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Achsenbruch

Achsenbruch

Titel: Achsenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Junge
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Fotos von ihr. Sie hat noch eine Stunde Zeit, uns zu stoppen. Guten Tag auch!«
    Zehn Minuten später war die Politikerin selbst in der Leitung und Susanne schaltete den Lautsprecher ein: »Tenberge hier. Was für Fotos?«
    »Nicht am Telefon, Frau Bürgermeisterin!«
    »Dann nennen Sie mir ein Stichwort«
    »Sogar drei!«, kündigte Susanne an. »Hattingen, Viktoriastraße, erste Etage.«
    Denkpause in Bochum und Mager reckte einen seiner dicken Daumen in die Luft.
    »Also gut«, sagte die Stimme im Lautsprecher. »In einer Stunde. Aber nicht hier, sondern im Wahlkreisbüro meines Mannes. Da ist um diese Zeit niemand sonst.«
    Nach dem Ende des Gesprächs musste man bei PEGASUS nachdenken. Besonders unzufrieden war der Kameramann: »Wieso will die Ziege uns nicht im Rathaus haben?«
    »Ist doch klar, Klaus«, sagte Susanne. »Sie weiß jetzt, um was es geht. Und die Affäre mit Beißner ist ihr zu heikel. Also möchte sie keine Zeugen für das Gespräch haben.«
    »Und wenn es eine Falle ist? Wenn da plötzlich ein Schlägertrupp wartet?«
    »Mensch, Klaus«, meldete sich Simone. »Ich bin eine Stufe vor dem schwarzen Gürtel im Taekwondo. Den Bruchtest mit einem Nasenbein gewinne ich im Schlaf!«
    Das Wahlkreisbüro Tenberges lag im Zentrum von Wiemelhausen nahe der katholischen Kirche – ein ausgedientes schmales Ladenlokal, flankiert von einer Drogerie und einer chemischen Reinigung. Jede Menge Laufkundschaft auf dem Bürgersteig, zwanzig Meter weiter auf dem Pflaster sogar die Tische eines italienischen Eiscafés. Kein Ort für einen unauffälligen Hinterhalt, befand Mager und akzeptierte es sogar, dass sich Simone als Eingreifreserve vor dem Eiscafé niederließ: »Riskieren wir’s! Wenn du in zehn Minuten keine SMS mit einem Okay schickst, trete ich die Tür ein.«
    »Zehn Minuten?«, jammerte Mager. »Was meinst du, wie viele Nasenbeine die mir in dieser Zeit brechen können.«
    »Keine Sorge, du hast nur eins.«
    Die Bürgermeisterin erwartete sie in einem kleinen Vorraum, dessen Einrichtung an das Wartezimmer eines mäßig erfolgreichen Rechtsanwalts erinnerte. Über dem Tischchen mit Werbematerial der Partei des Europa-Abgeordneten hingen drei, nein vier großformatige Fotos, die Jürgen Tenberge im Gespräch mit Prominenten zeigten: die schwarze Kanzlerkandidatin für die bevorstehenden Wahlen in einem ihrer berüchtigten Hosenanzüge, der Noch-Kanzler mit seinem Kaschmirlächeln, der ehemalige KGB-Resident in Dresden auf dem Zarenthron und jener kleine Franzose, der die Frauen mit den großen Dekolletés so sehr liebte. Lina war auf keinem Foto dabei.
    »Also, die Kamera bleibt erst einmal aus!«, bestimmte die Bürgermeisterin, nachdem alle die frostige Begrüßung heil überstanden hatten. »Was wollen Sie?«
    »Eigentlich wollten wir Sie zur aktuellen Situation der Bochumer Politik befragen«, begann Susanne.
    »Ach, und was interessiert Sie da besonders?«
    »Die Bombe. Haben Sie einen Verdacht?«
    »Himmel, nein, Frau Sonnenschein hat keine Feinde.«
    Susanne lächelte: »Da wäre sie die erste erfolgreiche Frau in der Welt, an deren Sessel niemand sägt.«
    »Um das zu tun, muss man nicht verfeindet sein.«
    »Sind Sie ihre Freundin?«
    »Sie ist unsere Oberbürgermeisterin, die auch ich gewählt habe.«
    »Stehen Sie als Nachfolgerin bereit?«
    »Vielleicht in zehn Jahren. Sie macht doch bis jetzt einen richtig guten Job.«
    »Ich meinte das auch nicht nur politisch …«
    An dieser Stelle stockte das Frage- und Antwortspiel und die blonde Frau kniff die Augen ein wenig zusammen, als müsste sie ihren Blick scharf stellen.
    »Sondern?«
    Während Mager unauffällig seine SMS an Simone schickte, griff die PEGASUS-Chefin nach ihrer Schultertasche und zog die Mappe mit den Fotos hervor. Schaute prüfend hinein und legte das erste auf den Tisch: Tenberge allein, in der Halbtotalen, die Arme so zur Zimmerdecke erhoben, dass ihre entblößten Brüste sich dem Betrachter entgegenwölbten.
    »Woher haben Sie das?«
    Wortlos und betont vorsichtig präsentierte Susanne das nächste Foto: die Bürgermeisterin in ganzer Größe, unbekleidet, aber die verschränkten Hände kokett zwischen die Schenkel geschmiegt. Die ›Stelle mit dem Feigenblatt‹, wie Heine gesagt hätte, war perfekt verdeckt.
    »Ja, und?«, sagte Tenberge, ein leichtes Vibrieren in der Stimme. »Das war in der Sauna. Irmhild hat neben mir gestanden, aber jemand hat sie rausgeschnitten.«
    »Jemand?«
    Das dritte Foto zeigte, wie

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