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Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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interessantes, vielleicht sogar lukratives Verlagsprojekt werden, ein Buch mit alternativen Beisetzungsriten für Humanisten, Atheisten und Agnostiker, ein Manifest der Erinnerung, ein Lobpreis des menschlichen Geistes ohne Relation zu einem möglichen Weiterleben nach dem Tod. De Witts langer, offener Mantel wehte ihm um die Knie, als er mit großen Schritten dem Bahnhof zustrebte und sich dabei insgeheim damit unterhielt, Prosa- und Versstellen auszuwählen, die für ein solches Buch in Frage kämen. De la Mares Der Schönheit sag adieu würde den gewissen nostalgisch-melancholischen Ton hineinbringen. Dann vielleicht Oliver Gogartys Non Dolet, von Keats die Ode an den Herbst, falls der Tote ein hohes Alter erreicht hatte, und Shelleys An die Feldlerche, wenn er jung gestorben war. Für den Naturfreund Wordsworth’ meditative Zeilen, geschrieben einige Meilen oberhalb von Tintern Abbey. Statt der Choräle könnte man Chansons singen lassen, und der langsame Satz aus Beethovens 5. Klavierkonzert wäre ein würdiger Trauermarsch. Und natürlich konnte man notfalls auf das dritte Kapitel aus dem Prediger Salomo zurückgreifen, das paßte eigentlich immer:
    Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vornehmen unter dem Himmel hat seine Stunde.
    Geboren werden und sterben,
    pflanzen und ausrotten, was gepflanzt ist,
    würgen und heilen, niederreißen und auftauen.
    Ja, er hätte eine Gedenkfeier für Sonia ausrichten können, vielleicht mit ein paar eingestreuten Zitaten aus einem Buch, das sie in Auftrag gegeben und lektoriert hatte, eine Würdigung für vierundzwanzig Jahre Verlagsarbeit, wie sie der lebenden Sonia gefallen hätte. Eigentlich seltsam, dachte er, wie wichtig wir diese Nachrufe nehmen; dabei sind sie im Grunde doch nur eine barmherzige Erfindung zum Trost für die Hinterbliebenen, denn den Toten bedeuten sie ja nichts mehr.
    In Notting Hill Gate lief er noch rasch in den Supermarkt und kaufte zwei Packungen fettarme Milch und eine Flasche Spülmittel, bevor er heimging. Zu Hause angekommen, schloß er die Tür leise hinter sich, denn Rupert hatte offenbar Besuch; man hörte deutlich Musik und Stimmen von oben. Eigentlich hatte er gehofft, daß Rupert heute einmal allein wäre, und wie so oft wunderte er sich, daß ein so schwerkranker Mensch soviel Krach verkraften konnte. Allerdings ging es dabei immer sehr vergnügt zu, und der Trubel dauerte jeweils nur eine gewisse Zeit. Mit den Reaktionen, die sich trotzdem zwangsläufig hinterher bei Rupert einstellten, mußte allerdings dann er, James, allein fertig werden. Plötzlich hatte er das Gefühl, daß er heute keinen von diesen Leuten sehen könne. Statt dessen ging er, noch im Mantel, in die Küche, machte sich einen Tee und nahm die Tasse mit hinaus in den Garten, wo er sich auf die Holzbank neben der Hintertür setzte und Stille und Dämmerung auf sich wirken ließ. Für Ende September war der Abend noch warm, und während er, keine hundert Meter weit vom Trubel und Lichterglanz von Notting Hill Gate entfernt, dasaß und zusah, wie es langsam finster wurde, war ihm, als flössen in der Stille dieses kleinen Gartens alle Süße des schwindenden Sommers und die ganze lehmige Schwere des nahenden Herbstes zusammen.
    In den zehn Jahren, seit seine Patentante es ihm vermacht hatte, war er nicht müde geworden, sich an diesem Haus zu freuen. Dabei hätte er nie erwartet, daß ausgerechnet er sich so rückhaltlos an etwas Eigenem freuen könnte, er, der sich von Kindheit an der Täuschung hingegeben hatte, daß materieller Besitz ihm – mit Ausnahme seiner Bilder – nichts bedeute. Inzwischen wußte er, daß zumindest ein Besitztum, und zwar ausgerechnet das solideste und dauerhafteste, eben dieses Haus, mit die wichtigste Rolle in seinem Leben spielte. Er mochte die bescheidene Regency-Fassade, die Läden vor den Fenstern, die beiden ineinandergehenden Wohnzimmer im ersten Stock, wo man nach vorn auf die Straße schauen und hinten, von einem angebauten Wintergarten aus, den Blick auf den eigenen und die Nachbargärten genießen konnte. Er mochte auch die Möbel aus dem vorletzten Jahrhundert, die seine Patentante mitgebracht hatte, als es sie, relativ verarmt, hierher verschlug, in die damals noch ziemlich triste Straße, die, bis sie entdeckt und aufgewertet wurde, ein eher schäbiges Bild bot. Außer ihren Bildern hatte die Patin ihm alles vererbt, doch da ihrer beider Kunstgeschmack auseinanderging, machte er sich nichts daraus. Im Wohnzimmer waren

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