Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abschied nehmen

Abschied nehmen

Titel: Abschied nehmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Miskull
Vom Netzwerk:
desto unausweichlicher und unumstößlicher war sie und desto tiefer trieb sie sich wie ein giftiger Dorn in sein Herz. Sie kämpfte sich durch seinen Verstand, erschütterte ihn, machte ihn fassungslos und stand schließlich in seinem totenbleichen urplötzlich scheinbar um Jahre gealterten Gesicht geschrieben, als er zu seinem Freund herumfuhr.
         Um Fassung ringend, blickte Marcus ihn aus sterbenselenden Augen an und William brauchte nicht lange, um herauszufinden, was sein Freund ihm sagen wollte. Sie hatten schon häufig über dieses Thema gesprochen, so sah er diesen Ausdruck in Marcus’ Augen nicht zum ersten Mal und blankes Entsetzen traf ihn wie eine Faust ins Gesicht.
         Er schloss die Augen, senkte schwer atmend den Kopf und tiefe Falten durchzogen seine Stirn, während er sich, mit seinem Schicksal hadernd, immer wieder fragte, warum jetzt, jetzt wo er so glücklich war. Doch genau das war die Antwort auf seine Frage, wurde ihm mit einem Mal klar und die heiße Wut, die in ihm aufgeflammt war, wandelte sich schließlich in eine unsagbare Traurigkeit.
         Die lag auch in seinen Augen, als er ein paar Augenblicke später wieder zu Marcus aufsah und der Anblick wollte seinem Freund schier das Herz zerreißen. Hätte er doch nur verhindert, dass William mit ihnen gekommen war. Wären sie doch nur allein ...
         Das Geräusch des plötzlich zufallenden Tores hinter ihnen riss die beiden Freunde aus ihrer Erstarrung. Ohne zu zögern, zogen sie ihre Waffen, wirbelten herum und trotz des Wissens darum, was sie erwartete, gefror ihnen beim Anblick der sie umzingelnden Rotröcke das Blut in den Adern. Sie waren alle mit einem Mal aus ihren Verstecken gekrochen und richteten nun auf jeden von ihnen mindestens eine Schusswaffe.  
         „Herr Gott, steh uns bei“, stieß Marcus kaum hörbar aus und Williams Hand schloss sich noch fester um seinen Schwertgriff, auch wenn er bereits wusste, dass er damit nichts würde ausrichten können.
         Wie die seiner sechs Freunde waren auch seine Augen bereits über den Hof gehastet, um sowohl ihre Chancen als auch ihre Fluchtmöglichkeiten auszuloten und schnell war auch ihm klar geworden, dass beide gleich null waren.
         Sie waren ausnahmslos gute Kämpfer und konnten es jederzeit mit mehr als einem Mann gleichzeitig aufnehmen, doch die Rotröcke hatten die Distanz zu ihnen mit Bedacht gewählt. Um ihre Schwerter einsetzen zu können, waren sie zu weit entfernt und doch so nahe, dass ein Schuss aus ihren Pistolen und Gewehren sie nur verfehlen würde, wenn sie die miserabelsten Schützen der Welt wären. Und solche hatte Wentworth für dieses Unternehmen sicher nicht ausgewählt. Auch waren sämtliche Fluchtwege abgeschnitten, was jedoch ohnehin keine Rolle spielte, denn diese würde keiner von ihnen lebend erreichen.
         Diese Erkenntnis fand er nun auch in den Gesichtern seiner Freunde wieder, die ihn, nachdem ihre anfängliche Fassungslosigkeit geschwunden war, niedergeschmettert anblickten. Und auch ihm wurde es bei diesem Anblick unmöglich sein so aufmunternd und tapfer beabsichtigtes Lächeln, aufrechtzuerhalten. Seine ungeheure Traurigkeit brach sich darin bahn und er konnte sie einfach nicht vor seinen Freunden verbergen. Vielleicht weil er genau wusste, dass es ihnen ebenso erging.
         Doch darüber, wem ihre Verzweiflung verborgen bleiben sollte, waren sie sich zweifellos einig. So waren ihre Mienen ausdruckslos und das Kinn eines jeden trotzig in die Höhe gereckt, als sie sich, nachdem sie den Kreis um William ein wenig enger geschlossen hatten, zu ihrem Feind umwandten.
         William grub dabei seine Nägel so tief in seine Handfläche, dass es schmerzte und der Gedanke daran, dass er genau das gleiche Verhalten auch schon unzählige Male bei Kate beobachtet hatte, schnürte ihm nun die Kehle zu. Erst der Klang einer ihm bekannten Stimme riss ihn plötzlich aus seinen Gedanken.
         „Ja, wen haben wir denn da?“, hörte er Wentworth sagen und bei dem Anblick des Majors überkam ihn eine solche Abscheu, dass er sich stark zurückhalten musste, um nicht auf ihn zuzurennen und ihn auf der Stelle zu töten. Nur der Rest von Vernunft, zu der er nun noch fähig war und Marcus’ auf ihm ruhender zutiefst unglücklicher Blick hielten ihn davon ab. Auch er schien eine letzte Hoffnung auf seine Rettung, noch nicht aufgegeben zu haben.
         So blieb er widerwillig stehen und beobachtete Wentworth

Weitere Kostenlose Bücher