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Absolute Beginners

Absolute Beginners

Titel: Absolute Beginners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin MacInnes
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unterwegs in die Höhle der Tigerin?«
    Ich antwortete nicht darauf, lächelte aber ebenso höflich (und ebenso nichtssagend) wie der Schleicher – der einer dieser jungen Männer mit einem alten Gesicht war, oder ein alter mit einem jungen, schwer zu sagen: auf alle Fälle trug er einen ziemlich schicken Chef-Anzug, der seinem Schneider sicher einiges abverlangt hatte.
    »Sie kennen unsere bemerkenswerte Gastgeberin schon lange?«, sagte er.
    »So ist es«, antwortete ich, und wir gingen zusammen ins Haus.
    Dieses Mal brauchte es keinen Lift, denn Dido hat ein Erdgeschoss-Ding um eine Terrasse nach hinten raus, was meiner Meinung nach noch erlesener ist als ein Penthouse, weil man es irgendwie weniger erwartet: Ich meine die Terrasse, die für Londoner Verhältnisse sehr groß war und immer noch voller lichter Stellen, obwohl schon eine ordentliche Anzahl an Landstreichern darauf herumschwirrte. Lament ist eine von den Leuten, die du, wenn sie eine Party schmeißen und du eben gekommen bist, nicht unter irgendwelchen Kissen oder auf dem Klo aufstöbern musst, um Huhu zu sagen, weil sie dich gleich spürt, wenn du reinkommst, und sofort mit einem fröhlichen Wort der Begrüßung zur Stelle ist. Schon glitt sie heran, in einer weißen Halt-mich-fest-Kreation wie ein riesiges, waschbares Präservativ, ihr rotblondes Haar wie vom Wind zerzaust und zerrauft (ich wette, dafür hatte sie eine ganze halbe Stunde gebraucht), und während ihre Radar-Augen das Ziel anstrahlten und ihre Geigerzähler-Ohren auf große Entdeckungen anschlugen, durchschnitten ihre keimfreien Hände die gastfreundliche Sommerluft, und ihre Füße, die Klauen für den Moment in die Ballen eingezogen, trugen das Ganze so erfolgreich wie gewandt.
    »Oh, Hu- hu , Wunderknabe«, sagte sie zu mir. »Du hast bereits meinen Ex-Liebhaber Vendice kennengelernt? Hungert es dich nach irgendwas? Hast du dir in die Hosen gemacht?«
    »Ja, ja, und nein«, sagte ich zu ihr. »Ich komme geradewegs von einem Bad in deine Wohnstatt.«
    »Aber natürlich «, rief sie aus, aber in einer tiefen, krächzenden Stimme, als hätte jemand sechs ihrer Stimmbänder durchtrennt. Denn lehnte sie ihren Kopf nach vorne, bis ihre karottigen Locken an meinem Nacken vorbeistrichen und sagte: »Irgendwas für die Kolumne?«
    »Jede Menge. Wie sind die Preise dieser Tage?«
    Sie legte ihre Lippen an die Haut meines Nackens, ohne ihn tatsächlich zu küssen. »Erzähl’s mir aus Liebe«, sagte sie.
    »Aber ja. Den ganzen Schmutz. Ein bisschen später«, versicherte ich ihr. Aber sie hörte mich nicht, weil sie schon wieder auf ihrem moosigen Gastgeberpfad weitergerauscht war.
    Ich glaube ja, Dido ist die gewissenloseste Person, die ich je kennengelernt habe, und ich meine nicht ausschließlich in Bezug auf Geld. Ich meine vielmehr, dass sie glaubt, alles, was es gibt, sei ein Geschäft . Als sie zum Beispiel kam und im Teenager-Ghetto herumstampfte, um Material für diese Artikel zu sammeln, die ich schon erwähnte, vermittelte sie allen Kiddos den Eindruck, als wollte sie das Teenager-Ding kaufen , wie jemand, der für eine Zirkusvorstellung Plätze in der ersten Reihe bucht. Und wenn sie dich ansieht – und sie freut sich immer sehr, dich zu sehen –, verraten ihre Augen, dass sie genau weiß, wie viel du heute kostest. Sie ist irgendwo zwischen achtunddreißig und achtundfünfzig, würde ich sagen, und diese Wohnung hier im Rotlichtbezirk von Knightsbridge muss ein bisschen mehr wert sein als ihre Kolumne ihr je einbringt, also hat sie ohne Zweifel noch andere Artikel in Reserve. In sexueller Hinsicht, so geht das Geschnatter, tendiert sie in keine besondere Richtung, und es ist nicht belegt, ob jemand Bestimmtes mit ihr die Schlafkammer teilt, obwohl es heißt, dass es Favoriten gibt und manchmal die industriellen Papis aus dem Norden eine Weile bei ihr einziehen, um sich umzusehen.
    Ich warf einen Blick in ihren Auktionsraum, um zu sehen, welche Sorte Kunden sie aufgetrieben hatte. Ich weiß nicht, ob ich dieses Bild genau rüberbringen kann, aber der allgemeine Eindruck, den sie alle machten, war der, dass sie wohlgenährt waren und wohlausgestattet, aber alles vom Geld anderer Leute. Das ist seltsam – dass man üblicherweise erkennen kann, wer seine eigene Knete hat und wer nicht: ungefähr so, wie man auch die sexuellen Profis, Jungs und Mädchen, ich meine diejenigen, die die Sache ernsthaft betreiben, unter all den anderen an einer gewissen Ruhe und gewissen

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