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Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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verstohlenen Blick auf die beiden Polizisten und machte einen lässigen Abgang.
    Kate zückte ihren Dienstausweis, aber Declan winkte ab. »Schon gut, lassen Sie stecken. Die Polizei erkenne ich auch so, wenn sie vor mir steht.«
    Er muß einmal ein auffallend hübsches Kind gewesen sein, dachte Kate, und es lag immer noch etwas Kindliches in dem jungenhaften Gesicht mit dem ungebändigten Lockenschopf über der hohen Stirn, den großen Augen und dem schön geformten, aber verdrießlichen Mund. Der prüfende Blick allerdings, mit dem Cartwright sie und Daniel musterte, war sehr erwachsen und sehr anzüglich. Sie spürte, wie Daniel sich neben ihr verkrampfte, und dachte: »Nicht sein Typ, und meiner ganz bestimmt auch nicht.«
    Wie Farlow beantwortete auch Cartwright ihre Fragen mit leicht spöttischer Unbekümmertheit, aber zwischen den beiden bestand doch ein wesentlicher Unterschied. Bei Farlow hatte sie Intelligenz gespürt und eine innere Kraft, die den jämmerlich ausgezehrten Körper noch immer beherrschte. Declan Cartwright aber war schwach und verängstigt, und er reagierte genauso erschrocken wie vorhin der alte Simon, nur aus einem anderen Grund. Seine Stimme war schrill, die Hände bewegten sich rastlos, und seine Versuche, witzig zu sein, überzeugten genausowenig wie sein Akzent. »Meine Verlobte hat mir schon gesagt, daß Sie vorbeikommen würden. Ich nehme ja nicht an, daß Sie hier sind, um sich Antiquitäten anzuschauen, aber ich hätte da ein paar hübsche kleine Staffordshire-Okkasionen, die eben erst reingekommen sind. Alles legal erworben, versteht sich. Ich könnte Ihnen einen sehr guten Preis machen, falls Sie nicht denken, das sei unstatthafte Beeinflussung der Polizei in Ausübung ihrer Pflichten.«
    Kate fragte: »Sie und Miss Etienne sind offiziell verlobt?«
    »Ich bin mit ihr verlobt, aber ich weiß nicht genau, ob sie auch mit mir verlobt ist. Das müssen Sie sie schon selber fragen. Mit Claudia verlobt zu sein ist eine Zitterpartie, die ganz davon abhängt, wie sie jeweils drauf ist. Aber als wir Donnerstag abend die Themsefahrt machten, da waren wir verlobt – glaub’ ich wenigstens.«
    »Und wann hatten Sie diesen Ausflug vereinbart?«
    »Ach, das war schon ’ne ganze Weile her. An dem Abend von Sonia Clements’ Begräbnis. Bestimmt wissen Sie das von Sonia Clements.«
    »War das nicht ein bißchen seltsam, eine Bootsfahrt so lange vorher zu planen?« fragte Kate.
    »Claudia plant gern alles eine Woche im voraus. Sie ist perfekt organisiert. Aber in dem Fall hatten wir einen besonderen Grund. Am Donnerstag, dem 14. Oktober, fand morgens die Gesellschafterkonferenz statt. Und von der wollte sie mir abends ausführlich berichten.«
    »Und? Hat sie Ihnen ausführlich Bericht erstattet?«
    »Na ja, sie hat erzählt, daß die Gesellschafter Innocent House verkaufen und den Verlag in die Docklands umsiedeln werden und daß sie irgendwen rausschmeißen, ich glaube, den Buchhalter. An die Einzelheiten erinnere ich mich nicht mehr so genau. Es war alles reichlich langweilig.«
    »Der ganze Aufwand mit der Bootsfahrt hat sich also kaum gelohnt«, sagte Daniel.
    »Ach, aber man kann auf so einem Kahn auch noch was anderes machen als über Geschäfte reden, selbst wenn die Kabine ein bißchen eng ist. Und diese Stahlkapseln am Flutsperrwerk haben was sehr Erotisches. Ihr zwei solltet euch mal ein Polizeiboot ausleihen. Sie werden überrascht sein, was alles in Ihnen steckt.«
    »Von wann bis wann hat Ihr Ausflug gedauert?« fragte Kate unbeeindruckt.
    »Losgefahren sind wir genau um halb sieben, als die Fähre von Charing Cross zurückkam und wir sie übernehmen konnten. Und zurückgekommen sind wir gegen halb elf. Claudia hat mich dann von Innocent House heimgefahren, und hier dürften wir so gegen elf angekommen sein. Und daß sie nicht vor zwei Uhr früh wieder weg ist, hat sie Ihnen vermutlich schon erzählt.«
    »Ich nehme an, Mr. Simon kann Ihre Aussage bestätigen? Oder wohnt er nicht hier?«
    »Ich fürchte, da muß ich Sie enttäuschen. Tut mir echt leid. Aber der arme alte Schatz wird langsam gräßlich taub. Wir schleichen zwar immer noch ganz leise die Treppe hoch, um ihn nicht zu stören, aber das ist mittlerweile völlig überflüssig. Halt, warten Sie, er könnte vielleicht mitgekriegt haben, wann wir gekommen sind. Eventuell hat er nämlich seine Tür nur angelehnt gelassen. Er schläft einfach besser, wenn er weiß, daß der Junge heil und gesund daheim im Bettchen liegt.

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