Abschied von Eden
Plymouth aus dem Gerichtskomplex heraus und bog nach links in den Van Nuys Boulevard. Eine Minute später kam er an einem Laden für Westernkleidung vorbei, der einen ganzen Block einnahm, an einer Reihe gut gesicherter Leihhäuser, mehreren Pornobuchläden und einigen dunklen, verräucherten Kneipen. Weiter nach Süden kamen statt der Läden riesige Ausstellungsgelände von Autofirmen, die neue und gebrauchte Wagen anboten. Die sensationell niedrigen Preise hatte man in Rot auf weiße Pappschilder geschrieben, die hinter der Windschutzscheibe klebten.
Van Nuys Boulevard. An einem warmen Mittwoch abend war das ein Mekka für vergnügungssüchtige Leute. In der Straße drängten sich die Autos Stoßstange an Stoßstange, in denen junge Leute saßen, aber auch ältere, die alle was für ihre Hormone tun wollten. Nach seiner Scheidung war Decker oft zum Boulevard gefahren und hatte die Anmachrituale und die hochfrisierten Autos beobachtet. Das hatte er drei Jahre lang etwa zweimal die Woche gemacht. Er hatte dann allein da gestanden, die Hände in den Taschen, und die Leute machten einen Bogen um ihn, weil er sich keinerlei Mühe gab, zu kaschieren, daß er ein Cop war. Ganz selten mal sprach ihn eine Frau an, und noch seltener nahm er ihr Angebot an und lud sie zu einem Drink in eine der umliegenden Bars ein.
Diese Zeiten waren lange vorbei, und Decker sehnte sich nicht nach den einsamen Nächten zurück, in denen ein betrunkenes Polizistengroupie in ihr Bier flennte und ihn unter dem Tisch begrapschte. Schon bei dem bloßen Gedanken schauderte ihn.
Life do get bettah .
Die Autofirmen verschwanden, statt dessen kamen jetzt Ärzte- und Bürohochhäuser. Einen Block vor dem Ventura Freeway stach Decker der Name eines Wolkenkratzers ins Auge. Sofort wechselte er mit dem Plymouth auf die rechte Fahrspur und bog noch um die Ecke, obwohl die Ampel gerade rot wurde. Jemand hupte ihn an.
Decker lächelte. Er wurde oft angehupt und hatte es auch jedes Mal verdient. Er fuhr wie ein Berserker. Allerdings nicht, wenn Rina im Auto saß.
Er parkte in der Tiefgarage und betrat das Manfred-Gebäude durch den Hintereingang. Laut Anschlagtafel befanden sich die Büros der Unternehmensleitung im obersten Stockwerk, dem vierzehnten, was eigentlich das dreizehnte war, doch diese Unglückszahl kam auf Fahrstuhlknöpfen nie vor. Mit ihm im Lift fuhr ein Mann im Nadelstreifenanzug, dem die Nase lief und der hektisch um sich blickte. Er stieg im siebten Stock aus.
Als die Aufzugstüren sich zum vierzehnten Stock öffneten, starrte Decker in einen riesigen holzgetäfelten Empfangsraum. Der Raum war so groß wie ein Tennisplatz, und es war so still wie in einer Bibliothek.
Mit seiner Dienstmarke in der Hand ging er auf die Empfangsdame zu – eine pummelige junge Frau, die ihr Haar in einem festen Knoten trug – und hielt ihr seinen Ausweis hin. Sie sah ihn überrascht an.
»Es geht um die Ermittlung in einem Mordfall. Ich möchte mit dem GD sprechen.«
Die Frau antwortete nicht.
»Den Generaldirektor«, erklärte Decker.
»Wer ist hier der Verantwortliche?« wollte Decker wissen, doch seine Stimme blieb sanft.
»Das wäre wohl Mr. Donaldson«, sagte sie. »Aber er ist nicht der Generaldirektor. Das ist Mr. Cartwright. Aber der ist in Paris.«
»Sagen Sie Mr. Donaldson, daß Detective Sergeant Decker von der LADP Mordkommission ihn sprechen möchte.«
»Er ist gerade in einer wichtigen Telefonkonferenz.«
Decker gab keine Antwort.
»Ich rufe seine Sekretärin an«, sagte die Frau.
Eine Minute später saß Decker mit einer Tasse Kaffee im Chefbüro von Mr. Creighton Donaldson – erster Vizepräsident und Verantwortlicher für Ankauf und Erschließung bei Manfred und Co. Seine Sekretärin war ungefähr sechzig und trug ihre grauen Locken sehr extravagant gestylt. Sie war recht üppig gebaut, und ihre Brille, die ihr um den Hals hing, schlug bei jedem Schritt gegen ihren Busen. Mr. Donaldson wäre gleich da, informierte sie Decker.
»Gleich da!« hieß eine halbe Stunde später. Decker wurde in Donaldsons Allerheiligstes geführt, das reich ausgestattet war mit edlem glattem Leder und glänzend poliertem Holz, das nach Zitronenöl roch. Decker wurde bedeutet, in einem brokatenen Ohrensessel Platz zu nehmen, während Donaldson sich hinter einem Schreibtisch aus Rosenholz setzte. Auf der rechten Ecke des Tisches standen mehrere gerahmte Fotos von zwei kleinen Mädchen.
Der Vizepräsident war viel jünger, als Decker
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