Abschied nehmen
lass uns nicht so betrübt dreinschauen. Wer weiß, ob du noch einmal herkommen darfst. Erzähl mir lieber etwas Gutes vielleicht sogar etwas zum Lachen“, bat er und sah Entsetzen in Marcus’ Gesicht aufflackern.
Wie sollte er es fertigbringen, jetzt heitere Geschichten zu erzählen, fragte er sich entgeistert. Doch ein Blick in Williams gequälte Augen genügte ihm, um ihn von dieser Idee zu überzeugen. Wie sollte er ihm diese Bitte auch abschlagen. So durchforstete er sein Gedächtnis und nach einer schweigsamen Weile begann er, amüsante Erinnerungen aus ihrer gemeinsamen Vergangenheit aufzufrischen.
Ihr lautes Gelächter wirkte befreiend, während es durch die dunklen Verliese schallte, doch gleichzeitig rannen verzweifelte Tränen ihre Wangen hinab.
Die halbe Stunde war schneller vorüber, als ihnen lieb war und auch wenn es ihnen beinahe unmöglich war, sich voneinander zu trennen, taten sie es doch ruhigen Gewissens. Sie hatten einander alles gesagt, was ihnen wichtig war für den Fall, dass es tatsächlich ihre letzten gemeinsamen Minuten waren und William hatte Marcus für jeden seiner draußen wartender Freunde eine Botschaft mit auf den Weg gegeben, von denen er wahrscheinlich keinen mehr wiedersehen würde.
„Ich komme morgen wieder“, flüsterte Marcus ihm zu, den ungeduldigen Wachsoldaten in seinem Rücken und hoffte, dass sich seine Worte bewahrheiten würden.
„Tja, ich werde hier sein“, erwiderte William mit einem misslungenen Lächeln.
Dann umarmten sie einander, eh Marcus sich erhob und hinter der zufallenden Tür verschwand.
Marcus’ Gesicht wirkte eingefallen, von seiner Trauer gezeichnet, als er schließlich wieder ins Freie trat und seine Freunde unterdrückten die neugierigen Fragen, die ihnen noch bis eben auf den Lippen gelegen hatten. Sein Anblick reichte ihnen, um sie beantwortet zu wissen und so schwiegen sie.
Marcus trat näher, sah aus trüben Augen in die Runde, unfähig etwas zu sagen. Doch das musste er auch nicht, denn wie schon am Vortag übernahm Robert das für ihn.
„Gehen wir, hm?“, sagte er leise, sein Blick ebenso niedergeschlagen wie der seines Freundes, und als Marcus nickte, wandten sie sich ab und kehrten zurück in ihre Unterkunft.
Erst dort erzählte das Clansoberhaupt seinen Männern von dem Besuch bei William.
Auch in den nächsten Tagen durfte William einmal täglich Besuch empfangen und Marcus war seinen Männern überaus dankbar, dass sie ihm den Vortritt ließen und er das an William gegebene Versprechen schon am folgenden Tag wahr machen konnte. Es war nicht so, dass seine Freunde William nicht auch gern noch einmal besucht hätten, doch es hätte ohnehin nicht mehr jeder von ihnen zu ihm gekonnt, und da sie genau wussten, wie viel es Marcus bedeutete, einigten sie sich darauf, zurückzustecken.
„Wie geht es ihm?“, fragte Angus, der gemeinsam mit Robert und Alec vor dem Gefängnis auf ihren Freund gewartet hatte, als dieser zu ihnen trat.
Marcus seufzte.
„Er hält sich gut“, erwiderte er und blickte zu dem mit grauen Schneewolken behangenen Himmel auf. Dann strich er sich mit beiden Händen übers Gesicht und verschränkte die Arme vor der Brust. „Besser als ich, fürchte ich“, fügte er noch mit einem müden Lächeln hinzu und mit einer leichten Kopfbewegung bat er seine Männer, ihm zu folgen.
„Habt ihr etwas von Ian und Hugh gehört?“
Marcus hatte die beiden gebeten, zum Stadttor zu gehen und nach Kate Ausschau zu halten. Er erwartete sie heute oder morgen und die beiden Männer sollten sie abfangen, zu ihrer Unterkunft geleiten und ihnen anschließend Bescheid geben.
„Nein, keiner von den beiden ist hier gewesen. Aber wir können nachsehen, ob sich ihr Warten inzwischen erledigt hat“, schlug Alec vor und die anderen stimmten ihm zu. Es war nur ein kleiner Umweg und sie hatten ohnehin nichts Besseres zu tun.
So ließen sie eine Gasse nach der anderen hinter sich zurück, während sich die Dämmerung immer weiter über Edinburgh senkte und als sie schließlich an ihrem Ziel ankamen, war es bereits beinahe dunkel. Sie sahen sich gründlich um, doch von Hugh und Ian war weit und breit keine Spur und so machten sie sich auf den Weg zu ihrer Unterkunft. Die bittere Kälte hielt sie dazu an, ihren Schritt zu beschleunigen und wenige
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