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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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Vater.
    Draußen, jenseits der steinernen Mole, wogte das Meer, schwarz und schimmernd. Er erfasste die ungeschlachten, zerklüfteten Umrisse von Felsen nahe am Ufer, durch die das Wasser sich drängte. Weiße Gischt wurde in regelmäßigen Abständen in die Luft geschleudert, geisterhaft, beängstigend und gefahrvoll in der Dunkelheit. Ausgezeichnet, sagte sich Dariel. Genauso, wie ich es mag. Wie Val es gemocht hätte. Wild.
    »Dariel!«, rief Tunnel vom Rand des Kais her. »Komm. Schau es dir an.«
    Er eilte hin und blickte hinab, denn die Wasseroberfläche lag deutlich tiefer als der Kai. Dort unten war das Boot, an einer niedrigeren Plattform festgemacht. Ein sehr sonderbares Boot, so ähnlich wie das, das er draußen inmitten der Barriere-Inseln neben der Ambra hatte durchs Wasser gleiten sehen. Während er die Rampe hinabschritt, die zu der Plattform und dem Boot führte, musterte er es eingehend. Es war sehr schlank, lag tief im Wasser und war vollkommen von jenem weißen Überzug bedeckt, den auch die Schiffe der Gilde aufwiesen. Der Rumpf war mehr als hundert Fuß lang, aber schmaler als jedes seetüchtige Schiff, das er bisher gesehen hatte. Ein Wasserpfeil. Das Steuerruder befand sich in einem erhöhten, halbgeschlossenen Aufbau am Heck.
    Die anderen warteten auf ihn. Sie standen ängstlich neben dem schaukelnden Gefährt und machten einen ziemlich ratlosen Eindruck. Hier sollte schließlich Dariel mit seiner Erfahrung die Leitung übernehmen. Bis jetzt hatte er nicht die geringste Ahnung, wie er das Ding in Gang bringen sollte, doch das war gewiss nur eine Kleinigkeit. Sprotte konnte jedes Schiff segeln, selbst eines, das keine Segel hatte. Hoffte er.
    Dariel holte tief Luft und sprang mit einem Satz über die schmale Lücke zwischen Plattform und Bootsrumpf. Doch was als anmutige Bewegung begann, nahm ein ganz anderes Ende. Die Ledersohlen seiner Sandalen fanden so wenig Halt auf der glatten Oberfläche des Decks, das er ein paar verzweifelte Sekunden lang mit rudernden Armen herumtanzte, als wäre er unverhofft auf Eis geschleudert worden. Es gelang ihm gerade noch, sich auf Hände und Knie fallen zu lassen, worauf er einen Moment schwer atmend verharrte.
    Die anderen sahen ihm verwirrt und sehr beklommen zu.
    »Es ist glitschig«, erklärte er.
    Skylene kniff ein Auge zu und zog die Braue des anderen hoch.
    Dariel kannte die schlüpfrige Oberfläche von den Gildenschiffen her – von der Rochenfinne , Sire Fens Kriegsschiff, und von der Ambra , die er vor nicht allzu langer Zeit verlassen hatte. Das Deck dieses Schiffes fühlte sich eher noch glatter an. Vielleicht war es nicht so, doch er musste jetzt mehr als je zuvor darauf achten, auf den Beinen zu bleiben. Ihm fiel wieder ein, dass etliche Seeleute an Bord der Ambra ihre Arbeit barfuß verrichtet hatten, also setzte er sich hin und zog seine Sandalen aus. Barfuß stellte er sich wieder hin. Es half. Seine Haut haftete sehr viel besser an dem Überzug als Leder. Beinahe fühlte es sich an, als könne er die Zehen in das Deck drücken.
    Er schaute zu den Angehörigen des Freien Volkes hinüber, die ihn anstarrten. Als sei er ungeduldig, befahl er: »Kommt schon. Runter damit, und kommt an Bord.«
    Kurze Zeit später packte Dariel im Innern des Ruderhauses das Steuerruder und fragte: »Was treibt es an?«
    Birké stand neben ihm, wolfsähnlich, wartend, und dann verwirrt. »Wie meinst du das?«
    »Was … Bei den Schiffen, die ich kenne, benutzen wir Segel und den Wind, um das Gefährt über das Wasser zu treiben. Manchmal benutzen wir auch Ruder. Verstehst du? Irgendetwas muss für den Antrieb sorgen, aber hier gibt es nichts außer … außer dem Steuerruder.« Er starrte es an, als würde seine eigene Erklärung die Situation nur noch verwirrender machen.
    »Wind?«, fragte Birké. Seine Oberlippe hob sich, so dass seine Eckzähne zu sehen waren. Anscheinend fand er die Vorstellung barbarisch. Er winkte, bis Tunnel auf ihn aufmerksam wurde. »Ihr benutzt den Wind? Der Antrieb ist im Boot selbst. Denk einfach, dass es das tun soll, was du willst.«
    »Denken? Das ist nicht dein Ernst!«
    »Was gibt’s?« Tunnel tauchte auf; er hatte gerade die anderen so positioniert, dass sie das Boot am besten losmachen konnten. Birké antwortete ihm. Er sprach Auldek, gestikulierte in Dariels Richtung. Tunnel schob sich an ihm vorbei, packte Dariel an den Handgelenken und drückte seine Hände gegen das Steuerruder. »Du bist Pirat, oder? Dann verhalte dich

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