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Achsenbruch

Achsenbruch

Titel: Achsenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Junge
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79, der andere 81. Der Schnellere konnte froh sein, wenn er bis Leipzig wieder auf die rechte Spur schwenken konnte.
    Als er ganz links an den Lkws vorüberhuschte, sah er aus den Augenwinkeln, dass vor den Trucks ganz gemächlich ein blau-silberner Streifenwagen herzockelte. Er hatte sich gut genug im Griff, um nicht sofort in die Eisen zu treten. Nein, er nahm einfach nur etwas Gas weg, um langsam herunterzukommen. Und blieb links außen, damit sein Kennzeichen schwerer lesbar war. Mit etwas Glück – aber er hatte keines. Als er gut drei- oder vierhundert Meter Vorsprung gewonnen hatte, blitzte hinter ihm zum ersten Mal das Blaulicht auf.
    Fick deine Mutter! Selbst wenn sie ihn nur wegen der Geschwindigkeit anhielten, würden sie sein Kennzeichen durchgeben und umgehend hören, was für ein Tier ihnen da in die Falle gelaufen war. Und eins hatte er sich schon vor vielen Jahren geschworen: Ins Gefängnis gehst du nie!
    Die Scheinwerfer der Lastwagen waren im Rückspiegel kaum noch zu erkennen, aber das Blaulicht kam näher und bald leuchtete schon die rote Spiegelschrift auf ihrem Dach auf: Bitte anhalten. Polizei!
    Wastunwastunwastun …
    Selbst wenn er das Letzte aus seinem Franzosen herausholte, gegen die Polizisten kam er nicht an.
    Dann hatte er sich entschieden.
    Er setzte den Blinker und bremste sacht ab, fuhr rechts ran, ließ den Wagen ausrollen. Und als die Türen an dem Streifenwagen aufgestoßen wurden, schlug er das Lenkrad ein und gab Gas. Die Reifen des Wagens jaulten auf, aber drei Fahrspuren reichten für die 180-Grad-Kurve. Der geschundene Motor heulte, das Getriebe ächzte, dann auf die außen gelegene Spur.
    Und da waren auch schon die Frontlichter des vorderen Lkws. Keine Angst, Junge, da oben auf dem Bock passiert euch nicht viel.
    Los, Vitali, die Spur halten! Nicht feige sein!
    Tschuss Tanja, tschuss Kolja, tschuss Fraulein Kle…

Der zweite Dienstag
    86
    Kathrin Klemms erstes Ziel an diesem Morgen war nicht das Büro, das sie mit Lohkamp und Hardenberg teilte, sondern der Raum gegenüber, den die Karlsruher seit einer Woche besetzt hielten.
    »Was gibt es, Frau Klemm?«, fragte einer der Bartlosen. Die Benutzung von Nassrasierern oder Heißwachs gehörte anscheinend zur Corporate Identity dieser Truppe – und diese männlich herben Aftershaves hatten sie vermutlich zu besten Konditionen im Großhandel erworben.
    Kathrin zog den Plastikbeutel heraus, in dem sich der kleine Schlüsselring aus Korolenkos Wäschekiste befand. Der BKA-Mann brauchte weniger als drei Sekunden, um zu kapieren, was sie wollte: »Tariks Kellerschloss?«
    »Na ja – wem es gehört, klären wir, wenn es passt«, sagte Klemm und sah zu, wie der Mann gezielt auf eine große grüne Aufbewahrungskiste zusteuerte. Unterwegs streifte er sich Plastikhandschuhe über, die er in der rechten Hecktasche seiner Jeans aufbewahrte; das große C darauf verriet, dass dieses Höschen ein wenig teurer war als alles, was Klemm an diesem Morgen angezogen hatte.
    »Na, da ist es doch!«
    Mit einem leichten, beinahe um Verzeihung bittenden Lächeln präsentierte er ihr seinen Fund: Da man das Schloss nicht gewaltsam knacken wollte, hatte man einfach den Haken, an dem es hing, aus dem morschen Holz der Kellertür gezogen und beide Teile zusammen eingetütet.
    »Probieren wir’s«, sagte er. Er betrachtete die Schlüssel auf dem Ring – beide waren identisch.
    Vorsichtig steckte er einen den Schlüssel in die dafür vorgesehene Öffnung und das Schloss sprang so plötzlich auf, dass der Bügel zu Boden fiel.
    »Perfekt. Und wo haben Sie die Schlüssel gefunden?«
    Sie sagte es ihm und er zog die auf schmal getrimmten Augenbrauen hoch.
    »Gut, dann hat Ihr Chef ja doch Recht gehabt.«
    »Und der Tarik die Wahrheit gesagt.«
    Der Mann nickte.
    »Und wann lassen Sie ihn laufen?«
    »Noch vor dem Mittagessen. Das schmeckt ihm bei uns sowieso nicht.«
    Das geht ja verdammt schnell, dachte Klemm und fand das Haar in der Suppe: »Und – was wird Frau Dorn dazu sagen?«
    Er blickte sie aus seinen großen, dunklen Augen ausdruckslos an: »Frau Dorn hat sich gestern krankgemeldet. Ich vertrete sie bis zum Abschluss der Ermittlungen.«
    Klemm stieß die Tür zum Büro Lohkamp so heftig auf, dass die beiden Männer erschrocken aufblickten: »Was wollt ihr zuerst hören? Die gute Nachricht oder die sehr gute?«
    »Guten Morgen, liebste Kollegen, sagt man hierzulande wohl«, erwiderte Hardenberg. »Und mit der schwierigen Frage, die Sie gestellt

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