Abschied von Eden
kollabiert, und trotzdem hat sie noch genug Kraft, ihm eine Lampe über den Kopf zu hauen. Und was hat er gemacht, während sie auf dem Boden herumkroch, um an die Lampe zu kommen?«
»War vielleicht aufm Klo.«
»Sie hat ihm keinen verpaßt, als er aus dem Klo kam. Ich an seiner Stelle hätt’ gemerkt, was sie vorhatte, und sie daran gehindert.«
»Vielleicht war er zu sehr damit beschäftigt, sein Messer sauber zu machen.«
»Damit wären wir wieder bei Punkt eins. Würdest du nach all dem Tumult seelenruhig deine Waffe putzen?«
»Vielleicht hatte er sie völlig eingeschüchtert.«
»Das kann auch nicht sein, schließlich hat sie ihm die Lampe übergezogen.« Decker dachte einen Augenblick nach. »Wer hat eigentlich den Vorfall gemeldet?«
»Der Anruf sollte auf Band sein. Such dir die Fallnummer raus und ruf in Hollywood an.«
Decker las weiter. »Hier gibt es etliche Ungereimtheiten – das saubere Messer, die Aussage der Nutte, der zeitliche Ablauf … Hey, auf dem Küchenboden wurde ein blutiger Fußabdruck gefunden, der nicht mit dem Schuh übereinstimmte, den Abel trug. Linker Fuß, Größe neun mit Gummisohle.«
»Vielleicht hat er die Schuhe gewechselt.«
»Marge …«
»Ist doch möglich.«
»Abel hat keinen linken Fuß«, sagte Decker. »Und er trägt selten Schuhe an seiner Prothese. Es muß noch jemand im Zimmer gewesen sein.«
Sie schwieg.
»Sechzig zu vierzig würde ihn ein guter Anwalt jetzt schon freikriegen, ohne weitere Ermittlungen.«
»Willst du das?« fragte Marge.
»Nein. Ich will den Scheißkerl finden, der das getan hat, und Abel von jeglicher Schuld reinwaschen. Aber das ist vielleicht nicht möglich.« Decker sah auf die Uhr, dann schloß er die Akte in seinem Schreibtisch ein. »Ich schau’ mir das später genauer an. Jetzt muß ich zum Gericht.«
Sein Telefon klingelte.
»Sergeant Decker? Hier ist Ms. Rawlings.«
»Hallo, Ms. Rawlings. Wie geht es Baby Sally?«
»Gut, Sergeant. Ich wollte Ihnen nur sagen, daß ich heute nachmittag mit ihr zum Arzt gehe. Sie könnten den Bericht gegen vier Uhr abholen.«
»Da muß ich leider zum Flughafen«, sagte Decker. »Wie wär’s, wenn ich ihn gleich morgen früh abhole?«
»In Ordnung, Sergeant.«
»Danke für den Anruf, Ms. Rawlings. Und passen Sie gut auf meine Kleine auf.«
Rina schob ihre Arme unter Peters Jacke und drückte ihn ganz fest. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so glücklich gewesen war, sich so erleichtert gefühlt hatte. Starke Arme, jemand, auf den man sich stützen konnte. Sie spürte, wie ihre Muskeln sich entspannten und wie ihre Schultern und ihr Kiefer wunderbar locker wurden. Peter beugte sich herab und küßte sie sanft auf den Mund. Sie wußte, daß sie eigentlich weitergehen sollten, daß sie den Leuten im Weg standen, die ebenfalls gerade mit dem Flugzeug angekommen waren, aber sie brachte es nicht fertig, die Umarmung zu lösen. Schließlich tat Peter es für sie.
Mit ausgestreckten Armen sah er sie an. Metallisch blaue Augen, glatte zarte Haut, ausgeprägte Wangenknochen, die durch einen Hauch Rouge betont wurden. Ihre langen Haare waren offen und ergossen sich ebenholzfarben über ihren Rücken. Sie trug ein marineblaues Hemdblusenkleid, das in der Taille gerafft war, mit einem weißen Gürtel.
»Du siehst großartig aus«, sagte Decker.
»Du auch.«
Decker lachte. »Das stimmt zwar nicht, aber es ist nett, daß du es trotzdem sagst.« Er nahm ihr Handgepäck und ihren Mantel. »Hast du einen Koffer dabei?«
Rina schüttelte den Kopf.
»Dann nichts wie raus hier.«
Auf dem Freeway staute sich der Rush-hour-Verkehr in der glühenden Nachmittagshitze. Die Klimaanlage des Plymouth bemühte sich verzweifelt, die klebrigen Sitze abzukühlen, doch die Nadel des Temperaturanzeigers streifte immer noch den roten Bereich. Hupen plärrten, und die gleißende Sonne blendete auf Chromblechen, Seitenspiegeln und Heckfenstern. Decker stellte die Klimaanlage ab und kurbelte das Fenster herunter.
»Hier drin wird’s langsam zu heiß, Honey«, erklärte er.
Rina nickte und kurbelte ebenfalls ihr Fenster herunter. Eine Abgaswolke aus einem Bus stieg ihr in die Nase.
»Willkommen daheim«, sagte Decker lächelnd.
»In New York würde man das noch als angenehmes Wetter empfinden. Ich bin bei 38 Grad Hitze und neunzig Prozent Luftfeuchtigkeit losgeflogen. Hier ist es zumindest trocken.«
Decker nahm ihre Hand. »Du trägst dein Haar unbedeckt.«
»Ist dir also
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