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Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Titel: Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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Patienten, der nicht
sicher auf den Beinen war. Trotzdem war es warm im Zimmer, unangenehm
warm. Die Zentralheizung musste voll aufgedreht sein. Aber ein leerer
Kaminrost wirkt freudlos, und auf dem Kaminsims stand nur eine einzige
Porzellanfigur, eine Frau mit Reifrock, Haube und einer völlig
deplatziert wirkenden Gärtnerhacke in der Hand. Kershaw dürfte sie kaum
selber dort hingestellt haben. Andererseits konnte man einen Hausarrest
oder dergleichen auch in schlimmeren Räumlichkeiten verbringen. Das
einzige Möbelstück, von dem Dalgliesh vermutete, dass Kershaw es
mitgebracht hatte, war ein langes Bücherbord aus Eichenholz, in dem die
Bücher so eng standen, dass es aussah, als wären sie zusammengeklebt.
    Dalgliesh blickte zum Fenster hin und sagte: »Die Aussicht
hier ist wirklich eindrucksvoll.«
    »O ja. Ich werde häufig daran erinnert, dass ich mich
glücklich schätzen kann, dieses Zimmer bekommen zu haben und es mir
leisten zu können. Im Gegensatz zu einigen anderen Pflegeheimen lassen
sie sich hier gütigerweise dazu herab, einen bis zum Tode zu pflegen,
wenn nötig. Vielleicht möchten Sie die Aussicht etwas genauer
betrachten.«
    Das war ein ungewöhnlicher Vorschlag, aber Dalgliesh folgte
Kershaws angestrengten Schritten zu dem Erkerfenster mit den zwei
kleineren Seitenfenstern, die einen Panoramablick auf den Ärmelkanal
boten. Es war ein grauer Vormittag, und wenn die Sonne einmal
durchschien, dann nur kurz. Der Horizont war eine undeutliche Linie
zwischen dem Meer und dem Himmel. Unter den Fenstern befand sich eine
Steinterrasse mit drei regelmäßig angeordneten Holzbänken. Darunter
fiel der Hang etwa zwanzig Meter zum Meer hin ab. Er war dicht mit
einem Gewirr von Bäumen und Sträuchern bewachsen, aus dem die dicken,
glänzenden Blätter der immergrünen Pflanzen hervorstachen. Nur dort, wo
der Bewuchs dünner war, konnte Dalgliesh einen Blick auf die
Spaziergänger an der Promenade erhaschen, die wie Schatten auf leisen
Sohlen vorbeiliefen.
    »Ich kann die Aussicht nur im Stehen genießen«, sagte Kershaw,
»und das fällt mir mittlerweile ziemlich schwer. Ich bin zu vertraut
mit dem Wechsel der Jahreszeiten, dem Himmel, der See, den Bäumen, mit
manchen der Sträucher. Menschliches Leben findet da unten statt, außer
Reichweite. Da ich nicht den Wunsch habe, mich mit diesen fast
unsichtbaren Gestalten zu beschäftigen, weshalb fühle ich mich dann der
Gesellschaft beraubt, um die ich mich nicht bemühe und die mir auch
sehr missfallen würde? Die anderen Gäste – hier auf der
Huntingdon Lodge bezeichnen wir uns nicht als Patienten –
haben längst alle Themen verbraucht, an denen sie Interesse haben: das
Essen, das Wetter, die Angestellten, das gestrige Fernsehprogramm und
die Marotten der anderen. Es ist nicht richtig, zu leben, bis man das
Licht des Morgens nicht mit Erleichterung und keinesfalls mit Freude
begrüßt, sondern voller Enttäuschung und einem Bedauern, das an
Verzweiflung grenzt. Ich habe dieses Stadium noch nicht ganz erreicht,
aber es nähert sich. Genau wie die ultimative Dunkelheit natürlich. Ich
erwähne den Tod nicht, weil ich unserem Gespräch eine morbide Note
verleihen, oder, Gott bewahre, Mitleid erregen will. Aber es ist gut zu
wissen, wo wir stehen, bevor wir uns unterhalten. Sie und ich, Mr.
Dalgliesh, werden die Dinge unterschiedlich betrachten, das ist
unvermeidlich. Aber Sie sind nicht hier, um mit mir über die Aussicht
zu sprechen. Vielleicht sollten wir nun zur Sache kommen.«
    Dalgliesh öffnete seine Aktentasche und legte Robin Boytons
Kopie von Peregrine Westhalls Testament auf den Tisch. »Es ist sehr
freundlich von Ihnen, mich zu empfangen. Bitte sagen Sie es, wenn ich
Sie ermüde.«
    »Ich halte es für äußerst unwahrscheinlich, Commander, dass
Sie mich so sehr ermüden oder langweilen, dass ich es nicht mehr
ertragen könnte.«
    Er hatte Dalglieshs Rang zum ersten Mal erwähnt. Dalgliesh
begann: »Soweit ich informiert bin, haben Sie die Familie Westhall
vertreten, was das Testament des Großvaters als auch des Vaters anging.«
    »Nicht ich, sondern unsere Familienkanzlei. Seit ich hier vor
elf Monaten aufgenommen wurde, werden die Routineangelegenheiten von
meinem jüngeren Bruder in der Kanzlei in Poole erledigt. Aber er hält
mich auf dem Laufenden.«
    »Sie waren demnach nicht anwesend, als dieses Testament
geschrieben oder unterzeichnet wurde.«
    »Das war kein Mitarbeiter unserer Kanzlei. Uns wurde auch
keine Kopie zugeschickt,

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