Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
Bienenstockes im Mai. Doch die Männer wussten um den Ernst ihrer Lage. Sie trafen letzte Vorbereitungen an Ausrüstung und Waffen, soweit das bei der Kälte und dem schwachen Licht einer Fackel oder eines Lagerfeuers möglich war. Viel geschlafen wurde in dieser Nacht nicht.
Im Zelt der Heerführer saßen Herzog Lothar von Supplinburg und Wiprecht der Jüngere beim flackernden Licht mehrerer Kerzen über eine Karte gebeugt und diskutierten die Möglichkeiten ihres Vorgehens. Der kürzlich seiner Würden beraubte Pfalzgraf Friedrich, Gottschalk von Wisedendorf sowie Folkmar von Lare hielten sich im Hintergrund und warfen nur ab und zu ein paar Worte ein. Die Männer wirkten entschlossen und konzentriert, sie trugen schwer an der Verantwortung für das weitere Schicksal ihrer Länder und ihrer Männer.
In den letzten Nachtstunden lösten sich dicke Schneeflocken aus den tief nach Osten ziehenden Wolken und fielen mit einsetzender Dämmerung immer dichter. Der Tag graute, doch die Helligkeit ließ auf sich warten. Der Himmel blieb düster verhangen und das Schneetreiben wurde so undurchdringlich, dass die Männer nicht von einem Feuer zum nächsten sehen konnten. Lothar schickte einen berittenen Boten ins feindliche Lager, um eine Verschiebung der Schlacht zu fordern. Zur dritten Stunde des Tages kehrte der Mann zurück und brachte die zustimmende Antwort König Heinrichs. Die Männer harrten einen weiteren Tag untätig frierend im Tal aus und kämpften vorläufig nur gegen die Schneemassen, die in wenigen Stunden Zelte, Männer und Pferde mit einer alles gleichmachenden weißen Schicht überzogen hatten. In der folgenden Nacht klarte das Wetter auf und der Tag begann mit einem Morgenrot, bei dem selbst hart gesottene Krieger sich erschrocken bekreuzigten, als sie aus ihren Zelten krochen.
„Blut, es bedeutet viel Blut!“, murmelte ein grauhaariger Krieger und schaute besorgt in den glutfarbenen Osten, wo der Sonnenball jeden Moment über dem Horizont erscheinen musste.
Bischof Reinhard rief zu einer Messe und betete gemeinsam mit Heerführern und Kämpfern um eine siegreiche Schlacht. Mit erhobenen Händen erflehte er die Gnade Gottes und versprach den Rittern Gottes Barmherzigkeit. Aus den Herzen der Männer wich die Verzagtheit und es spielte keine Rolle, dass der Priester des königlichen Heeres zur gleichen Zeit ähnliche Worte an die gegnerischen Soldaten richtete.
Die Knappen hatten die ersten Morgenstunden genutzt, um die Pferde vorzubereiten. Das Aufsatteln und das Anlegen des gepanzerten Stirnschutzes erforderte viel Sorgfalt und Geduld. Zwar waren die Tiere an ihre Ausrüstung gewöhnt, doch musste jeder Lederriemen und jede Schnalle exakt sitzen. Der kleinste Fehler konnte dem Herrn in der Schlacht das Leben kosten. Zum Abschluss wurde den Tieren eine Schabracke übergezogen, die das Wappen des Ritters trug und das Tier vom Schwanz bis an die Ohren vollständig verdeckte. Am Kopf blieben lediglich die Augen und das Maul mit der Trense frei. Die Pferde der Heerführer hoben sich durch besonders farbenprächtige Satteldecken ab. Diese Stoffhüllen schützten die Pferde zwar nicht vor den Waffen des Gegners, halfen aber beim Unterscheiden von Freund und Feind in den Wirren der tobenden Schlacht.
Nach der Messe schlüpften die Kämpfer in ihre knielangen Kettenhemden, gürteten die Schwerter und nach einem letzten Kontrollblick stülpten sie ihre Helme über die Ringelkapuzen und ließen sich auf die Rösser helfen. Den mandelförmigen Schild in der linken, das gezückte Schwert oder die Flügellanze in der rechten Hand, formierten sie sich zur Schlachtordnung und ritten auf das weitläufige Feld, dessen unberührter Boden bald ihr Blut und das ihrer Gegner aufnehmen sollte. Hier erwarteten sie stumm das Heer des Königs in der Hoffnung, ihre Tapferkeit bei der Verteidigung von Freiheit und Ehre unter Beweis stellen zu können.
Die königlichen Truppen kamen gespenstisch still über die Hügel. Plötzlich waren sie oben auf dem Kamm und ergossen sich wie zähfließendes dunkles Öl über den schneebedeckten Hang. Hoyer von Mansfeld ritt mit seinen Leuten an der Spitze. Sein Wappen leuchtete von der Lanze des Fahnenträgers herab. Erst im hinteren Drittel flatterte die Fahne des Königs im hellroten Licht der jungen Sonne.
Auf der Seite der Sachsen erhob sich beim Anblick des Gegners ein mörderisches Geschrei, welches der Feind mit kurzer Verzögerung, aber ebenso lautem Gebrüll erwiderte. Sekunden
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