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Abschied von Eden

Titel: Abschied von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Hämmern und verfluchte sich im stillen, daß er vergessen hatte, Abel anzurufen. Er lief zur Scheune und sah zu seinem Erstaunen Rina im Eingang stehen, einen leeren Krug und ein Glas in der Hand. Sie trug eine langärmelige Bluse und einen knielangen Rock und hatte ihr Haar bedeckt. Stirn, Wangen und Hals waren feucht von Schweiß. Abel kniete drei Meter von ihr entfernt und schlug gerade einen Nagel in eine neue Bohle. Sein Oberkörper war nackt. Er trug Jeans, die an den Knien abgeschnitten waren, und hatte einen Werkzeuggürtel um die Taille. Rechts von ihm lag ein Stapel Bretter, links eine Handsäge und mehrere Schachteln mit Nägeln.
    »Geh rein«, blaffte Decker Rina an.
    »Peter, ich …«
    »Geh rein«, wiederholte Decker. Diesmal noch lauter.
    »Würdest du mich bitte …«
    »Verdammt noch mal, Rina, diskutier nicht mit mir rum, sondern geh endlich ins Haus!«
    Rina starrte ihn mit feuchten Augen an und biß sich auf die Unterlippe. In einer einzigen Bewegung fuhr sie herum und lief durch die hintere Tür ins Haus. Decker spürte, daß er zitterte, dann sah er, wie Abel ihn anstarrte.
    »Was, zum Teufel, machst du hier?« fragte Decker. »Ich hab’ dir doch gesagt, du sollst nicht kommen, solange Rina hier ist. Und erzähl mir bloß nicht, du hast es vergessen. Schließlich hast du sie ja gestern auch schon gesehen.«
    Abel starrte ihn weiter an. »Das war aber ’n bißchen hart ihr gegenüber, meinst du nicht?«
    »Du hast meine Frage nicht beantwortet!« sagte Decker.
    »Ich repariere deinen Scheunenboden, Decker! Was, zum Teufel, meinst du denn, was ich hier tue!«
    Decker fühlte sich von der Hitze und von seiner Wut benommen. Es dauerte einen Augenblick, bis er wieder zu Atem gekommen war. »Geh jetzt, okay? Und komm nicht wieder. Ich ruf dich in etwa einer Woche an.«
    Abel rührte sich nicht. »Was ist denn los, Pete? Hast du Angst, daß ich ihr was tu’?«
    Decker antwortete nicht, versuchte seine Wut und seine Schuldgefühle zu unterdrücken und verfluchte Abels Einfühlungsvermögen. Abel konnte seinen Schuldspruch in Deckers Augen lesen.
    Er stand langsam auf, wischte sich den Staub von den Shorts und sagte: »Ich hab’ ja schon viel Scheiß in meinem Leben erlebt. Aber so beschissen, wie du dich gerade mir gegenüber verhalten hast, das ist ein starkes Stück.«
    »Jetzt mach nicht auch noch einen auf gekränkt«, blaffte Decker. »Ich weiß verdammt gut, und du weißt verdammt gut, daß du gekommen bist, um sie zu sehen!«
    »Ich bin gekommen, weil die Leute von Bert’s Lumberyard gesagt haben, daß sie heute die Bretter anliefern, und da wollte ich sichergehen, daß ich auch das kriege, wofür ich bezahlt habe.« Abel nahm seinen Stock und wirbelte ihn herum. »Weil niemand zu Hause war, hab’ ich angefangen zu arbeiten. Ich hab’ nicht mal gemerkt, daß sie zurückgekommen war, bis sie mir einen Krug Saft rausbrachte.«
    »Das ist Blödsinn!« sagte Decker.
    Abel stützte sich auf seine Prothese und den Stock und schlüpfte mit dem anderen Fuß in die Sandale. Er sah auf seine Hände und merkte, daß er genauso heftig zitterte wie Decker. Sein Gesicht war vermutlich auch so rot wie das von Decker. Es fühlte sich zumindest glühend heiß an.
    »Ich hab’ mir den Arsch für dich aufgerissen«, sagte Abel.
    »Hey, Kumpel, da verwechselst du wohl was. Ich hab mir für dich den Arsch aufgerissen!«
    Abel humpelte an Decker vorbei und sagte: »Leck mich.« Dann schwang er sich auf sein Motorrad und ließ den Motor aufheulen.
    »Leck dich doch selbst!« brüllte Decker hinter ihm her. »Und besorg dir ein anderes Kindermädchen, das dir den Arsch rettet.«
    Abel verschwand in einer Staubwolke.
    »Ich werde nicht mehr für dich da sein, Atwater!« schrie Decker. »Du hast mich einmal zu viel verarscht. Mach nur so weiter. Geh von mir aus zwanzig Jahre in den Bau, das ist mir scheißegal!« Doch schon in dem Moment, als er das sagte, wußte Decker, daß es eine Lüge war. »Scheiß drauf!« murmelte er.
    Er stürmte ins Haus. Rina saß im Eßzimmer, die Ellbogen auf den Tisch und den Kopf in die Hände gestützt. Sie hatte den Tisch und die Stühle aus Kirschbaum poliert. Überall, wo er hinsah, hatte sie etwas poliert oder blank gerieben. Allmählich sah es bei ihm aus wie in einem Museum. Mit stampfenden Schritten ging er an ihr vorbei ins Schlafzimmer und zog sich Shorts und ein T-Shirt an. Dann rief er Ginger und ging zum Stall.
    Er hatte noch eine Stunde Zeit bis zum Schabbes, genug

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