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Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Titel: Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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sprach ohne Groll, beinahe ohne Interesse. Nach der
Ermittlung hatten sie Candace' Selbstmord nur selten erwähnt, und wenn,
dann immer voller Unbehagen. Warum, fragte sie sich, hatte er nur
diesen Moment gewählt, diesen gemeinsamen Spaziergang, um die
schmerzvolle Vergangenheit wieder aufzugreifen? Wollte er damit auf
seine Weise zu einem förmlichen Abschluss kommen, wollte er damit
ausdrücken, dass es nun Zeit war, mit dem Gerede und den Spekulationen
aufzuhören?
    »Und Flavia? Denkst du an sie genauso wenig wie an Sharon?«
    »Nein, wir haben Kontakt. Sie wird heiraten.«
    »So bald schon?«
    »Sie hat jemanden über das Internet kennengelernt. Sie
schreibt, es sei ein Anwalt, seit zwei Jahren verwitwet mit einer
dreijährigen Tochter. Um die vierzig, einsam, und er sucht eine Frau,
die Kinder liebt. Sie ist sehr glücklich, sagt sie. Jetzt hat sie
endlich, was sie immer wollte. Es zeugt von großer Klugheit, wenn
jemand weiß, was er im Leben will, und alle Energie darauf verwendet,
es zu bekommen.«
    Sie hatten mittlerweile die Allee verlassen und traten durch
die Westtür wieder ins Haus. Als er ihr einen kurzen Blick zuwarf, sah
er, wie sie in sich hineinlächelte.
    »Ja, das war sehr klug von ihr«, sagte sie. »Nach diesem
Grundsatz habe ich auch immer gehandelt.«

2
    H elena hatte Lettie die Neuigkeit in der
Bibliothek überbracht. »Du bist doch nicht etwa dagegen?«, fragte sie.
    »Ich habe nicht das Recht, dagegen zu sein, nur das Recht,
mich um dich zu sorgen. Du liebst ihn nicht.«
    »Vielleicht noch nicht jetzt, noch nicht tief, aber das kommt
noch. Jede Ehe ist ein Prozess, man verliebt sich oder man liebt sich
nicht mehr. Keine Sorge, wir werden im Bett und außerhalb davon gut
zueinander passen. Diese Ehe wird von Dauer sein.«
    »Und die Fahne der Cressetts weht wieder über dem Manor, und
irgendwann wird ein Kind von dir hier leben.«
    »Liebe Lettie, wie gut du mich verstehst.«
    Nun war Lettie wieder allein und dachte über das Angebot nach,
das Helena ihr gemacht hatte, bevor sie sich verabschiedet hatten. Sie
schlenderte durch den Garten, ohne etwas wahrzunehmen. Dann spazierte
sie wie so oft die Lindenallee entlang zum Steinkreis. Sie warf einen
Blick zurück zu den Fenstern des Westflügels und dachte an die
Privatpatientin, deren Ermordung das Leben all derer verändert hatte,
die damit in Berührung gekommen waren, ob schuldig oder unschuldig.
Aber war das nicht immer so, wenn Gewalt im Spiel war? Was die Narbe
auch immer für Rhoda Gradwyn bedeutet haben mochte – eine
Sühne, ihr persönliches noli me tangere , trotziger
Widerstand, eine Mahnung –, aus irgendeinem Grund, den niemand
im Manor kannte oder jemals kennen würde, hatte sie beschlossen, sich
davon zu befreien und den Lauf ihres Lebens zu ändern. Ihr hatte man
diese Hoffnung genommen; das Leben anderer hingegen war unwiderruflich
verändert worden.
    Rhoda Gradwyn war natürlich noch jung gewesen, jünger als sie,
Lettie, die mit ihren sechzig Jahren wusste, dass sie älter aussah.
Aber warum sollten nicht noch zwanzig relativ aktive Jahre vor ihr
liegen? Sollte sie sich jetzt schon in der Sicherheit und Behaglichkeit
des Manor einrichten? Sie malte sich aus, wie dieses Leben aussehen
würde. Ein Cottage, das sie ihr Eigen nennen konnte, eingerichtet nach
ihrem Geschmack, ein Garten, den sie gestalten und genießen durfte, ein
sinnvoller, wenig anstrengender Beruf mit Menschen, die sie
respektierte, ihre Bücher und ihre Musik, die Bibliothek im Manor, die
ihr zur Verfügung stand, täglich die englische Luft in einem der
hübschesten Countys atmen zu können, vielleicht die Freude, ein Kind
von Helena aufwachsen zu sehen. Und was war mit der ferneren Zukunft?
Vielleicht noch zwanzig Jahre eines nützlichen und relativ unabhängigen
Lebens, bevor sie zu einer Belastung wurde, in ihren Augen, vielleicht
auch in Helenas. Aber es würden gute Jahre sein.
    Sie hatte sich längst daran gewöhnt, die weite Welt jenseits
des Manor als fremd und potenziell feindlich zu betrachten: ein
England, das sie nicht mehr wiedererkannte, die Erde ein sterbender
Planet, auf der sich sechs Milliarden Menschen beständig bewegten wie
eine schwarze Wolke menschlicher Heuschrecken, überall eindrangen,
alles auffraßen, alles zerstörten, die Luft an ehemals entlegenen,
schönen Plätzen mit ihrem ekelhaften Brodem verpesteten. Aber es war
trotzdem noch ihre Welt, die Welt, in die sie geboren worden war. Sie
war Teil dieser Zerstörung,

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