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Abzocker

Abzocker

Titel: Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Block
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Schublade schauen würde.
    Und die Bullen sollten natürlich dort nachsehen.
    Ich sah mich noch einmal um und stieß ein letztes Stoßgebet aus, dann verließ ich das Büro und drückte den Knopf für den Lift.
     
    Auf der anderen Straßenseite war ein Stand mit Fruchtsäften. Ich fand einen freien Hocker, bestellte mir einen Hot Dog und ein Glas Piña Colada und blickte zum Eingang des Bürogebäudes hinüber. Es war beinahe fünf, und ich ärgerte mich schon, dass ich so in Panik geraten war. Ich hätte die Umschläge dort lassen sollen. Er kam nicht mehr ins Büro, nicht um diese Zeit.
    Ich blickte hinunter zu meinem Aktenkoffer. Es befand sich gar kein Heroin mehr darin. Dafür hatte ich jetzt die Taschen voller Heroin. Eine ganze Menge sogar.
    Ich machte mich über meinen Hot Dog her und trank die Piña Colada mit einem Strohhalm. Dabei ließ ich den Eingang nicht aus den Augen, sah den Mädchen nach, die nach Hause gingen, beobachtete, wie die Putzfrauen anfingen, planlos die Böden zu wischen.
    Dann hielt ein Taxi vor dem Gebäude, und er stieg aus. Er bezahlte, und das Taxi fuhr weiter. Meine Augen folgten ihm, bis er durch die Tür verschwunden war.
    Er blieb fünfzehn Minuten in seinem Büro.
    Es war eine nervenaufreibende, magenverkrampfende Viertelstunde. Zu allem Überfluss musste ich meine Anwesenheit an dem Verkaufsstand noch rechtfertigen, indem ich zwei weitere Hot Dogs verdrückte und noch mehr Piña Coladas trank. Das Essen blieb mir fast im Hals stecken.
    Aber das Warten war schlimmer, das Warten und meine Angst, was er wohl finden und was er wohl denken würde und was für Fehler ich gemacht hatte. Während ich wartete, kam mir der Gedanke, dass sich in diesen fünfzehn Minuten mein Schicksal entschied.
    Als er herauskam, sah er aus wie zuvor. Ich fragte mich, ob er sich Sorgen machte oder ob ich mir Sorgen machen sollte. Was sollte ich machen, wenn er die Kassette entdeckt hatte? Denn dann musste ich den Plan aufgeben. Wenn meine Falle jetzt schon aufgeflogen war, blieb mir nur eins: aufgeben, New York verlassen und Mona vergessen. So schwer konnte das eigentlich nicht sein. Ich hatte schon viele Städte hinter mir gelassen und viele Frauen vergessen. Man stand einfach auf und ging.
    Ich dachte an sie, wie sie war und wie es war, bei ihr zu sein. Und ich wusste, dass ich nicht gehen, dass ich nicht aufgeben konnte. Wir mussten die Sache durchziehen, ganz gleich, was geschah.
    Ich sah zu, wie er in ein Taxi stieg und wegfuhr. Ich schlürfte meine Piña Colada und atmete die abgestandene Luft ein. Dann ging ich über die Straße, zurück in das Gebäude und fuhr hoch in den fünften Stock.
    Wieder öffnete ich die Tür mit dem Taschenmesser, allmählich hatte ich es satt. Ich zog die Schublade auf und schaute nach. Er hatte das Heroin nicht gefunden. Die Kassette war noch da, wahrscheinlich hatte er die unterste Schublade überhaupt nicht geöffnet.
    Die ganze Anspannung der letzten halben Stunde löste sich in mir. Ich griff in meine Taschen, holte die vier Umschläge heraus und verstaute sie wieder an ihre ursprünglichen Plätze. Ich sah auf den Notizblock. Die Nummern waren nicht mehr da; er hatte das oberste Blatt zerrissen.
    Ich seufzte. Wir trieben ein seltsames kleines Spiel miteinander. Ich holte meine Brieftasche heraus, fand den Zettel wieder und notierte die Nummern erneut auf seinem Block.
    Dann wischte ich wieder alle möglichen Fingerabdrücke ab, verließ das Büro und das Gebäude. Langsam kam ich mir vor, als wäre es mein Büro. Zum Teufel, schließlich hatte ich mehr Zeit darin verbracht als er.
    Ich ging ein paar Straßen entlang und warf schließlich den Aktenkoffer in eine geeignete Abfalltonne. Ich brauchte ihn nicht mehr. Schließlich musste ich kein Heroin mehr durch die Stadt tragen. Ich hatte es dem Richtigen untergeschoben.
    Ein Vermögen in Heroin. Ich fand allmählich Vergnügen an meinem Plan, auch wenn er einer teuren Investition bedurfte.
    Ich war zu müde, um mit der U-Bahn zu fahren, winkte einem Taxi und sank erschöpft in die Polster. Es war ein anstrengender Tag gewesen; wahrscheinlich zu anstrengend. Ich fragte mich, wie wohl die nächsten paar Tage sein würden. Wahrscheinlich nicht weniger anstrengend.
    Dann dachte ich noch einmal über diese vier Telefonnummern nach. Der Schweinehund kannte wahrscheinlich seine eigene Schrift. Wahrscheinlich erinnerte er sich daran, dass er den Zettel mit den Nummern schon einmal zerrissen hatte, und wusste ganz genau,

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