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Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Titel: Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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führte auf die Terrasse und die
Lindenallee. Sie wartete schon auf ihn, im Mantel, einen Wollschal um
den Kopf gewickelt. Die Tür war verschlossen, aber nicht verriegelt,
und er schloss hinter ihnen wieder ab. Eine Minute lang gingen sie
schweigend, und Chandler-Powell hatte nicht die Absicht, das zu ändern.
Verärgert über die Störung des Feierabends zeigte er keinerlei Neigung,
ihr zu helfen. Flavia hatte um die Unterredung gebeten. Wenn sie etwas
zu sagen hatte, war sie an der Reihe.
    Erst als sie am Ende der Lindenallee angekommen waren und nach
ein paar Sekunden des Zögerns kehrtgemacht hatten, blieb sie stehen und
sah ihn an. Er konnte ihr Gesicht nicht genau erkennen, aber sie stand
stocksteif da, und diese Härte und Entschlossenheit in ihrer Stimme
kannte er bis jetzt noch nicht.
    »So können wir nicht weitermachen. Wir müssen eine
Entscheidung treffen. Ich bitte dich, mich zu heiraten.«
    Da war er also, der Augenblick, vor dem er sich gefürchtet
hatte. Aber es hatte seine Entscheidung sein sollen, nicht ihre. Er
fragte sich, warum er es nicht hatte kommen sehen, aber dann wurde ihm
klar, dass diese Forderung, selbst in dieser brutalen Direktheit, nicht
ganz unerwartet kam. Er hatte die Anzeichen geflissentlich übersehen,
ihre Launenhaftigkeit, der unausgesprochene Groll, der sich langsam zu
einer Art Hass gesteigert hatte. Ruhig sagte er: »Ich fürchte, das ist
nicht möglich, Flavia.«
    »Natürlich ist es möglich. Du bist geschieden, ich bin allein.«
    »Ich will damit sagen, dass es nie eine Option für mich
gewesen ist. Es war von Anfang an nicht die Basis unserer Beziehung.«
    »Ach, und was war deiner Meinung nach die Basis? Ich rede von
der Zeit, als wir uns verliebt haben – vor acht Jahren. Falls
du es vergessen hast. Auf welcher Basis ist das passiert?«
    »Sexuelle Anziehung, vermute ich. Respekt, Zuneigung. Das war
bei mir alles dabei. Ich habe nie gesagt, dass ich dich liebe. Ich habe
nie von Ehe gesprochen. Ich war nicht auf der Suche nach der Frau fürs
Leben. Eine gescheiterte Ehe ist genug.«
    »Nein, du bist immer ehrlich gewesen – ehrlich oder
auf der Hut. Nicht einmal Treue wolltest du mir garantieren, richtig?
Ein attraktiver Mann, ein exzellenter Chirurg, geschieden, auf dem
Markt. Glaubst du, ich weiß nicht, wie oft du dich auf mich verlassen
hast – auf meine Skrupellosigkeit, wenn du so
willst –, wenn du dich mal wieder einer dieser habgierigen
kleinen Goldgräberinnen entledigen musstest, die ihre Klauen nach dir
ausgestreckt hatten? Und ich spreche nicht von einer beiläufigen
Affäre. Das ist es für mich nie gewesen. Ich spreche von acht Jahren
ehrlichen Engagements. Jetzt sag doch mal, ob ich dir jemals in den
Sinn komme, wenn wir nicht zusammen sind? Hast du überhaupt noch ein
anderes Bild von mir im Kopf als in Tracht und mit Maske im OP, wo ich
dir jeden Gedanken von den Augen ablese und genau weiß, was du magst
und was nicht, welche Musik du bei der Arbeit hören willst, und immer
da bin, wenn du mich brauchst, immer schön diskret am Rand deines
Lebens? Nicht viel anders als im Bett, findest du nicht? Aber
wenigstens im OP war ich nicht so leicht zu ersetzen.«
    Seine Stimme blieb ruhig, aber mit leiser Beschämung spürte
er, dass der scheinheilige Unterton für Flavia kaum zu überhören war.
»Flavia, es tut mir leid. Sicher war ich oft gedankenlos und
verletzend, aber ohne es zu wollen. Ich wusste nicht, dass du das so
empfindest.«
    »Verschon mich mit deinem Mitleid. Ich verlange nicht einmal
Liebe. Ich will Gerechtigkeit. Die Ehe. Den Status einer Ehefrau, die
Hoffnung auf Kinder. Ich bin sechsunddreißig. Und ich will nicht bis
zur Pensionierung arbeiten müssen. Und danach? Soll ich mir mit meiner
Abfindungssumme ein Cottage auf dem Land kaufen und hoffen, dass die
Dorfbewohner mich akzeptieren? Oder lieber eine Zweizimmerwohnung in
London, in einer Wohnlage, die ich mir leisten kann? Ich habe keine
Geschwister. Ich habe Freunde vor den Kopf gestoßen, um mit dir
zusammen zu sein, für dich da zu sein, wenn du mal Zeit für mich
hattest.«
    »Ich habe dich nie gebeten, mir dein Leben zu opfern. Wenn du
es unbedingt als Opfer bezeichnen willst.«
    Sie sprach einfach weiter, als hätte er nichts gesagt. »In
acht Jahren haben wir nicht ein einziges Mal zusammen Urlaub gemacht,
weder hier noch im Ausland. Wie oft sind wir zusammen in ein Konzert,
ins Kino oder in ein Restaurant gegangen, und wenn, dann in eins, wo
keine Gefahr bestand, dass

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