Achtung, Superheld! (German Edition)
musste, als er selbst es war.
»Weißt du was«, sagte sie und bremste, sodass ihr Fahrrad abrupt zum Stehen kam. »Du bringst mich dazu, dass ich am liebsten losbrüllen würde.«
»Ähm, was?«
»Sieh mich an, Daniel Corrigan, denn ich sage das nur einmal – es ist nicht deine Schuld. Es ist alles die Schuld von Herman Plunkett oder dem Shroud oder wie auch immer er genannt werden will. Er hat uns zum Narren gehalten. Uns alle. Seit vielen Jahren schon. Du hast gesagt, du bist eifersüchtig auf Eric – nun, willkommen im Club. Meinst du nicht, dass Rohan lieber fliegen würde, als den ganzen Tag lang Käfern beim Graben zuzuhören? Meinst du nicht, dass ich alles darum geben würde, stark genug zu sein, um dem blöden Clay Cudgens ein paar zu verpassen, wenn er das nächste Mal mir gegenüber den Mund zu voll nimmt? Wir sind alle eifersüchtig auf Eric. Aber wir haben ihn auch sehr gern, und ich weiß, für dich gilt dasselbe. Sag mir, dass dir nicht das Herz gebrochen ist, als du dachtest, er wäre der Shroud. Und sag mir, dass es sich nicht doch irgendwie gut angefühlt hat, als du rausgefunden hast, dass du falsch lagst?«
Mollie legte ihre Hand auf Daniels Arm und sah ihm in die Augen.
»Du hast gerade etwas Furchtbares durchgemacht, Daniel. Du hast deine Großmutter verloren … etwas, von dem ich mir nicht vorstellen kann, es durchzustehen. Es muss sich so schlimm anfühlen, wenn man so … so …«
»Machtlos ist?«
Mollie lächelte. »Ja. Doch das bist du nicht. Du bist schlau und du bist mutig. Du hast bei Simon nicht aufgegeben, und ich weiß, du wirst es auch bei Eric nicht tun. Er ist dein Freund und er braucht dich. Wir alle brauchen dich.«
Mollie lehnte sich weit zu Daniel herüber, so weit, dass er ihren Atem auf seiner Wange spürte. Ihr Gesicht war nur Zentimeter von seinem entfernt.
»Wenn du aber nicht bald aufhörst, dir selbst leidzutun, haue ich dir eins auf die Nase«, sagte sie, und Daniel erkannte, dass Mollie es auch so meinte.
»Hey, Daniel«, ertönte eine Stimme hinter ihnen. »Hast du die Sternschnuppe gesehen?«
»Was?« Daniel drehte sich um und sah, wie Louisa kräftig in die Pedale trat, um sie einzuholen. Rose hielt sich an ihr fest und der Rest des Trupps folgte ihnen.
»Oh, hi, Louisa. Nein, ich habe nichts gesehen.«
»Warum halten wir?«, fragte Rohan. »Stimmt was nicht?«
»Nein«, antwortete Daniel mit rotem Gesicht. »Wir haben nur darauf gewartet, dass ihr uns einholt.«
Daniel blickte in die Richtung, in die Louisa zeigte, und dieses Mal sah er etwas. Es war wie ein Feuerstrahl, doch er zog in geringer Höhe dahin, viel niedriger, als es ein Komet oder eine Sternschnuppe sein würden. Und er kam auf sie zu.
»Wow«, staunte Rose. »Wie hübsch.«
»Alle runter von der Straße!«, schrie Daniel. »Geht in Deckung!«
Doch es war zu spät. Er hatte den Satz noch nicht beendet, als er von seinem Rad flog und ihm eine dichte Wolke aus Dreck und Schutt die Sicht nahm. Irgendetwas war direkt neben ihnen auf dem Boden aufgeschlagen und dieses Etwas lachte.
Daniel erkannte die Stimme – ein tiefes, heiseres Flüstern. Er wollte seinen Freunden etwas zurufen, sie warnen oder sich versichern, dass es ihnen gut ging, doch sein Mund war voller Sand, und in seinen Ohren hallte noch der Aufprall nach. Vor seinen Augen tanzten winzige Lichtpunkte, und in seinem verletzten Arm, der seltsam verdreht unter seinem Körper lag, breitete sich ein scharfer, beißender Schmerz aus.
Er wischte sich den Staub aus den Augen und blickte gerade rechtzeitig hoch, um zu sehen, wie sich ein schattenhaftes Wesen auf ihn stürzte. Kräftige Finger gruben sich wie ein eiserner Schraubstock in seine Schultern, und in seinem Kopf begann sich alles zu drehen, als er in die Luft gehoben wurde. Daniel schrie, doch seine Stimme wurde von rauem Gelächter übertönt. Das Letzte, was er sah, bevor er das Bewusstsein verlor, waren der Boden, von dem er sich entfernte, und seine Freunde, die dort reglos lagen.
22
Die Höhle
Als er wieder zu Bewusstsein kam, war das Erste, was Daniel wahrnahm, der Schmerz. Es war der bekannte hämmernde Schmerz in seinem linken Arm, der in Wellen über ihn hereinbrach. Das zweite, was er fühlte, war die Kälte. Die abendliche Luft war im November immer kühl, doch diese Kälte war beißend wie im tiefsten Winter. Rauer Stein kratzte an seinem Gesicht. Die Luft roch feucht, wie Erde.
Daniel streckte die Finger ins Dunkel. Es gab keinerlei Schatten
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