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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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auch so. Halt das Ruder fest. Steuere das Boot.« Stotternd versuchte Dariel zu protestieren, aber Tunnel übertönte ihn. »Ich weiß, du schaffst es.« Den letzten Satz fügte er ganz beiläufig hinzu, wandte sich ab und zog Birké mit.
    Nunmehr allein, sah Dariel die Bewegung auf dem Deck unter ihm, spürte das Schaukeln des Bootes. Ihm wurde klar, dass der Bug bereits losgemacht worden war. Er trieb vom Kai weg. Diese Leute verstehen nichts von Schiffen! Sie glauben, ein Schiff bewegt sich, weil der Steuermann es in Bewegung denkt? Dies ist eine Narrenmission, und ich bin ihr Kapitän.
    »Wie wär’s damit, auf die Anweisungen des Kapitäns zu warten?«, rief er.
    Ein paar Mitglieder der Mannschaft schauten verblüfft zu ihm auf. Dariel winkte abwehrend. Dies wurde anscheinend als Zeichen betrachtet, auch die anderen Leinen loszumachen. Bevor er sie aufhalten konnte, war das Schiff losgemacht und wurde von der auslaufenden Ebbe mitgezogen. Er schaute über die Schulter und sah die gezackten Zähne der nahegelegenen Schären, die plötzlich gar nicht mehr aufregend aussahen. Sondern eher erschreckend. Er fluchte leise vor sich hin und schickte ein paar lautstarke, an alle gerichtete Flüche hinterher. Gleich würden sie gegen die Felsen geschmettert werden, und das wäre dann das Ende der Mission und all seiner Hoffnungen. Wie hatte das alles nur so schnell geschehen können?
    »Ich habe nicht gesagt, dass ihr die Leinen losmachen sollt!«, rief er, obwohl es sinnlos war. Die »Mannschaft« hatte alle Hände voll zu tun, nicht vom Deck zu rutschen, vor allem, als es im zunehmenden Wellengang stärker zu schaukeln begann.
    Denk einfach! Das Boot durch Denken steuern? Er umklammerte immer noch das Steuer, zerrte daran, als wolle er es abreißen. Und dann wurde ihm klar, wie merkwürdig seine Hände sich auf dem Rad anfühlten. Das Material – was auch immer es war – summte unter seinen Handflächen. Er wich halb zurück, doch seine Hände wollten nicht loslassen. Das Steuerrad hielt ihn fest. Er hätte sie wegreißen können, das wusste er. Es war ein sanftes Ziehen, voller Energie. Es wartete auf ihn.
    »Beim Schöpfer«, murmelte er. Das Schiff wartete auf ihn! Was auch immer es antreiben würde, es war nicht die Bewegung der Luft, und auch nicht das Ziehen von Rudern durchs Wasser. Es war im Schiff selbst! Er spürte es so deutlich, als hätte es ihm das selbst gesagt.
    Tunnel, der vollkommen durchnässt von der Gischt, die die Wogen in die Luft schickten, auf dem schwankenden Deck stand und die Arme ausstreckte, um das Gleichgewicht zu halten oder ihm zu drohen oder beides zusammen, brüllte: »Daarrriiiieeeeellllll! Fahr los!«
    Das war der Anstoß, den der Prinz benötigte. Ohne das Steuerruder loszulassen, wandte er den Kopf. Sie waren fast bei den Felsen, ein Spielball der Wassermassen, die so kraftvoll ins Meer hinausgezogen wurden, dass das Heck in wenigen Sekunden gegen die Felsen geschmettert werden würde. Dariel stellte sich vor, wie der Bug des Schiffs durchs Wasser glitt. Sein Kopf wurde nach hinten gerissen, so heftig war der Ruck, mit dem das Schiff sich in Bewegung setzte. Einen winzigen Sekundenbruchteil lang glaubte er, es sei die Wucht des Aufpralls, gleich darauf jedoch wurde ihm klar, dass es keinen Aufprall gegeben hatte. Das Boot flog von den Felsen weg, mit einer Geschwindigkeit, die ihn staunen ließ.
    Er stellte sich wieder hin, gerade noch rechtzeitig, um das Ruder nach Steuerbord zu reißen, damit das Boot nicht gegen den Kai prallte. Die Mannschaft rutschte und purzelte über das Deck, suchte nach irgendetwas, woran sie sich festhalten konnten – mit Ausnahme von Tunnel, der es immer noch schaffte, aufrecht stehen zu bleiben. Er grinste und lachte und brüllte voller Freude: »Daarrriiiieeeeellllll! Rhuin Fá! Rhuin Fá!«
    Die nächsten paar Minuten waren die haarsträubendsten, die er jemals erlebt hatte. Das Boot war ein Wunder, gewiss, aber er hatte so wenig Kontrolle darüber. Es reagierte auf seine Gedanken, aber es war schwer, nicht zu vergessen, andauernd zu denken. Kaum ließ er seine Aufmerksamkeit für einen Augenblick abschweifen, musste er festzustellen, dass sie gleich gegen irgendwelche Felsen prallen würden. Unwillkürlich brüllte er Befehle, bevor ihm klar wurde, dass er alle Befehlsgewalt, die er brauchte, in seinen Händen hielt. Eigentlich hätte es leicht sein müssen, aber ein Dutzend Mal hätte er das Boot um Haaresbreite versenkt, bis sie endlich aus

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