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Abschied nehmen

Abschied nehmen

Titel: Abschied nehmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Miskull
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und wenn William ehrlich war, verstand er es auch nicht so recht. Dieser Berg von einem Mann hätte ihn mit Leichtigkeit umbringen können, doch stattdessen kümmerte sich dieser riesige Schotte um seine Wunde.
    Und nachdem diese mit einer eigenartig riechenden Kräuterpampe bedeckt und verbunden war, stand er auf und half William auf die Beine.
         „Er wird mit uns reisen“, verkündete er, als sie zu den anderen Männern stießen, die sich, an den Wagen gelehnt, unterhielten und half William hinaufzuklettern.
         William bemerkte deutlich, dass diese Entscheidung bei Marcus’ Männern nicht gerade auf Zustimmung stieß und Robert konnte nun nicht mehr an sich halten und sprach aus, was er und auch die anderen dachten.
         „Bist du eigentlich verrückt geworden, Marcus? Das ist ein englischer Soldat, ein Sassenach. Hast du bereits vergessen, wie viele Dörfer diese Hurensöhne schon dem Erdboden gleichgemacht haben und wie viele Frauen und Kinder sie schon vergewaltigt haben?“, sprach er absichtlich auf Gälisch, damit William ihn nicht verstand, denn er fand, dass das diesen elenden Engländer nichts anging.
         Er hatte sich Marcus in den Weg gestellt und funkelte diesen mit zusammengekniffenen Augen an. Die Anderen standen ein paar Fuß von ihnen entfernt und beobachteten mit gespanntem Interesse die Situation.
         „Das habe ich nicht, Robert. Aber denk doch mal nach. Wenn wir den Rückweg mitrechnen, haben wir noch fast zwei Wochen Reise vor uns und er kann uns von Nutzen sein“, begann der Hüne und erntete von seinem Gegenüber einen fragenden Blick. „Wenn wir ihn dabei haben, werden uns keine Engländer angreifen und sollten uns noch einmal Wegelagerer den Weg versperren, können wir ihn vielleicht sogar gegen einen von uns eintauschen, falls ihr Überfall etwas glücklicher ausfällt als der heutige“, erklärte er und beobachtete seinen Freund, der sich deutlich gegen dieses vernünftige Denken sträubte. Marcus konnte es nachvollziehen und hatte Geduld mit Robert, der nach einer Weile zwar widerstrebend, jedoch zustimmend nickte. „Dafür brauchen wir ihn aber lebend, deshalb habe ich seine Wunde versorgt“, schloss Marcus und blickte seinen Freund an, der noch immer grimmig dreinschaute.
         Robert wusste, dass Marcus Recht hatte und doch kostete es ihn eine Heidenüberwindung, ihm schließlich aus dem Weg zu gehen und ihn zu seinem Pferd gehen zu lassen. Und Marcus war dankbar, dem misstrauischen Blick seines Freundes zu entkommen, denn auch wenn er nichts Unwahres gesagt hatte, hatte er ihm jedenfalls etwas verschwiegen.
         Denn er hatte noch einen anderen Grund, weshalb er William nicht einfach seinem Schicksal überließ. Er wusste nicht, woran es lag, aber für ihn war er nicht ein gewöhnlicher Sassenach. Wie er mit ihm gemeinsam gekämpft hatte, hatte Marcus beeindruckt.
         Dieser junge Mann war ihm irgendwie von Beginn an sympathisch gewesen. Und da das bei einem der verfeindeten Engländer bisher nie vorgekommen war, lediglich deren Anblick löste normalerweise einen abgrundtiefen Hass in ihm aus, musste irgendetwas Besonderes an ihm sein. Und Marcus war kein Mann, der solche Gefühle ignorierte und so beschloss er auch herauszufinden, wo es herrührte und deshalb musste er ihn mitnehmen. Und sollte sich sein Gefühl als falsch herausstellen, so würde er trotzdem den Zweck, den er gerade Robert beschrieben hatte, erfüllen.
        
         William hatte jedes Wort der Unterhaltung verstanden, denn seine Mutter hatte ihn bereits, als er klein war, die gälische Sprache gelehrt. So war er nun froh zu hören, dass sie tatsächlich nicht vorhatten, ihn zu töten. Und solange sie nicht wieder von solchen Leuten wie heute Abend angegriffen wurden und diese die Auseinandersetzung gewinnen würden, war er recht sicher.
         So entspannte er sich so gut, wie es eben unter lauter überwiegend feindlich gesinnten Fremden möglich war und da sie nicht mit ihm sprachen, versuchte er, sich zumindest mit deren Äußerem vertraut zu machen.
         Er betrachtete Marcus und Robert, die nebeneinander ritten und stellte fest, dass ihre einzige äußerliche Gemeinsamkeit die Art war, wie sie ihr Haar trugen. Es war schulterlang und sie verbannten es, wie auch ihre Kameraden, mit Hilfe von zwei dünnen, geflochtenen Zöpfen aus ihrem Gesicht.
         Doch schon die Farbe ihres Haars war unterschiedlich, die von Marcus kastanienbraun und

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