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Achsenbruch

Achsenbruch

Titel: Achsenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Junge
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peinlich, Susanne von dem Plan erzählt zu haben.
    »Oh, wer kommt denn noch?«, fragte Mager.
    »Wirst du schon sehen.«
    Mager fühlte sich in dem Haus am Park vom ersten Augenblick an unwohl. Er trug seine besten Jeans sowie ein feines Sakko und hatte seine allerbesten Lederschuhe auf Hochglanz poliert – bis auf das dunkelrote Seidenhemd mit dem geöffneten Kragen alles in seiner Lieblingsfarbe Schwarz.
    »Sie hatten reserviert?«, näselte sie ein schlanker Oberkellner an. »Ach ja, das Ehepaar Jacobmayer mit zwei Gästen. Wenn ich Sie an Ihren Platz bringen darf …«
    Tonfall und Wortwahl weckten bereits Magers Misstrauen: Vornehmere Gäste hätte dieser Eintänzer wahrscheinlich zum Platz »geleitet« und Karin hatte zumindest eine Anrede vom Typ »gnädige Frau« verdient.
    Sie ließen sich an einem der großen Fenster nieder, die einen entzückenden Ausblick auf den Stadtpark boten, wenn er nicht gerade, wie an diesem Abend, im Dauerregen versank.
    Mager blickte sich um. Gut besucht sah anders aus. Zwei, drei Paare im Nichtraucherbereich und zwei Tische von ihnen entfernt eine Vier-Personen-Gesellschaft, bei der schon die Frisuren den Chefarztzuschlag und die Professorengattin verrieten. Diese Leute waren nicht nur von einem dieser grauen Weimaraner begleitet, die schon von Aldi-Hundefutter Magenkrämpfe bekamen, sondern trugen ein absolut legeres Freizeitoutfit in den Farben der Saison. Von overdressed konnte bei Klaus sicher keine Rede sein, er hatte nur voll ins Kleidungsklo gegriffen.
    »Darf ich Ihnen schon ein Getränk reichen? Wir haben da als Aperitif einen …«
    »Zwei Glas Sekt, bitte. Trocken!«
    »Unser Haus führt nur trockene Sektmarken«, wurde Karin aufgeklärt – in einem Ton, der ihr zeigen sollte, dass sie das Haus und das Personal zutiefst beleidigt hatte.
    »Kotzbrocken«, flüsterte sie, während ihr Gatte nach seinen Zigaretten griff. Etwas lauter als sie sagte er: »Stimmt. Der Typ redet sich beim Blick in den Spiegel wohl selbst nur mit Majestät oder Hochwürden an.«
    Das Gespräch bei den Jagdhundbesitzern geriet für eine Sekunde ins Stocken, bevor man sich dazu entschloss, nichts gehört zu haben. Mager grinste leicht. Ein paar Züge aus der Zigarette hatten seinen Hormonhaushalt wieder halbwegs in Ordnung gebracht.
    »Eigentlich könntest du mir ja nun verraten …«
    »Überraschung!«, tönte es hinter ihm und eine kräftige Hand krachte auf sein Schultergelenk.
    Er fuhr herum und sah in Lohkamps bartloses Gesicht: »Mensch, ihr seid’s! Das ist mal eine gelungene Überraschung! Und klasse, dass wir endlich auch deine Frau kennenlernen.«
    »Ganz meinerseits«, versicherte sie und reichte zuerst Karin die Hand: »Gabi. Wenn diese Männer sich schon duzen.«
    Kaum saßen die Frauen und Männer einander gegenüber und hatten die Stühle zurechtgerückt, da schwebte schon wieder das Butlergesicht heran und kredenzte die Speisekarten. Die schweren Lederhüllen trugen das Bochumer Stadtwappen und waren fast so schwer wie der Kronleuchter über dem Tisch.
    »Stopp«, kommandierte Mager, als Lohkamp sein Exemplar des Küchenzettels öffnen wollte: »Mögt ihr Meeresfrüchte?«
    »Ja, gern.«
    »Lamm?«
    »Ebenfalls«
    »Curry-Allergie?«
    »Aber nein!«
    »Ausgezeichnet. Dann schlage ich vor, das absolute Highlight zu bestellen. Ihr seid eingeladen – und wenn du protestierst, Horst, schießen wir das unten am Teich aus.«
    Zum Schein tastete Lohkamp seine Taschen ab und mimte Zerknirschung: »Mist. Ich bin mal wieder unbewaffnet unterwegs. Du hast gewonnen.«
    »Schön«, sagte Mager und sah den hochwohlgeborenen Mundschenk an, der mit versteinertem Gesicht zugehört hatte: »Dann nehmen wir bitte viermal das Sechs-Gänge-Menü.«
    »Vier – mal – die – sechs – Gänge?«, fragte der Mann hölzern und musterte den Bärtigen, als könnte er an der Länge der Haare dessen Bonität abchecken.
    »Genau«, bestätigte Karin. »Viermal sechs sind vierundzwanzig. Wenn Sie das nicht alleine tragen können …«
    Der Mann verschwand ohne ein weiteres Wort.
    »Mädels«, sagte Mager, »seid nicht böse, wenn wir einen Teil des Gesprächs dem jüngsten Bochumer Kriminalfall widmen.«
    Gabi zog ihre Schultern hoch: »Nichts anderes habe ich befürchtet. Aber wenn das Essen gut genug ist, werde ich nicht herumzicken.«
    »Dann bist du dran«, sagte Mager und der Polizist nickte.
    »Also: Tarik ist wirklich unschuldig. Er und der Imam sind wieder raus. Das Dynamit hat ihm ein

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