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Abschiedskuss

Abschiedskuss

Titel: Abschiedskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Hellberg
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knallgrünen Anzug. Alle haben sich im Foyer versammelt. Jemand klappert nervös mit einem Korkenzieher. Arabella hat damit begonnen, die Gläser zu füllen. In dem kurzen schwarzen Rock mit dem weiten Kaschmirpullover, der ihr von der einen Schulter gerutscht ist, sieht sie ziemlich keck aus. Sie trägt keinen BH . Ich werfe einen Blick in die Ausstellungshalle, in der ihr Werk den besten Platz einnimmt. »Enfant Terrible« ist eine Explosion kitschiger Farben und sinnlicher Formen.
    Ich lächele den anderen zu, und sie erwidern mein Lächeln. Ich genieße das Gefühl, gemeinsam etwas geleistet zu haben.
    Nur Jack ist ernst.
    Ich betrachte meinen ausgebeulten Pullover und meine vom Staub grauen Hände. Ich habe nichts zum Umziehen dabei und muss mich damit begnügen, rasch auf die Toilette zu verschwinden, um mich ein wenig frisch zu machen.
    Plötzlich wird die schwere Glastüre aufgerissen, und Nikita stürzt mit einem Schwall kalter Luft herein. Sie hält eine Tüte in der Hand.
    »Stopp«, sagt ein Mädchen und tritt zwei Schritte auf sie zu. »Wir haben noch nicht geöffnet.«
    »Kein Problem, ich will nur etwas für Maja abgeben«, sagt Nikita und wedelt mit der Tüte. »Übrigens«, fährt sie fort, »kann ich noch mal schnell auf die Toilette? Bitte, nur ganz kurz.« Sie schnappt sich meinen Arm und schleift mich durchs Entree in Richtung Damentoilette.
    »Kein einziger Beitrag aus unserem Kurs ist in diesem Foyer ausgestellt«, sagt Nikita entrüstet, als wir uns außer Hörweite der anderen befinden. »Aber zwei aus der Textilklasse, zwei aus dem Grafikkurs und irgend so eine Kinderbuchillustratorin. Ist das nicht ein Skandal? Was für eine Zeitvergeudung. Ich finde das echt diskriminierend. Dieser Chesterfield …«
    Plötzlich sieht sie traurig aus. »Mein Bild war gut, Maja. Richtig gut. Ich glaube, er hat Angst, dass man anfängt, über uns zu reden. Aber egal. Heute Abend sollst du glänzen. Komm schon, heb die Arme hoch.«
    »Ich weiß, dass dein Bild gut war«, sage ich und sehe sie dankbar an. »Es tut mir wahnsinnig leid für dich, Nikita. Aber danke, dass du trotzdem gekommen bist. Dummerweise habe ich gar nicht daran gedacht …«
    Ich zeige unbeholfen an mir hinunter. Nikita schiebt mich mit sanfter Gewalt vor den Spiegel der Damentoilette. Ohne zu zögern, zieht sie mir das Kleidungsstück über, das sie aus ihrer Tüte genommen hat. Ein traumhaftes Kleid aus lavendelfarbenem Chiffon, das sie nie getragen hat.
    »Etwas zu sommerlich eigentlich«, sagt sie und streicht über den Stoff. »Aber in der Ausstellungshalle wird es später recht warm. Mir ist es übrigens zu klein. Es ist im Kleiderschrank eingegangen. Seltsam, nicht wahr?«
    Sie zieht routiniert das Band unter der Brust glatt, zupft die Schulternähte gerade und löst ganz selbstverständlich meinen Pferdeschwanz. Die vorderen Strähnen fasst sie mit einer Haarspange zusammen, die sie aus ihrem eigenen Haar löst.
    Nikita verkleidet mich, denke ich. Sie verkleidet mich … als mich selbst. Sie erschafft mich. Ich schiele in den Spiegel. Die Frisur sieht sehr feminin aus. Ich hätte sie nie so hinbekommen.
    »Ta-da«, sagt Nikita zufrieden. »Du siehst zum Anbeißen aus. Eine Sache noch, dann lasse ich dich raus zu den Haien.«
    Sie zieht eine Art Schminkstift hervor und verteilt etwas Farbe auf meinen Wangen und Lippen.
    »Du und diese Arabella, ihr seid ja offenbar schon lange dicke Kumpel«, murmelt sie dabei. »Oh, Schaufensterpüppchen, warte, ich helfe dir.« Ihre Fingerspitzen fahren über mein Gesicht.
    »Wie meinst du das?«, frage ich barsch.
    Nikita hält inne und versucht mir in die Augen zu blicken, aber ihr Blick ist unstet, und ihr Lächeln ist zu einer harten Maske erstarrt.

30. Kapitel
    »Aber hör mal, Nikita. Warum zum Teufel hast du im Dunkeln in Chesterfields Treppenhaus gestanden und mir hinterherspioniert?«, frage ich.
    »Ich war eifersüchtig«, antwortet sie leise und schaut zu Boden.
    »Auf … ihn und mich?«, frage ich und muss über diesen absurden Gedanken lachen.
    »Ja, das war dumm«, erwidert sie. »Aber ich kannte dich damals nicht so gut, und du weißt schon, die hübschen Schwedinnen und so. Er ist halt, wie er ist. Ich kenne seit letztem Sommer den Türcode und … tja … tut mir leid.«
    »Ich weiß echt nicht, was ich davon halten soll«, sage ich. »Hast du, ich meine, habt ihr immer noch eine Beziehung?«
    »Ach komm, lassen wir das Thema jetzt«, sagt sie rasch und lacht auf, aber das

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