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Abschied von Eden

Titel: Abschied von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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hast du die Flinte verloren?«
    »Kann mich nicht erinnern.«
    »Kannst du nicht mal feste nachdenken und versuchen, dich zu erinnern?«
    Earl kniff die Augen zusammen, dann öffnete er sie wieder und sagte: »Kann mich nicht erinnern.«
    »Hast du sie weggeworfen?« fragte Decker.
    »Ja.«
    Decker hätte sich selbst verfluchen können. Er wußte, daß die Antwort keinen Pfifferling wert war. Keine Suggestivfragen. Einfach Earl reden lassen.
    »Du erinnerst dich also nicht, was mit der Flinte passiert ist?« trat Decker den Rückzug an.
    »Hab’ sie weggeworfen«, sagte Earl. »Und die kleine auch.«
    Den .38er S and W. Der Junge hatte die Waffen zumindest gesehen. Hatte er sie auch beide benutzt? »Die kleine?« fragte Decker.
    Earl nickte.
    »Du meinst eine kleine Waffe, Earl?«
    »Ja.«
    »Gehörte die kleine Waffe auch dir?« fragte Decker.
    »Nein.«
    »Diese kleine Waffe gehörte dir also nicht?«
    »Nein.«
    »Gehörte sie Pappy?«
    »Weiß nicht.«
    »Granny?«
    »Weiß nicht.«
    »Gehörte die kleine Waffe Linda oder Luke?«
    »Weiß nicht.«
    Decker hielt inne. Immer schön langsam. »Wo kam die kleine Waffe her?«
    »Weiß nicht.«
    »Weißt du nicht?«
    »Nein«, sagte Earl. »Aber ich hab’ sie auch weggeworfen.«
    »Wohin?«
    »Kann mich nicht erinnern.«
    Laß das mit den Waffen erst mal. »Du hast gesagt, du hast Luke erschossen?« fragte Decker.
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Weil er Linda zum Weinen gebracht hat.«
    »Und du hast Linda erschossen.«
    Earl zögerte einen Augenblick. »Ja.«
    »Warum?«
    »Weil … weil er … sie hat Luke wütend gemacht.«
    »Womit hat sie Luke wütend gemacht?«
    »Sie hat ihn angebrüllt. Gesagt, er wär’ knickrig.«
    »Und das hat dich geärgert?«
    »Ja.«
    »Sehr geärgert?«
    »Halt … geärgert.«
    »Und was hast du dann gemacht?« fragte Decker.
    »Ich hab’ ihn erschossen.«
    »Luke?«
    »Ja. Und Mr. Mason auch«, fügte Earl hinzu. »Ich hab’ sie alle erschossen, weil sie rumbrüllten und schrien und ich davon Kopfschmerzen kriegte.«
    Vielleicht war der Junge einfach ausgerastet. »Du hast also Kopfschmerzen gekriegt?« fragte Decker.
    »Ja. Schlimme Kopfschmerzen. Mr. Mason hat mich was Schlimmes genannt.«
    »Was denn?«
    Earl fing an, auf seinem Stuhl hin- und herzuschaukeln. »Einen Bekloppten, f-Wort-Geistesbehinderten.«
    »Okay«, sagte Decker. »Mr. Mason hat dich also einen Geistesbehinderten …«
    »Einen Bekloppten, f-Wort-Geistesbehinderten«, korrigierte ihn Earl. Er schaukelte immer heftiger. Sue Beth befahl ihm, still zu sitzen, und er legte brav die Hände in den Schoß.
    »Entschuldige, Earl.« Decker sprach mit ganz sanfter Stimme. »Mr. Mason hat dich also einen Bekloppten, f-Wort-Geistesbehinderten genannt. Und was hast du dann gemacht?«
    »Ihn erschossen.«
    »Wen hast du als erstes erschossen?« fragte Decker.
    »Mr. Mason.«
    »Warum?«
    »Weil er was Schlimmes zu mir gesagt hat.«
    Earl fing wieder an zu schaukeln. Sue Beth hielt ihn einfach so lange an der Schulter fest, bis er aufhörte.
    »Du hast also Mr. Mason als erstes erschossen«, sagte Decker.
    »Ja.«
    »Bist du ganz sicher?«
    »Ja.«
    »Hat Mr. Mason Luke oder Linda angebrüllt?«
    Earl antwortete nicht sofort. Dann sagte er: »Er hat erst Luke angebrüllt. Dann Linda. Er hat sie zum Weinen gebracht.«
    »Mr. Mason hat Linda zum Weinen gebracht?«
    »Ja. Er hat sie angebrüllt. Und da bin ich wütend geworden.«
    »Was hast du dann gemacht?«
    »Ich hab’ Mr. Mason erschossen.«
    »Was ist dann passiert?«
    Earl zögerte. »Ich hab’ … ich hab’ sie alle erschossen. Sie machten mir Kopfschmerzen.«
    Decker hielt inne, sorgfältig bemüht, ganz neutral zu wirken. »Wo waren deine Eltern, Earl?«
    »Eltern?«
    »Deine Mutter und dein Vater?«
    Der Junge schien verwirrt.
    »Granny und Pappy D?« sagte Decker.
    Begreifen flackerte in den Augen des Jungen auf.
    »Wo waren sie, als du alle erschossen hast?«
    »Weg.«
    »Wo waren Sue Beth und B. B.?«
    »Weg.«
    »Und wer hat auf dich aufgepaßt?« fragte Decker.
    »Linda.«
    »Linda?«
    »Linda … und Luke … und Carla.«
    »Okay«, sagte Decker. »Du hast aber gesagt, du hättest Linda, Luke und Carla erschossen.«
    »Ja.«
    »Hattest du denn keine Angst, daß dann niemand auf dich aufpassen würde?«
    »Nein. Ich kann auf mich selbst aufpassen.«
    »Oh.«
    »Aber«, sagte Earl, »aber ich wußte, daß ich was Schlimmes gemacht hatte.«
    »Das wußtest du?«
    »Ja.«
    »Was hast du denn Schlimmes

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