Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Absolute Beginners

Absolute Beginners

Titel: Absolute Beginners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin MacInnes
Vom Netzwerk:
geschrieben wird, mehr als über jedes andere Viertel in London, noch immer zu den authentischsten gehört. Ich meine, Mayfair besteht nur noch aus Lackaffen erster Klasse, die auf den Spuren des einstigen Adels wandeln, und in Belgravia, wie ich schon sagte, hat man das, was einst Paläste waren, in Wohnungen zerstückelt, und Chelsea – na! Schau’s dir einfach selbst an, wenn du das nächste Mal dort bist. Aber in Soho passieren all die Dinge, die erzählt werden, wirklich: Ich meine, Laster an jeder Ecke und illegale Kneipen und Spielhöllen und Freunde, die einander die Leiber aufschlitzen, und andererseits liebe alte Italiener und reizende alte Wiener, die hier seit den Tagen George des Sechsten, des Fünften und noch länger ihre ehrlichen und rechtschaffenen kleinen Geschäfte führen. Darüber hinaus und obwohl der Gehweg von Raufbrüdern nur so wimmelt, ist es, sofern man sich nicht einmischt, eine im Grunde viel sicherere Gegend als die vornehmen suburbanen Randgebiete. In Soho passiert es dir nicht, dass dir ein Sex-Maniac aus einer Hecke in den Rücken springt und dich vergewaltigt. Das passiert in den Wohnvororten.
    Das Café, in dem ich meine zwei zu finden hoffte, war von der Sorte, wie sie jetzt, dieser Tage, bei den Junioren als besonders schick gelten – nämlich eine Art Schweinestall, die pure Freude des heranwachsenden Penners. Wie du sehen wirst, übertreibe ich nicht. Es läuft so, dass du einen Laden mietest, der auch nicht schlechter ist als andere, das Linoleum rausreißt und die hübsche Ausstattung entsorgst, sollte es zufällig eine geben, und das Ganze durch massive hölzerne Planken und Tische ersetzt, dann besonders darauf achtest, dass die Gläser nicht richtig gespült oder Kippen, Krümel und Spucke nicht vom Boden gewischt werden. Kerzen sind gut, im Notfall tun es auch blanke Vierzig-Watt-Birnen. Und eine Jukebox, aber nur zu Dekorationszwecken, da es in diesen Läden als eher kindisch gilt, eine solche tatsächlich zu benutzen .
    Dieses Exemplar hieß Chez Nobody , und natürlich waren der Dean und das Misery Kid da, wenn auch an getrennten Tischen, in gebührendem Abstand voneinander. Obwohl sie beide mit mir befreundet sind und in gewisser Weise sogar miteinander, treten sie nie gemeinsam in der Öffentlichkeit auf, und zwar aufgrund des Umstands, dass der Dean ein elegantes Modern-Jazz-Geschöpf ist, das Kid hingegen ein Skiffle-Überlebender mit einem grässlichen Hang zum Traditionellen. Um es so zu sagen, das Kid bewundert Gruppen, die angeblich die authentische Musik des alten New Orleans spielen, d. h. Combos aus Schalterbeamten und Buchhaltungsassistenten, die sich nach Abgabe ihrer Stechkarten dem Blasen jenes Tons verschreiben, den sie für den gleichen halten wie den der wundervollen Kreolen, die das ganze Ding erfunden haben, damals, als alles begann.
    Wenn man sich in der heutigen Szene auskennt, kann man sie sofort auseinanderhalten, so wie einen Soldaten und einen Matrosen in ihren jeweiligen Uniformen. Nehmen wir zuerst das Misery Kid und seine Trad-Montur. Langes ungekämmtes Haar, weißer steifer, gestärkter Kragen (ziemlich schmutzig), gestreiftes Hemd, einfarbige Krawatte (heute rot, hätte aber auch königsblau oder marineblau sein können), kurz geschnittene Jacke, aber alt (höchstwahrscheinlich irgendjemandes Reittweed), sehr, sehr enge, enge Hosen mit weitem Schlag, keine Socken, niedrige Stiefel . Jetzt betrachte den Dean in seiner Modernisten-Nummer-Version. Glattes kurz geschorenes Haar wie bei einem College-Jungen, mit eingebranntem Scheitel, ordentliches weißes italienisches Hemd mit rundem Kragen, kurze italienische Jacke, sehr eng geschnitten (zwei kleine Schlitze, drei Knöpfe), enge Hosen ohne Aufschlag mit maximal dreiundvierzig Zentimeter Beinweite, spitz zulaufende Schuhe und neben ihm ein zusammengefalteter weißer Regenmantel statt Miserys zur Wurst gerolltem Schirm.
    Vergleiche und such dir einen aus! Ich würde noch hinzufügen, dass ihre Mädels, wären sie anwesend, die beiden folgendermaßen ergänzen würden: Das Mädchen des Trad-Boys – langes Haar, unordentlich mit langem Pony, vielleicht Jeans und ein großer, schlabbriger Pulli, vielleicht ein Kleid in leuchtenden Farben, nie geblümt, nie hübsch … Hauptsache schön schmuddelig. Das Mädchen des Modern-Jazz-Boys – kurzer Rock, nahtfreie Strumpfhosen, spitz zulaufende, hochhackige Stilettos, ein raschelnder Krepp-Nylon-Petticoat, kurzer Blazer, das Haar im Pixie-Stil

Weitere Kostenlose Bücher