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Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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dich ja an wie der Staatsanwalt. Und du stehst auf Euphemismen, nicht? Er wußte es, weil Eric es ihm gesagt hat. Etienne erkundigte sich nach seinem nächsten Buch. Peverell hatte an seinem ersten Reiseführer nämlich recht gut verdient. Etienne hatte es günstig gekriegt und hoffte wahrscheinlich, mit dem nächsten Manuskript wieder so ein Schnäppchen zu machen. Aber Eric sagte ihm, daß es kein nächstes Buch geben würde. Weil er weder die Kraft noch die Lust hätte, eins zu schreiben. Weil er mit dem Rest seines Lebens andere Pläne hätte.«
    »Und dazu gehörtest du.«
    »Zum Schluß, ja. Zwei Wochen nach diesem Gespräch mit Eric arrangierte Etienne die Bootsfahrt. An sich schon verdächtig, findest du nicht? Ist doch eigentlich gar nicht sein Ding. Tucker, tucker die gute alte Themse runter, um die Flutbarriere zu besichtigen, tucker, tucker mit Räucherlachs-Sandwiches und Champagner wieder retour. Wie hast du dich übrigens vor diesem feuchtfröhlichen Ausflug gedrückt?«
    »Ich war gerade in Frankreich.«
    »Richtig, ja. Deine zweite Heimat. Komisch, daß es dem alten Etienne so gar nichts ausgemacht hat, all die Jahre in der Fremde zu leben, ohne das teure Vaterland je wiederzusehen. Gerard und Claudia fahren auch nie rüber, oder? Dabei sollte man doch meinen, sie wären irgendwann neugierig auf die Gegend, in der ihr Papa und seine Kameraden so einen Heidenspaß dabei hatten, die Deutschen aus dem Hinterhalt abzuknallen. Aber sie zieht es trotzdem nicht nach Frankreich, während du nicht genug davon kriegen kannst. Was treibst du da eigentlich, stellst du Nachforschungen über den Alten an?«
    »Was? Wie käme ich dazu?«
    »Das war nur so dahingesagt, ich hab’ mir nichts dabei gedacht. Dem alten Etienne würdest du sowieso nichts anhängen können. Der hat Brief und Siegel darauf, daß er ein Held ist, daran ist nicht zu deuteln.«
    »Erzähl mir lieber noch was von der Bootsfahrt.«
    »Ach, das war der übliche Zirkus. Gackernde Tippsen. Miss Blackett ein bißchen beschwipst, rot und verquollen im Gesicht, dieses gräßlich neckische Altjungferngetue. Sie hatte diese Kindergarten-Schlange dabei. Hissing Sid, so haben die Mädchen im Lektorat sie getauft. Außergewöhnliche Person, die Blackett. Ich hätte geschworen, daß sie keinen Funken Humor hat, wenn diese Schlange nicht gewesen wäre. Ein paar von den Mädchen haben sie über die Reling gehalten und gedroht, sie zu ersäufen, und eine tat sogar so, als würde sie ihr Champagner einflößen. Zum Schluß wickelten sie sie Eric um den Hals, und der hat sie dann den ganzen Heimweg getragen. Aber das war erst später.
    Auf der Fahrt flußaufwärts hatte ich mich vor dem Trubel an den Bug geflüchtet, und da stand Eric, ganz allein und reglos wie eine Galionsfigur. Dann wandte er sich um und sah mich.« Rupert stockte und wiederholte dann fast flüsternd: »Er wandte sich um und sah mich an. James, was ich dir eben erzählt habe, solltest du lieber vergessen.«
    »Nein, das werde ich nicht tun. Aber sagst du mir auch die Wahrheit?«
    »Natürlich, tu’ ich doch immer, oder?«
    »Nein, Rupert, nicht immer.«
    Plötzlich wurde er aus seinem Tagtraum aufgeschreckt. Die Küchentür flog auf, und einer von Ruperts Freunden steckte den Kopf in den Flur. »Mir war doch so, als ob ich die Haustür gehört hätte. Wir wollten gerade verduften. Rupert hat schon nach Ihnen gefragt. Sonst gehen Sie doch immer gleich rauf.«
    »Ja«, sagte er, »sonst geh’ ich immer gleich rauf.«
    »Und was machen Sie dann heute hier unten?«
    Die Frage klang eher desinteressiert, aber James antwortete gewissenhaft: »Ich habe übers dritte Kapitel vom Prediger Salomo nachgedacht.«
    »Ich glaube, Rupert wartet auf Sie.«
    »Bin schon unterwegs«, sagte er und stieg, schwerfällig wie ein alter Mann, die Treppe hinauf zu dem überheizten, exotischen, überladenen Durcheinander, in das sich sein Wohnzimmer verwandelt hatte.

8
    Es war neun Uhr abends, und im Obergeschoß eines Reihenhauses gleich hinter Westbourne Grove lag Claudia Etienne mit ihrem Geliebten im Bett.
    »Ich möchte mal wissen«, sagte sie, »warum einen Begräbnisse immer so geil machen. Liegt wohl an der prickelnden Verbindung von Sex und Tod. Hast du gewußt, daß die Prostituierten in viktorianischer Zeit ihre Kunden im Kirchhof auf den Grabplatten bedient haben?«
    »Muß reichlich hart, kalt und unheimlich gewesen sein. Hoffentlich haben sie sich Hämorrhoiden dabei geholt. Mich würde so was nicht

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