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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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aus Stoff wringen konnte, und wenn sie ihr Ziel erreichten, würde das von Bedeutung sein. Dann machten sie sich daran, sich ihre Waffen, Wasserflaschen, wasserdichte Hüllen und etwas Proviant an den nackten Leib zu schnallen. Jeder brauchte eine Weile, um Lederriemen an Hand- und Fußgelenken zu befestigen, in die nach außen weisende Angelhaken eingenäht waren.
    »Nun denn«, sagte Sprotte, als er seinen Bogen geschultert, sein Kurzschwert an der Hüfte befestigt und einen Dolch an der Wade festgeschnallt hatte, »der Spaß kann beginnen. Passt auf, dass ihr nicht an euch selbst oder an jemand anderem hängen bleibt. Und seid vorsichtig mit der Pille. Die brauchen wir, um den Riesen zu besänftigen.«
    Kurz darauf sprang er kopfüber ins warme, wogende Meer. Zehn andere folgten seinem Beispiel: ausnahmslos erfahrene Seeräuber, acht Männer und zwei Frauen, die sich auf den Zweikampf verstanden. Eine der Frauen – Wren, die sich die »Pille« auf den Rücken geschnallt hatte, einen runden Gegenstand von der Größe eines Straußeneis – teilte seit dem Winter das Bett mit ihm. Doch daran durfte er jetzt nicht denken. Sollte einer von ihnen bei dem Einsatz ums Leben kommen, konnten sie hinterher trauern. Jetzt aber kam es nur auf diesen einen Moment an und auf jene, die darauf folgten. Die Gefahr war ihm willkommen, denn sie sorgte dafür, dass er sich ganz und gar auf die Gegenwart konzentrieren musste. Beinahe hatte er begonnen, sich nach Tumult und Aufruhr zu sehen. In stillen Momenten neigte er dazu, über Leeka Alains Behauptungen nachzugrübeln. Über seine Familie … seine Verantwortung … über eine Zukunft, die nach ihm rief und die keinerlei Ähnlichkeit mit dem Leben hatte, in das er hineingewachsen war … Das Gefühl, alldem nicht ausweichen zu können, wurde immer stärker, doch er war noch nicht bereit, es anzunehmen.
    Um diese Jahreszeit kam die Strömung noch aus dem Süden. Die Luft war allerdings frühlingshaft frisch. Sie schwammen fort von der Schaluppe, die sie hergebracht hatte. Kurz darauf war sie nur noch ein Schatten hinter ihnen, ein Fleck inmitten der Dunkelheit, der bald darauf ganz verschwunden war. An Bord brannte keine Laterne. Die würde erst dann entzündet werden, wenn sie auf dem Rückweg waren. Ihr Ziel hingegen war deutlich zu erkennen, es war von unzähligen Lichtern erhellt.
    Ein Kriegsschiff der Gilde bot bei Tag wie bei Nacht einen imposanten Anblick. Während sie schwammen, ragte es in der Ferne auf; so reglos wie eine Landmasse lag es im tiefen Wasser vor Anker. Es war gewaltig, doppelt so lang wie ein Frachtschiff, Deck türmte sich auf Deck wie die Stockwerke der großen Wohngebäude von Bocoum. An jeder Reling zogen sich Hunderte von Körben für Armbrustschützen entlang und Schlitze für Bogenschützen. Die enorme Größe des Schiffs sollte mit ihren kriegerischen Ausmaßen überwältigen. Und das tat sie zweifellos auch.
    Viermal waren solche Schiffe bislang auf die Seeräuber gestoßen, und jedes Mal hatten sie diese in Stücke gerissen. Der Bug war mit großen Bäumen verstärkt, mit Eisen beschlagen und stabil genug, um normale Schiffe zu zerschmettern. Das Deck war so hoch, dass kein Entern möglich war. Sprottes Nagel war nutzlos, nicht mehr als eine Nadel, die versuchte, die Haut eines Wals zu durchbohren. Diese Kriegsschiffe konnte man nicht an den Haken nehmen und erstürmen. Sprottes bisherige Kampftechnik war wirkungslos. Es waren schwimmende Festungen, uneinnehmbare Bastionen, die eine Saat aus Tod und Vernichtung ausbrachten. Sie waren viel größer als die Wolfsschiffe der Piraten und sprachen für eine Angriffslust, die die Gilde bisher noch nie an den Tag gelegt hatte. Ohne jede Vorwarnung war eins von ihnen auf die Untiefen vor dem Strand von Weißhafen gelaufen und hatte eine ganze Armee ausgespien. Die Soldaten hatten die Seeräuber überrascht, den Ort überrannt und fürchterlich gewütet.
    Mit den wenigen Habseligkeiten, die sie tragen konnten, waren die überlebenden Seeräuber geflohen. Seitdem lebten sie in wechselnden Verstecken. Zum Glück verwahrten Seeräuber ihre Schätze nie an einem einzigen Ort und horteten nur einen kleinen Teil davon an ihrem Hauptstützpunkt. Das hatte Dovian Sprotte schon in jungen Jahren gelehrt. Nach und nach grub Sprotte auf einer Insel nach der anderen Münzen und andere Wertgegenstände aus dem Boden. Damit bezahlte er Unternehmungen wie diese. Der Krieg zwischen Seeräubern und Gilde hatte ernsthaft

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