Abschied nehmen
Essen um das Feuer herumgelegt und schnarchten einer lauter als der andere, während Marcus an diesem Abend die erste Wache hielt. Eine ganze Weile blieb er bei seinen Männern am Feuer sitzen, während William etwa zehn Fuß von der schlafenden Truppe an einem Baum gelehnt da saß und keinen Schlaf fand. Seine grausamen Erinnerungen an die Nacht des Überfalls ließen ihn einfach nicht zur Ruhe kommen und auch dieser Hüne, der nun dort still vor sich hin wachte, beschäftigte seine Gedanken.
Er war ihm freundlich gesonnen, das hatte William von Beginn an gespürt, doch was steckte dahinter? Er hätte ihn gern gefragt, doch es hatte sich bisher einfach keine passende Situation ergeben. Immer waren sie von ihren feindseligen Reisegenossen umgeben und hatten keine Gelegenheit, ein paar Worte miteinander zu wechseln. Als William Marcus nun jedoch so allein am Feuer sitzen sah, während die anderen tief und fest schliefen, ging ihm auf, dass genau jetzt die Chance da war, auf die er die ganze Zeit gewartet hatte. Nun war der Augenblick da, wo sie ungestört miteinander reden könnten, dachte er und als hätte Marcus seine Gedanken gelesen, stand er mit einem Mal auf und kam auf ihn zu.
Er näherte sich gemächlichen Schrittes und William stellte fest, dass er nicht mit leeren Händen kam. In der einen hatte er eine Flasche und in der anderen zwei Becher und William grinste in sich hinein, als er erkannte, dass dies scheinbar kein spontaner Besuch war, den er ihm abstattete. Marcus hatte vermutlich ebenso auf eine Gelegenheit, mit ihm zu sprechen gewartet, wie er und nun wartete William gespannt darauf, was dieser ihm zu sagen hatte.
Bei William angekommen sagte Marcus jedoch zunächst einmal gar nichts. Stattdessen hockte er sich neben ihn, stellte die mitgebrachten Sachen auf dem Boden ab und seine großen braunen Augen verengten sich prüfend, als er ihn eine Weile musterte. William war, als suche dieser große Hüne in seinem Gesicht nach Antworten auf irgendwelche Fragen, die er jedoch nicht zu finden schien. Er schüttelte nämlich schließlich den Kopf, als wolle er die Gedanken vertreiben und deutete mit dem Kopf auf Williams Wunde.
„Ich sollte mir mal deinen Arm ansehen“, sagte er und William verspürte einen kleinen Stich der Enttäuschung.
Er war davon ausgegangen, dass Marcus zu ihm gekommen war, um die gleichen Fragen zu klären, die auch ihn beschäftigten, doch der schien sich nur für seinen Arm zu interessieren. Trotzdem tat William wie ihm geheißen, legte den Arm frei, ließ Marcus vorsichtig den Verband abnehmen und die mit der braunen Masse überzogene Verletzung kam zum Vorschein. Mit einem prüfenden Blick betrachteten sie beide die Wunde und Marcus untersuchte das Fleisch drum herum, indem er es mit seinem Daumen befühlte. Schließlich nickte er zufrieden und ohne ein weiteres Wort zu sagen, erhob er sich und ging zum Wagen. Dort kramte er ein Paar Sachen hervor, wobei er sich immer wieder mit einer fragenden Miene am Kopf kratzte, bis ihm scheinbar wieder einfiel, wo die Sachen, die er benötigte, verstaut worden waren.
Wieder bei seinem Patienten angelangt, versorgte er dessen Verletzung. Er entfernte zunächst die braune Masse mithilfe eines Tuches. Dann tauchte er das Tuch in eine Schüssel mit Wasser und säuberte die Wunde sorgfältig. Der Arm sah gut aus und würde schnell wieder heilen, dachte er. Dann nahm er ein weiteres Gefäß, in dem sich eine grüne Salbe befand, und bedeckte den Arm wieder damit.
William beobachtete die geschickten Handgriffe mit Anerkennung. Marcus schien dies nicht zum ersten Mal zu tun.
„Was ist das eigentlich für ein Zeug?“, fragte William, nachdem sein Arm vollständig verbunden war und er sich bedankt hatte.
„Ich weiß es nicht so genau“, erwiderte Marcus mit einem schiefen Grinsen und zuckte dabei die Schultern. „Meine Frau mischt es aus verschiedenen Kräutern zusammen. Alles, was ich darüber weiß, ist, wie es anzuwenden ist und dass es sehr gut hilft.
Du hast es selbst gesehen, es ist kein bisschen Eiter an deiner Wunde“, endete er und sah seinen Patienten zustimmend nicken.
Als dieser anschließend Anstalten machte, sich sein Hemd wieder anzuziehen, legte er ihm jedoch die Hand auf den Arm, um dies zu unterbinden. Vor zwei Tagen hatte er ihm den Ärmel aufschneiden müssen, um die Verletzung zu versorgen und an
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