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Acqua Mortale

Acqua Mortale

Titel: Acqua Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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Zeitung aus dem Handgepäck, in der Amandas Artikel war. Man sah Pirri, wie er sein Auto verkaufte. Im Hintergrund eine Straßenkreuzung, das leuchtende Kreuz an einer Apotheke und daneben eine Digitaluhr. 04.30., zeigte sie an. Lunau hatte das bei oberflächlicher Betrachtung für die Uhrzeit gehalten. Aber jetzt wurde ihm klar, dass es sich um das Datum handelte. Die Digitaluhr war für den internationalen Markt gemacht. Eines der Modelle, die alle paar Sekunden von der Datum-, auf die Uhrzeit- und dann auf die Temperaturanzeige umsprangen. 04.30. Das war internationaler Modus: Zuerst der Monat, dann der Tag : 30.04. Der dreißigste April. Freitag. Pirri hatte am Freitag sein Auto verkauft, am Tag nach dem Mord, wenige Stunden, ehe er nach Venedig zum Pokerturnier fuhr. Vielleicht hatte er das Auto gar nicht verkauft, weil er Spuren beseitigen wollte, sondern schlichtweg, weil er Geld für das Pokerturnier brauchte. Aber dann stimmte sein Mordmotiv nicht mehr.
    Das Mädchen streckte ihm die Bordkarte hin und sagte: »Guten Flug!«
    Lunau sah, wie Amanda durch die Schiebetür verschwand. Er schüttelte den Kopf. »Ich brauche meinen Koffer«, sagte er.
    »Der ist bereits in der Abfertigung.«
    »Er ist da hinten!«
    Lunau sah, wie sein grauer Trolley, zwischen einem knallroten Hartschalenkoffer und einer gelben Reisetasche, Richtung Schleuse rollte. Die schwarzen Gummilamellen fächerten sich auf, und der Hartschalenkoffer verschwand.
    »Halten Sie das Band an. Ich kann nicht fliegen.«
    Hinter Lunau schlug der Unmut in Empörung um. Das Mädchen hatte den roten Notknopf gedrückt, der Alarm jaulte, und die Kolleginnen an den Nachbarschaltern schauten vorwurfsvoll herüber. Die Angestellte ging über das Förderband und brachte Lunau den Koffer.
    »Danke«, sagte er.
    »Sie müssen mir die Bordkarte zurückgeben«, sagte das Mädchen mit knallroten Wangen.
    Er legte sie auf den Tresen, wuchtete seinen Koffer auf den Gepäckwagen und rannte hinaus. Er winkte ein Taxi herbei, suchte den Parkplatz nach dem blauen Wagen ab und warf sein Gepäck auf die Rückbank.
    »Das muss aber in den Kofferraum«, sagte der Fahrer. Ein pockennarbiger Mann mit glänzender Haut und schlechtem Atem.
    »Fahren Sie los«, sagte Lunau.
    »Wohin?«
    »Fahren Sie.«
    Das Taxi rollte von der Rampe für die Abflüge, zweihundert Meter weiter war ein mehrspuriger Verkehrskreisel, und da war auch Amandas Auto. Der Taxifahrer kramte in seinem Handschuhfach, zog einen Zahnstocher heraus, an dem Tabakkrümel hingen. Er wischte ihn an seinem Ärmel ab und steckte ihn sich in den Mund. Der blaue Wagen hatte den Blinker gesetzt, Amanda bog Richtung Innenstadt ab.
    »Folgen Sie dem blauen Auto.«
    Amandas Fahrweise war unverkennbar. Ihr Wagen schlingertebeim Spurwechsel und machte dazwischen Sprünge wie ein nervöses Rennpferd. Der Taxifahrer schüttelte missmutig den Kopf, beherrschte aber sein Geschäft und blieb dran. Amanda parkte vor einem Wohnblock, stieg aus und ging zu Fuß weiter. Das Taxi folgte. Sie steckte sich eine Zigarette an, setzte sich in eine Bushaltestelle und wartete. Nach der dritten Zigarette kam der Bus und nahm sie mit ins Zentrum. In der Innenstadt stieg sie aus. Sie ging ein Stück durch die Via dell’Indipendenza , bis zur Universität. Als sie durch den Haupteingang verschwand, stieg Lunau aus dem Taxi. Er war sicher, dass sie ihn nicht bemerkt hatte. Er zahlte, lud sein Gepäck aus und setzte sich in eine Bar.
    Er rief in Berlin an. Beate, die Redaktionssekretärin, ging sofort dran. Sie war die gute Seele auf dem Flur. Sechzig Jahre alt, beherrscht, geduldig, mit einem Elefantengedächtnis. Sie erstellte die Produktions- und Belegungspläne für die Studioräume, brachte Spesenabrechnungen und GEMA-Erklärungen in die vorschriftsmäßige Form, bearbeitete Urlaubsanträge und was immer sich an bürokratischem Kram außerhalb der einzelnen Redakteursbüros ansammelte. Sie wusste, welche Sprecher zu Nacht- und welche zu Tagterminen verfügbar waren und wer wann Geburtstag hatte.
    »Wir haben Sie gestern schon im Büro erwartet«, sagte sie.
    »Ich weiß. Die hiesige Polizei hatte mich aufs Kommissariat vorgeladen«, sagte Lunau.
    »Haben Sie etwa …?«
    »Keine Sorge. Ich stecke nicht in Schwierigkeiten. Ich versuche, es bis morgen oder übermorgen zu schaffen.«
    »Das müssen Sie«, sagte Beate. »Frau Dr. Gerstner hat für Donnerstag eine Redakteurskonferenz anberaumt. Es geht um das neue Unternehmenskonzept.«
    »Ich

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