Absolutes Vertrauen - Die Kraft, das Leben glücklich zu gestalten
zu seinem üblichen Verhalten, und erst recht nicht zu der gegebenen Situation. Was hat ihn so auf die Palme gebracht, dass er sich wie ein wütender Stier auf den Gegenspieler stürzte?
Die Verblüffung der Menschen in aller Welt, die das Endspiel verfolgten, war genauso groß wie die Zidanes selbst. Nicht einmal er konnte begreifen, warum er mit dieser Geste sein letztes Spiel seines Glanzes beraubte. Er äußerte sich erst einige Tage später öffentlich zu den Vorfällen und erklärte in seiner üblichen besonnenen Art, dass der Italiener ihn mit harten Worten beleidigt habe. Es sei ein persönlicher Angriff gegen seine Mutter und Schwester gewesen.
»Du hörst es das erste Mal und willst einfach nur weggehen. So mache ich es, denn normalerweise lass ich den anderen dann einfach stehen. Doch du hörst es zweimal, und dann noch ein drittes Mal …« Und das dritte Mal war ein Mal zu viel: Er verlor die Kontrolle. Er konnte nicht mehr denken, nur noch reagieren. Das Gefühl war stärker als der Verstand. Er antwortete mit einer Aggression auf eine aggressive Provokation. Der beste Spieler auf dem Platz erhielt die härteste Strafe: Er wurde des Spielfeldes verwiesen.
Zizou reagierte aufgrund einer emotionalen Entführung so heftig. Bei der dritten Provokation explodierte der französische Nationalspieler. Die Amygdala, der emotionale Wächter des Gehirns, löste den Alarm aus und gab an alle Nervensysteme die Information über Gefahr und eine schwere Bedrohung weiter … und der Kopfstoß war nicht mehr aufzuhalten.
Obwohl sich Zidane nicht öffentlich entschuldigt hat, hätte er sich mit Sicherheit für diesen Tag etwas anderes gewünscht, denn dieser Stoß kam ihn teuer zu stehen! An dem Tag, der der krönende Abschluss seiner Karriere werden sollte, bekam Zizou die rote Karte und musste das Spielfeld verlassen, mit hängendem Kopf, allein und geschlagen. Er konnte sein Publikum nicht einmal ansehen, sich nicht von ihm verabschieden, nicht an dem Jubel teilhaben, der ihm galt.
Unser Gehirn ist höchst sensibel und reagiert, um uns zu beschützen, wenn es eine Gefahr wahrnimmt. Die darauf folgende Überlebensstrategie kann drei Formen annehmen: weglaufen, kämpfen oder erstarren. Es gibt viele Situationen, in denen die Amygdala alarmiert ist und eine emotionale Entführung in die Wege leitet, und diese Umstände können von Person zu Person ganz unterschiedlich sein. Zusammenfassend kann man sagen, dass jede Situation, in der mich jemand anders – bewusst oder unbewusst – kontrollieren will, bei mir eine emotionale Entführung auslösen kann. Angefangen bei Verhaltensweisen, die mir peinlich sind, durch die ich mich erniedrigt und/oder in Verruf gebracht fühle, bis hin zu weniger eindeutigen Dingen wie ein abschätziger Blick, eine Meinung, die als Tatsache hingestellt wird, oder eine Bitte, die jemand als Befehl vorbringt, all das kann von der Amygdala als Bedrohung wahrgenommen werden. Die Amygdala ist auch der Speicher unseres emotionalen Gedächtnisses, daher können unterschiedliche Reize das Phänomen der emotionalen Entführung auslösen, je nachdem, was jeder Einzelne in der Vergangenheit erlebt hat. Wer als Kind das Gefühl hatte, ständig von wichtigen Bezugspersonen kritisiert zu werden, wird dazu tendieren, Kommentare, die nicht eindeutig positiv sind, als Kritik aufzufassen, was eine emotionale Entführung auslösen kann.
Zuhören und den Alarm ausschalten
Was passiert, wenn wir spüren oder ahnen, dass wir oder andere kurz davor stehen zu explodieren? Wie reagieren wir auf eine sich anbahnende Risikosituation? Um besser zu verstehen, worüber wir hier reden, schauen wir uns diesen kleinen, aber so wichtigen Teil unseres Gehirns namens Amygdala einmal näher an. Welche Situationen können von der Amygdala als bedrohlich wahrgenommen werden? Hier haben wir einige mögliche Umstände und Auslöser aufgelistet:
–Beinahe jede Situation, bei der eine Person eine andere »kontrollieren will«.
–Jemanden »kontrollieren zu wollen« kann durch alle möglichen Verhaltensweisen, Gesten und Worte zum Ausdruck kommen, angefangen von Befehlen bis hin zu abschätzigen Blicken: jemanden beschämen, erniedrigen, beschuldigen, verurteilen, verleumden, beleidigen.
–»Ich habe recht«, also bist du im Unrecht. Ich will, dass du dich klein fühlst, um meine Position zu stärken.
In so einem Moment kann der andere auf »Überlebensmodus« umschalten, und die Situation kann sich verschärfen. Wir
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