Absender unbekannt
wie alt der Kaffee war.
„War Jason dein Geliebter?“ wollte ich wissen.
Er schlürfte seinen kalten Kaffee.
„Eric, warum hast du die Universität von Massachusetts verlassen?“ „Weißt du, was passiert, wenn Professoren mit Studenten schlafen?“ fragte er.
„Profs schlafen doch ständig mit Studenten“, erwiderte ich. Er lächelte und schüttelte den Kopf. „Männliche Professoren schlafen ständig mit weiblichen Studenten.“ Er seufzte. „Und bei der aktuellen politischen Atmosphäre an den meisten Universitäten wird selbst das gefährlich. In loco parentis. Dieser Ausdruck wird erst dann bedrohlich, wenn man ihn in einem Land auf einundzwanzigjährige Frauen und Männer anwendet, das mit allen Mitteln zu verhindern sucht, Kinder erwachsen werden zu lassen.“ Ich fand eine saubere Stelle an der Theke und lehnte mich dagegen.
Eric sah von seiner Kaffeetasse hoch. „Aber stimmt, Patrick, im allgemeinen sieht es so aus, dass männliche Profs mit weiblichen Studenten schlafen können, solange diese Studentinnen nicht den Unterricht dieser Dozenten besuchen.“
„Wo ist dann das Problem?“
„Das Problem sind schwule Profs und schwule Studenten. Diese Art von Beziehung, schwöre ich dir, wird immer noch missbilligt.“ „Eric“, sagte ich, „warte mal kurz! Wir sprechen hier doch vom akademischen Leben in Boston. Der stärksten Bastion des Liberalismus in Amerika!“
Er lachte leise. „Das glaubst du tatsächlich, was?“ Wieder schüttelte er den Kopf, um seine dünnen Lippen spielte ein seltsames Lächeln. „Wenn du eine Tochter hättest,
Patrick, und sagen wir mal, sie war so um die Zwanzig, sie war intelligent und ginge nach Harvard, Bryce oder zur Boston University, und du bekämst heraus, dass sie mit ihrem Professor bumst, was würdest du denken?“
Ich sah in seine leeren Augen. „Ich behaupte nicht, dass ich es toll fände, Eric, aber ich würde mich nicht wundern. Ich würde mir denken, sie ist erwachsen, es ist ihre Sache.“
Er nickte. „Jetzt das gleiche Szenario, aber es ist dein Sohn, und er bumst mit einem Professor?“
Das brachte mich zum Nachdenken. Es berührte einen verdrängten, eher puritanischen als katholischen Teil von mir, und das Bild in meinem Kopf – ein junger Mann zusammen mit Eric in einem winzigen Bett – stieß mich ab, bevor ich es kontrollieren und mich von ihm distanzieren konnte, bevor ich es mit Hilfe meines intelligenten sozialen Liberalismus wieder in den Griff bekam.
„Ich würde…“
„Siehst du?“ Er grinste breit, doch war sein Blick noch immer leer und verwirrt. „Die Vorstellung stößt dich ab, oder?“
„Eric, ich…“
„Hat sie oder hat sie nicht?“
„Ja“, sagte ich leise. Und fragte mich, warum mich das zu einem Reaktionär machte.
Er hielt die Hand hoch. „Schon gut, Patrick. Ich kenne dich seit zehn Jahren, und du bist einer der am wenigsten homophoben Heteros, die ich kenne. Aber ein bisschen homophon bist du doch.“ „Aber nicht in Bezug auf…“
„… mich und meine schwulen Freunde“, ergänzte er. „Das findest du okay. Das glaube ich dir. Aber wenn du die Möglichkeit in Betracht ziehen musst, dass dein Sohn und seine schwulen Freunde…“
Ich zuckte mit den Achseln. „Vielleicht.“
„Jason und ich hatten eine Affäre“, gestand er und goss den Kaffee in die Spüle.
„Wann?“ fragte ich.
„Letztes Jahr. Dann war’s vorbei. Sie dauerte überhaupt nur einen Monat. Ich war ein Freund der Familie und hatte deshalb das Gefühl, Diandra zu hintergehen. Jason einerseits wollte, glaube ich, jemanden in seinem Alter haben, außerdem wirkte er noch mächtig anziehend auf Frauen. Wir trennten uns in aller Freundschaft.“ „Hast du das dem FBI erzählt?“
„Nein.“
„Eric, um Gottes willen, warum nicht?“
„Dann ist meine Karriere am Ende“, erwiderte er. „Denk an deine Reaktion auf meine hypothetische Frage. Auch wenn du glaubst, an der Uni war man so liberal, in den Aufsichtsräten der meisten Colleges sitzen weiße Heteros. Oder deren Frauen aus der Oberschicht. Sobald sie den Verdacht hegen, ein schwuler Prof polt ihre Kinder oder deren Freunde zu schwulen Studenten um, machen sie dich fertig. Darauf kannst du wetten.“
„Eric, es kommt auf jeden Fall heraus! Das FBI, Eric! Das FBI! Sie durchforsten dein Leben mit der Lupe. Früher oder später gucken sie in der richtigen Ecke nach.“
„Ich kann es nicht zulassen, Patrick. Es geht nicht.“
„Was ist mit Evandro Arujo? Hast du ihn gekannt?“
Er
Weitere Kostenlose Bücher