch so unwichtige Detail zu machen.
„William, ich verstehe nicht, was ist daran nun so besonders?“, fragte sie und riss ihn damit aus seinen Gedanken.
„Daran genau eigentlich gar nichts“, erwiderte er und sah in ihr erleichtertes Gesicht und fügte hinzu: „Keine Angst, ich bin nicht verrückt geworden“, und Kate lächelte, „aber das hat mir etwas klar gemacht.“
„Ach und was?“
„Weißt du, wir sehen manche Dinge als vollkommen normal an und kommen von selbst gar nicht darauf, dass sie es nicht sind, wenn wir nicht gerade von jemandem, der uns etwas bedeutet, mit der Nase drauf gestoßen werden.“
Kate wusste, dass er sie meinte und eine leichte Röte stieg in ihre Wangen. Sie lächelte ein wenig verlegen, sah ihn dann jedoch verständnislos an und William fuhr fort.
„Nimm zum Beispiel Willie.“ Er wusste auch nicht, weshalb er ihm eingefallen war, aber das war er eben. „Wegen seiner Stehlerei hatte er sich schon so viele Predigten anhören müssen, doch sie waren immer von Martha oder seinem Vater gekommen. Er hat zu beiden kein besonders inniges Verhältnis und so waren sie einfach an ihm abgeprallt. Nie hat ihm jemand, der ihm etwas bedeutet, klar gemacht, was an seinem Verhalten falsch ist. Wäre das geschehen, hätte er sicher schon früher mit dem Stehlen aufgehört.
Ich weiß, dass der Vergleich hinkt, aber irgendwie hat es mich daran erinnert“, schloss er mit einem leicht verunsicherten Gesichtsausdruck.
Doch der Vergleich hinkte gar nicht so sehr, auch wenn es kurios war, wie er die Brücke von einem zerwühlten Bett zu seinem kleinen, ehemals diebischen Freund geschlagen hatte.
„Ich verstehe, was du meinst“, gab sie zurück und ergriff liebevoll lächelnd seine Hand. „Und du warst also der gute Geist, den Willie endlich getroffen hat, hm?“, neckte sie ihn.
„Ich? Um Himmelswillen, ich bin kein guter Geist, ich hatte nur das Glück, dass der Kleine mich eben mehr mag als andere“, erwiderte er bescheiden.
„Dich mehr mag?“, äffte Kate ihn nach. „William, er liebt dich abgöttisch. Er ist auch schon ganz traurig, weil du in den letzten Tagen nicht viel Zeit für ihn hattest.“
„Ich vermisse ihn auch, aber sobald ich aus diesem Gefängnis hier“, sagte er und machte eine ausladende Geste quer durch den Raum, „wieder raus darf, werde ich wieder mehr Zeit für ihn haben!“, endete er und zuckte zusammen, als sie geräuschvoll auf seinen Arm schlug.
„Na los, verschwinde doch!“, rief sie mit gespielter Beleidigung und wandte sich von ihm ab, da ergriff William ihre Schultern und warf sie zurück in die Kissen. Er sagte nichts, doch sein Blick sagte alles. Er würde sie nie freiwillig verlassen, sprach es aus seinen Augen und sein Kuss bestätigte es ihr.
„Wie wäre es mit etwas zu essen?“, fragte Kate, als eine Weile später Williams Magen ein lautes Knurren vernehmen ließ.
„Das wäre gar nicht verkehrt“, gab er grinsend zurück und war froh, dass sein Magen sich nun gemeldet hatte, denn es fiel ihm schon den ganzen Morgen schwer sich zu beherrschen und nicht über sie her zufallen.
Sie sah einfach so verführerisch aus, dass er langsam nicht mehr wusste, wo er hinschauen sollte, denn ganz gleich, wohin er sah und was sie tat, es weckte nur noch irgendwelche sexuellen Fantasien in ihm. Er wusste aber, dass sie noch etwas Zeit brauchte und er hatte sich vorgenommen, ihr diese zu gewähren.
Als sie sich nun erhoben, um sich anzukleiden und frisch zu machen, dachte William er sei erlöst. Doch dem war nicht so. Sie trat zwar hinter den blickdichten Vorhang, doch William war, als würde sie direkt vor ihm stehen und er konnte ihre weiche Haut beinahe schmecken.
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