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Abschied von Eden

Titel: Abschied von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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und Schafen. Eine Meile weiter lag ein großes Holzgebäude im Schatten hoher Eukalyptus- und mächtiger Olivenbäume. Neben dem Haus war eine Schotterfläche mit zahlreichen Pfosten, an die aufgemotzte Harleys, Honda GSMs und BMW Choppers gekettet waren. Den vorderen Teil des Gebäudes bildete eine offene Terrasse, auf der Tische und Stühle standen. Dutzende tätowierter Rocker, alle ohne Hemd, lümmelten sich auf Stühlen herum, rauchten plaudernd Zigaretten und Joints und tranken Bier. Einige saßen mit völlig bloßem Oberkörper da, andere trugen Lederwesten auf nackter Haut. Die meisten hatten dicke Bäuche und lange, strähnige Haare, die sie mit roten Tüchern aus der Stirn hielten. Ein paar der Männer hatten Frauen auf dem Schoß sitzen, die nur aus Haut und Knochen zu bestehen schienen. Sie hatten ihre dürren Ärmchen um die dicken Hälse ihrer Typen geschlungen.
    »Da sind ja unsere glorreichen Chemiker«, sagte Decker.
    »Speed«, sagte Marge. »Einige Dinge gehören einfach zusammen – Liebe und Ehe … Pferde und Kutschen … Rocker und Aufputschmittel.«
    »Ich kenn’ das Lied, aber die Strophe ist mir neu.«
    »Bloß unsere gute alte Heimindustrie.«
    »Wenn das ein Film wäre, würden wir beide in das Lokal stürmen, ein paar Typen die Köpfe einschlagen und ein paar Antworten hören wollen.«
    »Das ist der Unterschied zwischen Hollywood und der Realität«, sagte Marge. »Hollywood schert sich halt nicht um die Rechte freier Bürger und um Polizeivorschriften. Im übrigen brechen die biertrinkenden Herren eh gerade auf.«
    »Du willst mir doch nicht erzählen, daß du Angst vor ein paar Motorradfans hast.«
    »Ich?« antwortete Marge. »Du spinnst wohl. Aber du weißt doch, wie die Kollegen in der Provinz sind. Wenn wir hier reingehen und denen die dreckige Arbeit abnehmen, sind die stinksauer, weil wir hier die Superschnüffler spielen.«
    »Wohl wahr.«
    »Also lassen wir die Motorradfahrer diesmal laufen.«
    »Aber nur dieses eine Mal«, sagte Decker.
    »Natürlich. Wenn der Schuppen nächste Woche noch steht, geh’ ich rein und misch’ sie ein bißchen auf.«
    Eukalyptusbäume säumten die Straße und warfen dunkle Schatten auf den Asphalt. Aus der Klimaanlage strömte der Duft von Menthol. Nach einer weiteren Meile verschwanden die Bäume, und sie fuhren wieder an offenen Feldern vorbei – riesige Flächen voller lila Alfalfablüten, auf denen das Vieh graste. Mitten im Gelände zeigte ein grüner Wegweiser auf eine unbefestigte Straße. L. A., ORANGE BLOSSOM DEVELOPMENTS stand darauf.
    »Das ist der offizielle Name der Manfred-Siedlung«, sagte Decker. »Mal angenommen, jemand will Sally irgendwo absetzen. Er fährt schnell mal über den Hügel und befindet sich in der Zivilisation – na ja, mehr oder weniger.«
    »Immerhin besser, als die Kleine bei der Rocker-Bar zu lassen. Hast du den Namen gelesen?«
    »Hell’s Heaven«, sagte Decker und schaltete das Gebläse der Klimaanlage etwas herunter. »Hübsch.«
    Sie fuhren noch eine Meile. Plötzlich stieß Marge Decker in die Rippen.
    »Guck mal da vorn«, sagte sie.
    Auf einem Holzschild stand eingebrannt: HOWARD’S HONIGFARM – BÜRO EINE MEILE. Es war ein unbefestigter Schotterweg, der den Reifen des Plymouth gar nicht gut bekommen würde. Das Büro war eine grün gestrichene Holzbude. Marge parkte davor. Sie stiegen beide aus und streckten sich. Der Schuppen war meilenweit von Feldern mit süßlich riechendem Klee umgeben. In der Ferne war ein zweistöckiges Farmhaus aus Redwood zu sehen.
    Decker klopfte an die Tür des Büros. Als niemand antwortete, nahm er einen Handschuh, streifte ihn über die rechte Hand und drehte den Türknauf. Die Tür war unverschlossen. Im Raum gab es einen Metallschreibtisch, auf dem sich Millimeterpapier stapelte, einen Drehstuhl und einen Aktenschrank. An der Wand hinter dem Schreibtisch hingen Pin-up-Girls – eine Blondine, die den Hintern in die Luft streckte, und eine Brünette, die einen Finger der rechten Hand im Mund hatte und mit den Fingern der linken ihre Schamlippen hochzog. Außerdem zierte ein alter Kalender einer Firma für Autoersatzteile die Wand sowie eine batteriegetriebene Uhr, auf der es fünf nach fünf war. Decker sah auf seine eigene Uhr. Es war ungefähr halb zwölf. Eine nur zur Hälfte gegessene Pizza ragte über den Rand eines Mülleimers. Fliegen hockten auf dem Käse, als ob er mit Rosinen gespickt wäre. Die Luft war stickig und heiß und roch nach

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