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Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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gelangen. Oder er könnte auch nach Dunkelwerden aufs Dach klettern und sich dann mit einem Seil an der Mauer runterlassen und zum Fenster einsteigen. Manchmal hörte sie sogar schon wen an die Scheibe pochen. Wenn was Gruseliges im Fernsehen war, wurde es besonders schlimm. Sie hat nie gern allein ferngesehen.«
    Armes Ding, dachte Kate. Das also waren die Schreckensbilder einer lebhaften Phantasie, vor denen Daisy, die Nacht für Nacht allein gelassen wurde, sich in Mrs. Carlings Wohnung geflüchtet hatte. Wovor mochte wohl Mrs. Carling in diese ungleiche Freundschaft geflohen sein? Langeweile, Einsamkeit, ebenfalls eingebildete Ängste? Offenbar hatten die beiden gegenseitig ihr Bedürfnis nach Gesellschaft befriedigt, hatten eine der anderen ein Gefühl der Geborgenheit vermittelt und die kleinen Annehmlichkeiten häuslichen Familienlebens geteilt.
    Dalgliesh sagte: »Du hast dem Inspector und der Polizistin auch gesagt, daß du am Donnerstag, dem 14. Oktober – das war der Tag, an dem Mr. Etienne gestorben ist –, also daß du da von sechs Uhr abends an bei Mrs. Carling warst, bis sie dich gegen Mitternacht wieder raufgebracht hat. Ist das die Wahrheit?«
    Da war sie endlich, die entscheidende Frage, und Kate hatte das Gefühl, sie warteten mit angehaltenem Atem auf die Antwort. Das Kind sah Dalgliesh weiter ruhig an. Sie hörten, wie die Mutter an ihrer Zigarette zog, aber auch sie sagte nichts.
    Die Sekunden verrannen, dann sagte Daisy plötzlich: »Nein, das ist nicht wahr gewesen. Tante Esme hat mich gebeten, daß ich für sie lüge.«
    »Wann hat sie dich darum gebeten?«
    »Am Freitag, einen Tag, nachdem Mr. Etienne umgebracht wurde. Sie hat auf mich gewartet, als ich aus der Schule kam, und wir sind zusammen mit dem Bus heimgefahren. Wir haben auf dem Oberdeck gesessen, wo’s nicht so voll ist, und sie hat mir erklärt, daß die Polizei kommen und fragen würde, wo sie war, und daß ich sagen solle, wir hätten den Abend und die Nacht zusammen verbracht. Sie hat gesagt, die Polizei würde vielleicht glauben, sie hätte Mr. Etienne getötet, weil sie doch Kriminalschriftstellerin ist und alles über Mord weiß, und weil sie so tolle Plots konstruieren kann. Die Polizei, hat sie gemeint, würde es ihr vielleicht anhängen wollen, weil sie ein Motiv hätte. In ihrem Verlag, also bei Peverell, haben nämlich alle gewußt, daß sie Mr. Etienne gehaßt hat, weil er ihr neues Buch nicht drucken wollte.«
    »Aber du hast nicht geglaubt, daß sie Mr. Etienne umgebracht hat, nicht, Daisy? Sag uns doch mal, warum.«
    Die scharfen kleinen Augen blickten fest in die seinen. »Sie wissen, warum.«
    »Ja, und Inspector Miskin weiß es auch. Aber sag es uns trotzdem.«
    »Wenn sie’s gewesen wäre, dann hätte sie mich noch in derselben Nacht besucht, ehe Mami nach Hause kam, und um ein Alibi gebeten. Sie hat aber erst gefragt, als die Leiche gefunden wurde. Und sie wußte nicht mal, wann Mr. Etienne gestorben ist. Sie hat gesagt, ich muß ihr unbedingt ein Alibi für den ganzen Abend geben, und sicherheitshalber auch noch für die Nacht. Tante Esme hat gemeint, wir müßten unbedingt beide genau die gleiche Geschichte erzählen, weil die Polizei sonst versuchen würde, uns bei einem Widerspruch zu ertappen. Also hab’ ich dem Inspector alles genauso erzählt, wie’s gewesen ist – außer, was im Fernsehen lief. Nur daß alles einen Abend vorher passiert war.«
    »Das ist die zuverlässigste Art, ein Alibi zu konstruieren«, sagte Dalgliesh anerkennend. »Man hält sich im wesentlichen an die Wahrheit, damit man keine Angst zu haben braucht, daß der andere, der Partner oder Zeuge, etwas anderes sagt. War das eigentlich deine Idee?«
    »Ja.«
    »Da können wir nur hoffen, daß du dich später nicht ernsthaft für eine Verbrecherlaufbahn interessierst, Daisy. Aber jetzt paß auf, was ich dich nun frage, ist sehr wichtig, und ich möchte, daß du gut nachdenkst, bevor du darauf antwortest. Willst du das tun?«
    »Ja.«
    »Hat Mrs. Carling dir auch erzählt, was an diesem Donnerstagabend, also an dem Abend, als Mr. Etienne starb, in Innocent House passiert ist?«
    »Sehr viel hat sie mir nicht erzählt. Nur daß sie da war und mit Mr. Etienne gesprochen hat. Aber der lebte noch, als sie wieder ging. Er hatte einen Anruf gekriegt und mußte nach oben. Zu ihr hat er gesagt, es würde nicht lange dauern. Aber dann blieb er doch so lange weg, daß ihr die Warterei zu dumm wurde und sie schließlich gegangen ist.«
    »Sie

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