Acornas Heimkehr
Fremden beachteten ihn nicht.
»Was wird uns überhaupt vorgeworfen?«, wollte Melireenya wissen. »Und wo wir schon mal dabei sind, was genau sind das für mysteriöse Verbrechen, die unsere Leute auf Nirii angeblich begangen haben sollen?«
Sie empfing ein Mischmasch aus Gefühlen und wirren Gedanken von ihren Wärtern, die sich über sie und ihre Schiffskameradin zumeist gewalttätig, wütend oder begehrlich, über die rinderartigen Niriianer dagegen lediglich verächtlich äußerten. Sie logen, so viel konnte sie aus dem Wust mit Sicherheit entnehmen. Alle von ihnen logen. Doch sie befolgten nur Befehle, das war eben das, womit sie ihren Lebensunterhalt verdienten.
»Also, schauen wir mal, Gnädigste, was waren das noch für Anklagen? Widerstand gegen die Festnahme, Flucht aus verordnetem Gewahrsam, unterlassene Hilfeleistung in einer medizinischen Notlage, Weigerung der Bekanntgabe des Wohnsitzes sowie Unterlassungsverbrechen gegen verschiedene unter dem Schutz der Föderation stehende Umwelten. So viel für den Anfang. Wenn uns noch mehr einfallen sollte, werden wir es Sie wissen lassen.«
»Das ist blanker Unsinn!«, rief sie aus. »Narhii-Vhiliinyar gehört doch gar nicht zu Ihrer Föderation!«
(Wenn man bedenkt, dass wir uns gerade erst darüber unterhalten haben, ob wir dazugehören sollten oder nicht), bemerkte Khaari gedanklich.
»Ach, richtig, und hier sind die weiteren Anklagen«, fuhr der uniformierte Grobian ungerührt fort. »Hausfriedensbruch, Eindringen in den Föderationsraum ohne Einreisevisum und Entführung eines Föderationsbürgers.«
»Entführung? Die einzige Person, die uns nach Hause zurückbegleitet hat, war die Nichte von Visedhaanye ferilii Neeva, und die kam aus freien Stücken mit und hat sich darauf gefreut, ihre Heimatwelt kennen zu lernen.«
»Wir würden nur gerne Gelegenheit erhalten, die Richtigkeit dieser Behauptung nachzuprüfen, Gnädigste«, entgegnete er.
»Ich schlage daher vor, dass Sie mit diesem Ei wieder Kurs auf eben diese Heimatwelt nehmen, dann können wir die besagte Bürgerin dort selbst befragen.«
»Das können wir nicht tun«, lehnte Khaari ab.
Sie hatte die Frau genau beobachtet, die Khaaris Platz auf der Brücke eingenommen und die ganze Zeit über versucht hatte, Zugriff auf das Navigationssystem zu erhalten.
(Lenk sie irgendwie ab, Melireenya), wies Khaari sie an.
Melireenya kreischte unvermittelt auf und sprang vorwärts, fuchtelte wild in der Luft herum und brüllte den Uniformierten die Strophen eines Linyaari-Gedichts entgegen, das sie noch aus ihrer Jugendzeit in Erinnerung hatte.
Khaari machte sich dieses Ablenkungsmanöver zu Nutze und glitt unauffällig näher an die Frau heran, die an der Navigationskonsole hockte und sich jetzt umgedreht hatte, um nachzusehen, was es mit dem plötzlichen Aufruhr hinter ihr auf sich hatte. Khaari gelang es, blitzschnell zwei Tasten auf dem Pult niederzudrücken, bevor die Frau sich wieder zurückdrehte.
(Das war’s!), triumphierte Khaari. (Danke.) (Hast du es geschafft, die Kursdaten zu löschen?) (Selbstverständlich. Wenn wir das Herunterfahren der Bordsysteme nach unserer Landung noch vollständig hätten beenden können, bevor sie uns geentert haben, dann hätte der Bordrechner das längst selbst erledigt. Es hat schon was für sich, dass wir Linyaari ein so gutes Gedächtnis für Navigationsdaten haben.)
Die Frau am Navigatorpult stieß einen abstoßenden, wüsten Fluch aus.
»Was ist denn los, Brill?«, fragte der Mann ohne Haare.
»Es ist alles weg!«, schimpfte sie. »Ich hatte fast schon Zugriff auf die Kursdaten, als… du hast sie gelöscht!«, warf sie Khaari erbost vor.
»Es ist ein selbstlöschendes Sicherheitssystem«, berichtigte Khaari sie, was sogar vollkommen der Wahrheit entsprach.
»Schließlich wissen wir ja auch so, wo wir schon mal waren.«
»Ja, aber woher wisst ihr, wie ihr wieder dorthin zurückfindet?«, versuchte der Mann sie aus der Reserve zu locken.
»Das ist eine Angelegenheit unserer planetaren Sicherheit«, ließ Melireenya ihn abblitzen. (Wenn die wie bornierte Bürokraten schwafeln können, dann können wir das schon lange.) »Und wo gerade die Rede von Entführungen ist: Wenn Sie die Leute sind, die unseren Botschafter und die anderen Mitglieder unseres diplomatischen Korps auf Nirii entführt haben, dann müssen wir darauf bestehen, dass Sie diese und uns unverzüglich freilassen.«
»Ja, also, dann verraten Sie uns doch mal, wer uns dazu zwingen
Weitere Kostenlose Bücher