Achtung BABY!
das aufsaugt, was meine Frau mit dem Bohrer oder Akkuschrauber so anstellt. Da standen wir nun vor der Wickelkommode. Wer kraxelt hoch und macht oben die Lampe fest? Schweren Bauches musste Gudrun einsehen, dass es keinegute Idee wäre, dass sie in ihrem hochschwangeren Zustand da hochklettern würde. Also ich. Ich kam mir ein bisschen so vor wie jemand, der in einem Abenteuerkriegsfilm von der Söldnertruppe zu einem Spezialauftrag geschickt wurde, aber nicht, weil er der Beste für den Job war, sondern weil er der Einzige war, der mit seiner Körpergröße durch den schmalen Schacht kriechen konnte.
»Du kannst es schaffen.«
Aber die anderen Gefährten machten sich dann schon mal vorsorglich vom Acker. Gudrun blieb. Aber es lief nicht so glatt. Meine gebohrten Löcher waren nicht genau auf einer waagerechten Linie. Erst waren sie nicht tief genug, und mit Nachbohren wurden sie zu groß für die Dübel. Ich war sowieso der Meinung, dass die anvisierte Höhe nicht ideal war: »Gudrun, lass uns die Wärmelampe tiefer aufhängen.«
»Michl, wir wollen die Kleine warm halten und nicht ein Hähnchen grillen.«
Der Wärmelampenaufhängestreit ging bei uns in den Familiengeschichtsschatz ein. Gudruns These war, dass ich mich absichtlich so doof anstelle beim Bohren, weil ich es eigentlich nicht machen mag. Meine These ist: Wenn ich es besser könnte, wäre ich nicht Komiker geworden. Einen Tag vor dem errechneten Geburtstermin sollte man keine Meinungsverschiedenheiten mehr austragen, das ist sinnlos. Da haben Ängste und Hormone längst den Laden übernommen. Wir waren kurz davor, dass Gudrun dann doch eine alleinerziehende Mutter sein würde. Es ist nicht so gekommen. Wir sind eine glückliche Familie, Lilly hat Papa und Mama. Und die Wärmelampe hat gehalten!
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Stimmungsschwankungen
Ich war auch schwanger! Wir Männer verändern uns in der Schwangerschaft. Ich hätte natürlich auch früher meine Frau immer bedingungslos vor Bösem und Bösen beschützt, aber nun war es so, dass ich getötet hätte, wenn jemand meiner schwangeren Frau wirklich zu nahe getreten wäre. Die Pazifistenkarriere endet als Papa. Mein Beschützerinstinkt mutierte zum tötungsbereiten Schutzpatron. Shoot ’em up, Baby! Gott sei Dank kam ich nie in die Situation, sonst hätte ich wohl im Moment viel Zeit zu schreiben. Aber ich wurde in meiner Schwangerschaft in manchen Situationen schneller aggressiv. Wir waren mal nach einer Filmpremiere auf einer Aftershow-Party. Es war wie meistens, laut, eng, zu laute Dämel-Techno-Musik. Warum ist das eigentlich immer so? Schöner Saal, interessante Leute, und dann legt ein DJ, der vermutlich nicht mal auf der Waldorfschule seinen Namen im Takt tanzen konnte, Hanswurststampfmusik auf. Gudrun und ich wollten uns durch die Menge zu einem ruhigen Platz kämpfen. An der Treppe drängelten dann Leute von allen Seiten, und Gudrun bekam in einem Klaustrophobieanfall kaum mehr Luft. Ich erinnere mich noch, dass ich Typen, die mindestens einen Kopf größer waren, angeschrien habe, Platz zu machen. Und anscheinend haben sie meinen Tötungsabsichten geglaubt. Alle machten einen Kreis frei, in dem wir uns weiterbewegten. Das sah so aus wie im Film »Pitch Black«, wo Vin Diesel und ein paar letzte Überlebende durch ein riesiges Rudel menschenfressender Nachtmonster gingen, die sie sichmit Lampen vom Leib hielten. In solchen Momenten ist es Zeit für Helden.
»Na, Gudrun, wie habe ich das gemacht?«
»Du bist mein Diesel!«
Ob Vins Mutter je geglaubt hat, dass man mit diesem Familiennamen Actionhelddarsteller wird? Dann doch eher Tankwart.
»Hey Meister, einmal volltanken mit deinem Familiengetränk!«
Die Schwangerschaft beflügelte mich. Ich lief anders. Nicht mehr so wie ein Noch-nicht-Zeuger, sondern wie ein durchtrainierter, athletischer Tänzer am Strand, der mit jeder Körperbewegung zeigt, dass er Vater wird. Und ich war der menschliche Schutzwall für meine Frau: »Gudrun, du hast total protection!«
»Ich weiß. Aber ich habe ja jetzt einen Ganzkörper-Airbag eingebaut.«
Während der Schwangerschaft bin ich auch viel vorsichtiger und langsamer Auto gefahren.
»Nur kein Risiko eingehen, Gudrun.«
»Ist schon gut, Michl, du kannst jetzt das Auto starten.«
Ich war wohl in meinen guten Momenten etwas überprotektiv. Kaum nahm Gudrun ihre Handtasche in die Hand, hechtete ich mich dazwischen und riss die Tasche von ihr: »Lass mich die nehmen.«
Gudruns Mantra war das Mantra aller
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