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Abtruennig

Abtruennig

Titel: Abtruennig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Dungs
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mich nicht. „Sagt mir wer euch geschickt hat“, wiederholte ich mit Nachdruck.
    „ Ich…ich kann euch den Namen nicht verraten…“ Er drehte sich hilflos um. Meine Silhouette spiegelte sich in seinen aufgerissenen Augen wieder. Er hatte Todesangst, und das nicht grundlos.
    „ Sagt-mir-den-Namen!“ Es war nur noch ein Grollen, das selbst in meinen Adern vibrierte.
    „ Bitte…verschont mich…“
    Das hatte ich nicht vor. „Zum letzten Mal, sagt mir wer euch befohlen hat uns zu töten!“
    Ich konnte sehen, dass er innerlich mit sich rang. Ich machte noch einen Schritt auf ihn zu und er versuchte rückwärts von mir fort zu rutschen. Er wusste, dass er keine Möglichkeit hatte mir zu entkommen. „Der König!“, kreischte er plötzlich, als ich nach ihm griff.
    Obwohl ich damit gerechnet hatte, traf mich diese Erkenntnis wie ein Faustschlag. „Heinrich…“, murmelte ich erschüttert.
    Elisabeth hatte wohl die Wahrheit gesagt, auch wenn ich mir nicht erklären konnte, woher sie das gewusst haben konnte.
    Ein schlurfendes Geräusch lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf den Mann vor mir. Er war jetzt in einer gekrümmten Haltung und schleppte sich mühsam von mir fort. Sein gebrochenes Bein zog er dabei umständlich hinter sich her. Seine Schmerzen waren groß, aber mein Mitleid hielt sich in Grenzen. Ganz im Gegenteil. Ich wollte meine Rache und ich würde sie auch bekommen. In einer unmenschlich schnellen Bewegung hatte ich ihn eingeholt und ich riss seinen Kopf herum, damit er mich ansehen musste. „Wie lautet euer nächster Auftrag?“
    „ Wir sollten Hugh de Morville aufspüren.“
    Mein Freund! „Was ist mit…“, ich zögerte. Ich war mir irgendwie sicher, die Antwort zu kennen. „Sollt ihr dem König Bericht erstatten?“, fuhr ich stattdessen fort.
    Er zitterte mittlerweile so sehr, dass seine Zähne dabei hart aufeinander schlugen. „J-ja! Das werde ich aber nicht tun, Sir!“
    Nein, das würde er nicht…
    Ich erwiderte nichts mehr. Meine Hände legten sich fester um den Hals des Menschen. Ich tötete ihn schnell, doch das Brechen seines Genicks, stachelte meinen Hass nur noch weiter an. Es wurde langsam zu einer Art Rausch, aber ich konnte es nicht mehr unterbinden, möglicherweise wollte ich das auch gar nicht.
    Ich ging zu dem Mann, den ich gebissen hatte, in seinen Augen war allerdings kein Lebensfunke mehr zu erkennen. Die Wunde an seinem Hals sah aus, als hätte ihn ein Bär erwischt, er würde verbluten, ich konnte ihn also seinem Schicksal überlassen.
    Es waren aber noch zwei übrig.
    Meine Beine setzten sich von allein in Bewegung. Ich rannte hinter den beiden anderen Männern her. Es war unglaublich, wie schnell ich sie wieder einholen konnte. Sie waren zusammengeblieben, wie dumm von ihnen.
    Mit einem tiefen Knurren, das zwar aus meiner Brust kam, aber nicht nach mir klang, sprang ich auf den Rücken des Ersten. Er ging unter meinem Gewicht sofort zu Boden und er schrie panisch auf, doch der Andere lief weiter, ohne sich nach seinem Gefährten umzusehen. Meine spitzen Zähne gruben sich auch in seine weiche Haut, mein gesamter Körper dürstete es nach seinem Blut. Widerlich, grausam und…so überwältigend. Ich konnte fühlen wie jeder einzelne Tropfen mein Innerstes erreichte und mit Kraft förmlich durchflutete. Diese unbeschreibliche Empfindung ebbte aber rasch wieder ab. Zu rasch. Ich hielt hastig inne, denn der Mensch war dem Tode schon sehr nahe. Mein Instinkt sagte mir, dass ich aufhören musste. So oder so, er würde hier zugrunde gehen, aber ich brauchte nicht fortzufahren. Sein Herzschlag hallte in meinen Ohren wieder, langsam, schwerfällig. Sekunden verstrichen und dann verstummte es plötzlich.
    Ich lauschte in die scheinbare Stille. Die übereilten Schritte des letzten Mannes waren wieder zu hören, er lief anscheinend querfeldein. Der Geruch von Schweiß stieg mir in die Nase, je weiter ich meinen Weg fortsetzte, ich war also auf der richtigen Fährte. Die Furcht trieb ihn voran, aber sie lockte auch den Vampir in mir, näher heran. Näher zu ihm.
    Als er sich keuchend an einen Baum lehnte, um etwas Luft zu schnappen, beendete ich, was ich angefangen hatte.
    Den ersten Teil meines Versprechens löste ich in dieser Nacht ein. Meine Rachsucht war jedoch nicht versiegt, sie war noch da und es war schlimmer als zuvor. Ich war zum Mörder geworden, als Mensch und als Vampir. Ich hatte für meinen König getötet, für die Krone, für das Volk. Wofür? Meine Familie

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