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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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machen. Sprotte und die anderen umgingen die Hauptkajüte und drangen ins Quartier des Kapitäns vor. Der Kapitän und mehrere Offiziere hatten sich über eine Karte gebeugt. Zunächst blickten sie beiläufig auf, als fänden sie den Anblick von nackten, Dolche schwingenden Eindringlingen nicht ungewöhnlich. Die Stimmung schlug rasch um. Das Gemetzel, das die Piraten anrichteten, war kurz und gründlich, schließlich hatten sie Erfahrung in solchen Dingen. Ein Mann namens Clytus packte den Kapitän und schleuderte ihn mit solcher Wucht bäuchlings zu Boden, dass zwei der Schneidezähne des Mannes abbrachen und über die glatten Planken hüpften.
    Kurz darauf waren die Offiziere entweder tot oder lagen in den letzten Zügen. Sprottes Klinge war noch trocken, doch der, auf den er es abgesehen hatte, war nicht in diesem Raum. An der Rückseite der Kabine befand sich eine geschlossene Tür mit vergoldetem Rahmen. Sie war verziert mit einem Delphin, dem Wappen der Gilde. Er zielte mit der Ferse auf das Schloss und trat die Tür ein. Dahinter fand er denjenigen, den er gesucht hatte.
    Der Gildenvertreter war hoch gewachsen und spindeldürr. Seine Arme sahen aus wie die eines Verhungernden. Er war gerade aus dem niedrigen Bett gestiegen und versuchte, sich zu orientieren. Seine Rippen, die einen Augenblick lang sichtbar waren, ehe er sein Nachtgewand zurechtzerrte, wogten unter einer dünnen Hautschicht. Auch diesen Mann rührte Sprotte nicht an; das erledigten zwei seiner Leute für ihn, die an ihm vorbei in die Kabine stürmten.
    Sie zerrten den Gildenmann in die Hauptkabine, hielten ihm die Arme fest und drückten ihm dicht unter den kleinen Ohren zwei Messer an den Hals. Mit seinem länglichen, spärlich behaarten Schädel wirkte er nackter als die Seeräuber. Trotzdem drückte seine Miene spöttische Verachtung für die Eindringlinge und das Gemetzel aus. In seinen hochmütigen Zügen zeigte sich kein Anzeichen der Furcht. Tatsächlich schien er nicht in der Lage zu sein, die Szene um ihn herum als etwas anderes zu betrachten denn als ein Ärgernis.
    Sprotte pflanzte sich vor dem trotzigen Blick des Gildenvertreters auf. Er musste schnell sein, ohne den Anschein zu erwecken, dass er es eilig hatte. »Wie heißt Ihr?«
    »Das weißt du nicht?«, entgegnete der Mann. »Ich kenne deinen Namen. Wenn ich mich nicht täusche, wirst du Sprotte genannt. Ich hätte nie gedacht, dass der Name so gut auf dich passen würde. Du bist nichts weiter als ein kleiner Fisch. Du tätest gut daran, deinen winzigen Wurm zu verstecken. Das weißt du doch, oder?«
    »Wie heißt Ihr?«, wiederholte Sprotte.
    Der Gildenmann schürzte die Lippen, als denke er über die Frage nach. Schließlich antwortete er: »Ich bin Sire Fen. Ich bin der Vizeadmiral der Ishat-Flotte.« Er grinste. »Ich bin das, was man einen großen Fisch nennt.«
    Während dieses Austauschs beobachtete Sprotte Clytus und Wren aus den Augenwinkeln. Sie befragten den gefesselten Kapitän mit den ausgeschlagenen Zähnen. Clytus schlug ihm mehrmals mit dem Handrücken ins Gesicht und drohte ihm im Flüsterton, um Sprotte nicht zu stören. Er konnte nicht erkennen, ob sie bei ihm weiterkamen.
    Einer der Wachposten spähte nach draußen und bedeutete ihm, sie wären wieder vollzählig, müssten sich jedoch beeilen.
    »Dieses Schiff könnt ihr nicht einnehmen«, sagte Sire Fen. »Ihr habt nur noch Minuten zu leben, mein junger Seeräuber. Das ist das Problem mit euch. Ihr denkt nicht nach, bevor ihr springt.« Er legte den Kopf schief, dann fragte er aus reiner Neugier: »Was habt ihr euch eigentlich davon versprochen? Habt ihr wirklich geglaubt, ihr könntet mit zehn Dieben ein Kriegsschiff einnehmen?«
    »Wir wollen das Schiff gar nicht einnehmen«, erwiderte Sprotte, obgleich seine Aufmerksamkeit nur zum Teil auf den Mann von der Gilde gerichtet war. Er ruckte mit dem Kinn in Richtung Tür, woraufhin zwei seiner Männer mit gespannten Bögen daneben Position bezogen. Beide ließen Pfeile durch die Türöffnung surren.
    »Ach, nein?«, sagte Sire Fen. »Was wollt ihr dann?«
    Sprotte sah zu Cyrus hinüber, der sich über eine Kiste gebeugt hatte. An seinem Blick und an der Art, wie er mit einem Kopfnicken sprach, erkannte er, dass er das Gesuchte gefunden hatte. Wren zerrte an dem Band zwischen ihren Brüsten. Mit einer Hand fing sie die herabfallende Pille auf, mit der anderen löste sie den Glasschirm einer Öllampe.
    »Es gibt mehr Möglichkeiten, den Gegner zu treffen, als

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