Abschied von Eden
zu. Noch bevor das Pferd richtig stehen geblieben war, sprang er herunter, schlang die Zügel um einen Pfosten und legte schwungvoll einen Arm um Abels knochige Schulter.
»Komm mit ins Haus«, sagte er. »Laß uns zusammen ein Bier trinken.«
Abel stopfte Decker den Umschlag in die Shortstasche. »Da. Wir sind quitt.«
Decker zog den Umschlag heraus, befühlte den Inhalt und drückte ihn Abel wieder in die Hand. »Ich hab’ dir doch gesagt, daß das Geld ein Geschenk war.«
»Und ich hab’ gesagt, daß ich’s dir zurückzahl’.«
»Aber ich will es nicht zurück.«
»Es ist mir ehrlich gesagt egal, was du willst.« Abel warf Decker den Umschlag vor die Füße. »Jetzt steh’ ich nicht mehr bei dir in der Kreide. Und keine Sorge, Sergeant. Das Geld gehört mir. Ich hab’s selbst verdient. Und das verdammt hart!«
Abel drehte sich um und humpelte so schnell er konnte zurück.
»Scheiße, ich kann doch nicht …« Decker hob den Umschlag auf und lief Abel hinterher. Er packte ihn an der Schulter. »Hey, wart doch einen Augenblick, ja?«
»Nimm die Pfoten weg«, sagte Abel.
»Beruhige dich doch …«
»Ich hab’ gesagt, du sollst die Pfoten wegnehmen.«
»Mach’ ich, sobald du dich beruhigt hast.«
Abel schlug Deckers Arm von seiner Schulter. Dieser plötzliche Stoß brachte Decker aus dem Gleichgewicht. Abel ging zwei Schritte zurück und machte einen Buckel wie eine bedrohte Katze. »Wenn ich sage, du sollst deine verdammten Pfoten wegnehmen, dann meine ich sofort, Kumpel. Ich mag zwar ein Krüppel sein, aber dir bin ich immer noch gewachsen.«
Decker wurde rot. »Ich meinte ja bloß …«
»Du meintest ja bloß, du meintest ja bloß …«, äffte Abel ihn nach.
»Ach, verpiß dich«, sagte Decker. »Ich hab’ es verdammt nicht nötig, meine Absichten zu verteidigen. Yeah, du bist ein Krüppel. Aber nicht nur ein körperlicher Krüppel, viel schlimmer, du bist ein emotionaler Krüppel …«
»Ach du lieber Gott!« Abel warf die Hände in die Luft. »Da hast du mir aber eine tolle Einsicht verschafft!«
Decker hatte das Gefühl, als würde er gleich explodieren, sprach jedoch mit ruhiger Stimme. »Ich hab’ die Schnauze voll von dir, von deinem Gerede und deinen Problemen. Such dir doch ’nen anderen Idioten, der dich rauspaukt. Laß dich nie wieder blicken.«
Er schleuderte Abel den Umschlag gegen die Brust. »Ich brauch’ die Knete nicht. Verpraß sie doch mit deinen verdammten Nutten.«
Abel ließ das Geld auf die Erde fallen, strich über seinen Bart und zeigte ein seltsames Lächeln. Er schob eine Hüfte vor und sagte: »Du solltest dich mal lieber an die eigene Nase packen. Soweit ich mich erinnere, mußte ich immer deinen Arsch aus den Hütten zerren.«
»Bloß weil du meinen Arsch in die Hütten gezerrt hast.«
»Du hast dich aber nie darüber beklagt, Decker.«
»Du hast zu eifrig nach Fotzen geschnuppert, um das zu hören.«
»Eifersüchtig auf meine Erfolgsquote?«
»Leck mich am Arsch, Atwater. Bloß weil wir zusammen auf Tour waren, brauchst du dich und mich nicht in einen Topf zu werfen.«
»Hey, Decker, dein Gedächtnis muß wohl mal ’n bißchen geölt werden. Ich kann mich erinnern, daß du’s in Bangkok richtig Klasse fandst …«
»Mann, ich wollte überhaupt nicht nach Bangkok. Du wolltest nach Bangkok!« Decker brüllte mittlerweile. »Ich wollte nach Hawaii! Ich wollte nur am Strand sitzen, ohne daß man mir den Arsch wegschießt. Aber das war ja nicht gut genug für den Obergefreiten Atwater. Honest Abe wollte Aufregung. Vietnam war ihm nicht aufregend genug, er wollte noch mehr. Bangkok war ganz bestimmt nicht meine Idee. Bangkok war deine Idee!«
»Wenn du unbedingt nach Hawaii wolltest, warum bist du denn dann nicht nach Hawaii gefahren, verdammt noch mal?«
»Soll ich dir sagen, warum?« schrie Decker.
»Yeah, sag mir, warum!« schrie Abel zurück.
»Ich werd’s dir sagen!«
»Dann sag’s doch endlich, du Arschloch!«
»Ich bin nach Bangkok gefahren, weil du Weiber wolltest und Weiber in Bangkok billiger waren!«
»In der Hinsicht ist es dir ja in Bangkok auch nicht so schlecht ergangen!«
»Woher willst du denn wissen, was ich gemacht hab’? Du hast doch die ganze Zeit rumgebumst wie ein geiler Köter.«
»Hab’ aber trotzdem mitgekriegt, daß du ’ne schlitzäugige Fotze mit auf dein Zimmer genommen hast. Ich meine mich zu erinnern, daß drei Tage vergingen, bevor du das arme Ding mal wieder an die frische Luft gelassen hast!«
Aus den
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