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Adams Erbe (German Edition)

Adams Erbe (German Edition)

Titel: Adams Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Rosenfeld
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reingeraten? Sind das die neuesten Methoden? Gegenseitiges Niederschießen? Meine Güte, Sie leben gefährlich. Die Kommunisten, das Weltjudentum und jetzt der Schwarze Peter mitten unter Ihnen.«
    Bussler holte aus und erzählte uns in einer Langatmigkeit, die Edda in den Wahnsinn trieb, von Röhms Putschversuch und dass der Führer so gehandelt habe, wie man in einer solchen Situation eben handeln müsse.
    »Sturmbannführer, Sie langweilen mich tödlich. Sie reden wie Goebbels. Da kann ich auch gleich das Radio anmachen.«
    Schon bald wurde es still um den fetten Röhm. Sowohl das Radio als auch Bussler, der nun wieder häufiger auftauchte, hüllten sich in Schweigen. Edda und ich ließen das Bild des SA -Häuptlings hängen und versahen es mit einem roten Kreuz. Sie waren nicht nur besiegbar, sondern auch sterblich.
    Am 2.August starb Hindenburg, auch er bekam sein Kreuz.
    Meine Mutter erlebte kurz darauf eine zweite, eine zarte Blütezeit, die sie letztlich mir zu verdanken hatte. Eines Morgens wachte ich mit riesigen Backen auf, mein Gesicht war auf doppelte Größe angeschwollen. Ziegenpeter. Strund wurde nach Hause geschickt und Doktor Kieler an mein Bett beordert. Doktor Kieler, ein jüdischer Allgemeinmediziner, eine Empfehlung von Luigi, war ein gutaussehender, leicht ergrauter Mann, dem seine Wirkung durchaus bewusst war. Seine Augen waren blaugrün und hatten dieses Funkeln, das Frauen anscheinend verrückt macht.
    Greti, Edda und Kieler standen um mich herum. Zuerst dachte ich, ein Vogel würde zwitschern, aber es war die Stimme meiner Mutter, die schnell und hoch allerlei Unsinn plapperte.
    Ich bekam Tropfen, ein Tuch um den Kopf und strenge Bettruhe verordnet. Und als Kieler seine Tasche zusammenpackte, sah ich die Sehnsucht, dieses lebendigste aller Gefühle, im Blick meiner Mutter.
    »Er ist wirklich ein großartiger Arzt«, piepte Greti, nachdem Kieler gegangen war.
    »Ja. Er ist ein schöner Mann«, sagte Edda.
    In der Nacht kam Mama an mein Bett, sie setzte sich zu mir und streichelte sanft mein aufgeschwollenes Gesicht.
    »Adam, ich möchte dich um etwas bitten, aber es muss unser Geheimnis bleiben.«
    Ich nickte.
    »Schwör es mir.«
    Ich schwor.
    »Morgen, wenn du wach wirst, musst du behaupten, dass es dir schlechter geht. Ja? Sobald du die Augen aufschlägst, musst du anfangen zu weinen. Schrei, wenn du kannst.«
    Und ich schrie. Edda kam im Morgenmantel angerannt und Mama in einem seidenen Sommerkleid, das ich noch nie an ihr gesehen hatte.
    »Es tut weh. Es tut so weh«, presste ich hervor.
    »Ist es schlimmer als gestern?«, fragte meine Mutter.
    Ich nickte heftig, und dann schrie ich noch einmal.
    »Ich rufe sofort Doktor Kieler an«, sagte Edda und verschwand.
    Der Doktor kam nun täglich. Auch als ich wieder vollkommen gesund war, schaute er dann und wann vorbei. Manchmal fünf Mal die Woche. Er sonnte sich in Gretis Bewunderung. Seinen Ansichten, egal wie dumm oder falsch sie waren, stimmte sie stets vorbehaltlos zu und hörte sich auch die Klagen über seine nicht einwandfrei funktionierende Verdauung und seinen schwachen Darm beglückt an.
    Kieler und meine Mutter haben sich nie berührt oder geküsst, aber offenbar fanden sie beide in dieser seltsamen Freundschaft genau das, wonach sie gesucht hatten. Ein Bund, geknüpft durch Eitelkeit und Einsamkeit. Als sich Busslers und Kielers Wege in unserer Wohnung kreuzten, verkündete der Doktor meiner Mutter, dass es gewiss nützlich sei, einen SS -Mann zu kennen. Von diesem Tag an strahlte Greti jedes Mal, wenn sie unserem Sturmbannführer die Tür öffnete.
    Edda hielt den Doktor für einen dummen Schwätzer. »Aber Adam, er ist zu schön, um es ihm übelzunehmen.«
    Manchmal brütete Bussler mit uns über den Bildern der Mächtigen, aber er war nie ganz unbefangen.
    »Können Sie nicht wenigstens Röhm abhängen, schließlich ist er tot.«
    »Auf gar keinen Fall, mein lieber Maestro, die Toten gehören dazu. Auch sie sind Teil der Geschichte.«
    »Welcher Geschichte?«
    »Oh, das wird die Geschichte irgendwann selber entscheiden müssen, welche Geschichte sie hier erzählt.«
    Ab und zu brachte Bussler uns ein neues Gesicht mit.
    »Wer ist das?«
    »Hans Frank, bayrischer Justizminister.«
    »Was denkst du, Adam?«, fragte Edda und strich über Franks Gesicht.
    »Er sieht aus wie die kleinen, dicken Putten auf dem Ofen im Wohnzimmer.«
    Bei solchen Bemerkungen fing unser Sturmbannführer immer an zu hüsteln. »Ich bitte um ein

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