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Abschied nehmen

Abschied nehmen

Titel: Abschied nehmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Miskull
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verstehst“, sagte er und William klappte die Kinnlade herunter.
         „Das hast du gemerkt?“, fragte er noch immer vollkommen fassungslos und sah Marcus mit einem Grinsen nicken. „Wodurch habe ich mich verraten?“
         „Nun ja, keiner meiner Männer hat dich je auf Englisch als Vergewaltiger bezeichnet. Und auch der anderen Verbrechen wurdest du von ihnen lediglich in der Sprache bezichtigt, von der sie glaubten, du würdest sie nicht verstehen. Und damit, dass du wusstest, wie sie über dich reden, hast du dich eben selbst verraten“, erklärte Marcus und sah William missmutig den Kopf schütteln.  
         Das war ein ziemlich dummer Fehler, ärgerte William sich über sich selbst. Das darf mir nicht noch mal passieren, wenn dies die falschen Leute herausfinden, könnte das gefährlich werden, dachte er und wandte sich schließlich wieder an Marcus.
         „Aber das ist doch nicht alles, oder? Ich bin zwar zur Hälfte Schotte, aber das ist doch keine Garantie dafür, dass ich ein guter Mensch bin, statt ein Verbrecher, wie es deine Männer von mir denken“, gab William zu bedenken und sah Marcus nicken.
         „Nein, natürlich nicht, aber der Umstand, dass ich wahrscheinlich schon von Beginn an unbewusst bemerkt habe, dass du nicht nur ein Rotrock bist, hat mich auch tatsächlich dich sehen lassen. Ich habe gesehen, mit welcher Abscheu du die Wegelagerer betrachtet hast und ebenso habe ich bemerkt, dass diese Abscheu uns gegenüber nicht vorhanden war.
         Damit hast du mir schon gezeigt, dass du nicht so bist wie ein gewöhnlicher Rotrock. Und in den letzten Tagen, in denen ich dich genau beobachtet habe, hast du meine Annahme bestätigt“, erklärte Marcus scheinbar nicht nur William, sondern auch sich selbst. In Gedanken versunken nahm er einen Schluck aus seinem Becher und fuhr fort. „Doch bis heute war mir das alles ein Rätsel. Ich habe nicht gewusst, warum ich dich so anders sehe als meine Freunde und woher diese Verbundenheit rührt, die ich von Beginn an zwischen uns gespürt habe. Und ich sage dir eins, ich bin wirklich froh, dass die Lösung des Ganzen in deiner Herkunft liegt und nicht zufällig eine eigenartige Wandlung meiner sexuellen Gelüste ist.“
         „Glaub mir, du bist nicht der Einzige, den das freut, mein Arsch und ich sind dir ebenfalls äußerst dankbar dafür“, erwiderte William, sie lachten herzhaft und die noch vorhin herrschende Anspannung wich nun vollends in die dunkle Nacht.
         Es war als wäre von ihrer beider Schultern eine Last genommen worden und je länger sie so zusammensaßen und miteinander sprachen, desto stärker wurde das Band, das sie beide verknüpfte. Sie lachten zusammen, sprachen jedoch auch über ernste Dinge und sie berichteten einander von ihrem Zuhause und den Menschen, die dort auf sie warteten.
         William erfuhr, dass Marcus das Clansoberhaupt der Maccallums war. Er erzählte ihm von seiner Frau und seiner Tochter, die er auf der ihm gehörenden Burg Craigh im Nordosten Schottlands zurückgelassen hatte. Auch sprachen sie über die Männer, die Marcus begleiteten.   Sie gehörten allesamt seinem Clan an und lebten ebenfalls mit ihren Familien, soweit sie eine besaßen, neben vielen anderen auf der Burg.
         Marcus erzählte William von seinen Ländereien, von denen er einen Großteil, wie Williams Vater, verpachtete und den übrigen Teil dazu nutzte, die Burgbewohner zu ernähren. Nun befanden sie sich wie jedes Jahr auf ihrer Rundreise, bei der sie die Pächter aufsuchten und die Gebühren kassierten, um anschließend nach Edinburgh zu fahren und die Besorgungen, um die sie entweder ihre Frauen, die Burgbewohner oder auch die Pächter gebeten haben, zu erledigen.  
         Sie redeten fast die ganze Nacht durch und lernten einander langsam kennen. Und als der Morgen dämmerte, war eine Freundschaft entstanden.  
         „Was sollen wir nun tun? Uns wie bislang benehmen? Oder soll ich den Anderen offenbaren, dass ich ihre Sprache verstehe? Und wie soll ich mich dir gegenüber verhalten?“, fragte William, unsicher, was er tun sollte, wenn die anderen Männer gleich aufwachen würden.
         Dies waren keine einfachen Fragen. Marcus war lediglich klar, dass sie die Männer irgendwie von ihrem Hass abbringen mussten und dies am besten, indem sie William kennen und damit auch, davon war Marcus überzeugt, mögen lernten. Schließlich einigten sie sich darauf, nicht mit der Tür

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