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Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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in Wapping vorbeikommen würden.«
    »Mit meinem Anwalt?«
    »Wenn Ihnen das lieber ist, oder wenn Sie’s für nötig halten.«
    »Tu’ ich nicht, nein. Mama meinte, ich würde vielleicht bei der gerichtlichen Untersuchung einen Anwalt brauchen, der meine Interessen vertritt, falls das mit der geplatzten Verlobung rauskommt. Aber wenn Gerard starb, bevor er meinen Brief bekam, dann brauche ich mir deswegen ja wohl keine Gedanken mehr zu machen.«
    Sie stand auf und gab Kate und Daniel die Hand, machte aber keine Anstalten, sich auch von Claudia Etienne zu verabschieden. Doch an der Tür drehte sie sich noch einmal um, und als sie jetzt sprach, waren ihre Worte eindeutig an Claudia gerichtet.
    »Er hat nie versucht, mit mir zu schlafen, während wir verlobt waren, und deshalb glaube ich nicht, daß einer von uns in dieser Ehe viel Spaß gehabt hätte, oder?« Daniel hatte das Gefühl, wenn er und Kate nicht dabeigewesen wären, hätte sie sich deftiger ausgedrückt. »Ach, den lass’ ich dir besser da«, sagte sie noch und legte einen Schlüssel auf den Couchtisch. »Ich denke nicht, daß ich noch mal in diese Wohnung komme.«
    Im Gehen machte sie die Wohnzimmertür fest hinter sich zu, und gleich darauf hörten sie, wie draußen die Wohnungstür mit der gleichen Entschiedenheit geschlossen wurde.
    Claudia sagte: »Gerard war romantisch veranlagt. Er unterteilte die Frauen in solche, mit denen man Affären hat, und solche, die man heiratet. Die meisten Männer erwachen aus dieser Illusion, bevor sie volljährig werden. Daß er sich so darauf versteifte, war vielleicht die Reaktion darauf, daß er zu viele Eroberungen gemacht hat, die ihm einfach in den Schoß fielen. Ich wüßte gern, wie lange diese Ehe wohl gehalten hätte. Na, wenigstens eine Enttäuschung, die ihm erspart geblieben ist. Sagen Sie, brauchen Sie noch lange?«
    »Nein«, sagte Kate, »ich glaube nicht.«
    Und wirklich waren sie schon ein paar Minuten später fertig zum Gehen. Daniels letzter Eindruck von Claudia Etienne war der einer hochgewachsenen Gestalt, die abgewandt dastand und über den Balkon hinausblickte auf die schon erleuchteten Türme der Stadt. Sie erwiderte ihren Abschiedsgruß, ohne den Kopf zu wenden, und die beiden überließen sie dem Schweigen der leeren Wohnung und schlossen leise die Türen hinter sich.

41
    Als sie in der Hillgate Street fertig waren, holten Daniel und Kate den Wagen am Polizeirevier Notting Hill Gate ab und fuhren das kurze Stück bis zu Declan Cartwrights Laden. Das Geschäft hatte geöffnet, und im Verkaufsraum zeigte ein alter Mann mit Scheitelkäppchen und langem schwarzen Kaftan, der vom Alter schon fast Grünspan angesetzt hatte, einem Kunden ein viktorianisches Schreibpult. Zärtlich fuhr er mit den knochigen, leichenfahlen Fingern über die Einlegearbeit auf dem Deckel und war offenbar so vertieft, daß er weder ihr Eintreten bemerkte noch die Klingel anschlagen hörte, aber der Kunde drehte sich um, und da schaute auch der Alte auf.
    »Mr. Simon?« fragte Kate. »Wir sind mit Mr. Declan Cartwright verabredet.«
    Noch bevor sie ihren Dienstausweis vorzeigen konnte, sagte er: »Der ist hinten. Geradeaus durch. Ja, er ist hinten«, und damit wandte er sich hastig wieder dem Schreibpult zu. Seine Hände zitterten so heftig, daß die Finger auf dem Deckel klapperten. Kate fragte sich, was in seiner Vergangenheit ihm eine solche Angst vor der Obrigkeit, einen solchen Horror vor der Polizei eingeimpft haben mochte.
    Sie durchquerten den Laden, gingen drei Stufen hinunter und gelangten in eine Art Wintergarten. Inmitten eines Sammelsuriums verschiedenster Gegenstände verhandelte Declan Cartwright mit einem Kunden. Der war ein sehr dunkler Typ, korpulent, trug einen Mantel mit Lammfellkragen, gekrönt von einem flotten Filzhut, und betrachtete soeben eine Kamee durch eine Lupe. Kate konnte nur vermuten, daß jemand, der sich aus freien Stücken so zur Karikatur eines Ganoven stilisierte, es kaum wagen würde, auch tatsächlich einer zu sein. Sobald er Kate und Daniel bemerkte, sagte Cartwright: »Hör mal, Charlie, geh doch auf einen Drink in die Kneipe und denk noch mal drüber nach. In ’ner halben Stunde kannst du wiederkommen. Ich krieg’ grade Besuch von den Bullen. Bin da nämlich in einen Mordfall reingeschlittert. Nein, nein, mach nicht gleich so ’n Gesicht, ich bin’s ja nicht gewesen. Ich muß bloß jemandem ein Alibi liefern, der’s gewesen sein könnte.«
    Der Kunde warf nur einen

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