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Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Titel: Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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nachdem das Testament verfasst worden war.
Sowohl wir als auch die Familie erfuhren erst drei Tage nach Peregrine
Westhalls Tod von seiner Existenz. Candace fand es in einer
verschlossenen Schublade im Schlafzimmer, wo der alte Mann vertrauliche
Unterlagen aufbewahrte. Man hat Ihnen vielleicht erzählt, dass
Peregrine Westhall in der Zeit, als er in demselben Pflegeheim
untergebracht war wie sein verstorbener Vater, ganz gerne Testamente
verfasst hat. Meistens handelte es sich dabei um eigenhändig
niedergelegte Verfügungen, die er von den Pflegerinnen bezeugen ließ.
Er schien beim Vernichten der Testamente genauso viel Freude gehabt zu
haben wie beim Schreiben. Wahrscheinlich wollte er seiner Familie
demonstrieren, dass es in seiner Macht stand, seine Meinung jederzeit
zu ändern.«
    »Er hatte das Testament also nicht versteckt?«
    »Offenbar nicht. Candace sagte, es lag in einem versiegelten
Umschlag in einer Schublade im Schlafzimmerschrank, deren Schlüssel er
unter seinem Kissen aufbewahrte.«
    »War ihr Vater zu dem Zeitpunkt, als es unterschrieben wurde,
noch in der Lage, ohne fremde Hilfe aufzustehen und es in die Schublade
zu legen?«, fragte Dalgliesh.
    »Offenbar, außer eines der Dienstmädchen oder ein Besucher hat
es auf seine Bitte hin dort hineingelegt. Kein Mitglied der Familie
oder des Haushalts gibt an, etwas davon gewusst zu haben. Wir haben
natürlich keine Ahnung, wann es wirklich in die Schublade gelegt wurde.
Vielleicht kurz nachdem es aufgesetzt worden war. Da war Peregrine
Westhall sicherlich noch in der Lage, sich ohne Hilfe zu bewegen.«
    »An wen war der Umschlag adressiert?«
    »Der Umschlag war nicht dabei. Candace sagte, sie hätte ihn
weggeworfen.«
    »Aber Sie haben eine Kopie des Testaments bekommen?«
    »Ja, über meinen Bruder. Er wusste, dass mich alles
interessieren würde, was meine alten Klienten betrifft. Vielleicht
wollte er mir das Gefühl geben, ich wäre noch beteiligt. Unser Gespräch
nimmt langsam die Form eines Kreuzverhörs an, Commander. Bitte denken
Sie nicht, ich hätte etwas dagegen. Es ist bloß eine Weile her, seit
ich meinen Verstand gebrauchen musste.«
    »Als Sie das Testament gesehen haben, haben Sie nicht an
seiner Echtheit gezweifelt?«
    »Ganz und gar nicht. Das tue ich auch jetzt nicht. Weshalb
auch? Sicherlich wissen Sie, dass ein handschriftlich verfasstes
Testament so gültig ist wie jedes andere auch, solange es
unterzeichnet, datiert und bezeugt ist. Niemand, der Peregrine
Westhalls Handschrift kennt, könnte daran zweifeln, dass er dieses
Testament eigenhändig verfasst hat. Die Verfügungen entsprechen genau
denen, die er in einem älteren Testament gemacht hat, nicht in dem
unmittelbar vorhergehenden, sondern in einem, das im Jahr 1995 in
meiner Kanzlei mit Maschine geschrieben wurde. Ich habe es ihm
vorbeigebracht, in das Haus, in dem er damals wohnte, und zwei meiner
Mitarbeiter, die eigens deshalb mitgekommen waren, fungierten als
Zeugen. Die Regelungen waren in hohem Maße vernünftig. Mit Ausnahme der
Bibliothek, die seine Universität bekommen sollte, falls sie das
wünschte, wurde alles, was er besaß, zu gleichen Teilen seinem Sohn
Marcus und seiner Tochter Candace hinterlassen. Ausnahmsweise hatte er
sich einmal in Gerechtigkeit gegenüber dem verachteten Geschlecht
geübt. Ich hatte einigen Einfluss auf ihn, während ich noch praktiziert
habe. Und davon habe ich auch Gebrauch gemacht.«
    »Gab es noch ein anderes Testament vor diesem hier, das nun
vollstreckt wurde?«
    »Ja, es wurde in dem Monat verfasst, bevor Peregrine Westhall
das Pflegeheim verließ und zu Candace und Marcus ins Stone Cottage zog.
Sie können es sich ansehen. Auch das war eigenhändig verfasst. Sie
können die Handschriften vergleichen. Wenn Sie so freundlich wären, den
Sekretär aufzuschließen und den Deckel anzuheben … Sie finden
eine schwarze Dokumentenkassette darin. Es ist die einzige, die ich
mitgenommen habe. Vielleicht brauchte ich sie als eine Art Talisman,
als Versicherung, dass ich eines Tages wieder arbeiten könnte.«
    Seine langen, gekrümmten Finger verschwanden in der
Innentasche seines Jacketts und zogen einen Schlüsselring hervor.
Dalgliesh stellte die Dokumentenkassette vor ihm auf den Tisch. Der
kleinere Schlüssel an dem Ring passte.
    »Wie Sie gleich sehen werden, widerruft er hier das
vorangegangene Testament und vererbt die Hälfte seines Vermögens seinem
Neffen Robin Boyton, die andere Hälfte soll zu gleichen Teilen an
Marcus und

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