Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
Nacht in meinen Träumen. Und das schlimmste ist – ich wollte diese Schlacht! Ich war so blind – wie kann ich je vor den Allmächtigen treten?“
Adelheid begann zu begreifen, was ihn so stark belastete. Es waren die Seelen der Getöteten, die in seinen Gedanken spukten und ihn nicht zur Ruhe kommen ließen. Deshalb hatten Körper und Geist sich zunächst geweigert, in die Wirklichkeit zurückzukehren. Ihr Mann war kein Krieger, nicht sein Leib, sondern seine Seele war auf dem Schlachtfeld verwundet worden. Doch wie sollte sie ihn trösten? Gab es Worte, die in dieser Situation nicht banal und lächerlich klangen?
„Wir müssen beten, mein Lieber, Gott allein weiß, warum diese Schlacht stattfand.“ Sie fürchtete, unglaubwürdig zu klingen, denn er wusste sehr gut, dass sie selbst ihre Probleme mit dem Allmächtigen hatte.
Doch er nickte, offensichtlich hatte er sogar bereits weiter gedacht. „Ich muss etwas Großes tun, Adelheid. So groß, dass der Herr meine Reue erkennen kann. Es muss etwas Unumstößliches sein, etwas, das für die Ewigkeit ist. In tausend Jahren noch sollen die Menschen sagen …“ Er verstummte abrupt, als suche er nach den passenden Worten.
„Gott kann sehen, wie du dich quälst!“, versuchte sie, ihn zu beruhigen. „Bete und Er wird dir vergeben!“ Wenn der Pater mich jetzt hören könnte, dachte sie sarkastisch, er wäre wohl stolz auf mich.
„Und glaubst du, das reicht Ihm?“ Zweifelnd suchten seine Augen ihren Blick. Doch sie wusste darauf nichts zu antworten.
Trotz Folkmars Hoffnungslosigkeit reifte in dieser Nacht in der kleinen Zelle des Klosters wieder Zuversicht in Adelheid heran. Zum ersten Mal nach der verhängnisvollen Schlacht liebten sie sich fast verzweifelt auf dem knisternden Stroh und klammerten sich wie zwei Ertrinkende aneinander fest.
Als der Morgen sein erstes Licht durch das schmale Fenster in die Zelle schickte, wurden sie von der Glocke geweckt, die zum Gebet rief. Während draußen eilige Füße vorüber trippelten, lagen sie zufrieden aneinander geschmiegt und berieten ihre Zukunft. Zunächst vereinbarten sie, dass Folkmar seinen Klosteraufenthalt sofort beenden und nach Walkenried reisen würde, um dort die Formalitäten zu regeln, die nach dem Tod seines Vaters dringend notwendig waren. Adelheid sollte bereits nach Lare vorausreiten, denn Adeles erste Niederkunft stand unmittelbar bevor und sie wollte ihrer Tochter unbedingt beistehen.
Eine knappe Woche darauf berichtete Folkmar seiner Gemahlin beim ersten gemeinsamen Abendessen auf Lare, er habe den Walkenrieder Hof samt den umliegenden Dörfern und Liegenschaften, was etwa 32 Hufen Land ausmachte, dem Abt Altfried überschrieben, mit der Auflage, dass dieser dort ein Kloster errichten möge. Adelheid glaubte, sich verhört zu haben und legte verwirrt das Messer aus der Hand, mit dem sie gerade ein Stück Fleisch vom Braten geschnitten hatte.
„Was hast du getan?“ Ihre Stimme überschlug sich vor Überraschung und Robert, der auf der anderen Seite des Tisches saß, unterbrach verwundert seine Unterhaltung mit Helisende.
„Aber verstehst du denn nicht? Dieses Kloster wird meine Buße sein. Außer mir werden auch die Mönche dort für mein Seelenheil beten und ich kann ruhig vor Gott treten, wenn die Zeit gekommen ist.“ Folkmar klang zuversichtlich wie seit langem nicht mehr.
Adelheid schluckte den letzten Bissen herunter und überlegte fieberhaft, wie sie reagieren sollte.
„Folkmar, dieses Gut mit seinen Einkünften sollte mein Leibgedinge werden, falls dir etwas zustößt. Schon seit unserer Hochzeit war es so vereinbart!“
Beruhigend legte Folkmar ihr die Hand auf den Arm. „Ich weiß, liebste Adelheid. Ich habe es nicht vergessen. Der Abt hat mir versichert, dass er ausschließlich das Kloster bauen lässt. Erst wenn wir beide nicht mehr am Leben sind, verfügt er auch über das Gut und die restlichen Ländereien.“
Adelheid spürte, wie sich ein ungutes Gefühl in ihrer Magengegend ausbreitete. Warum hatte Folkmar diesen Schritt nicht mit ihr abgesprochen? Es war sonst nicht üblich unter den Eheleuten, solch gravierende Dinge allein zu entscheiden. Sie konnte diesen Kontrakt nicht einfach auf sich beruhen lassen. Fieberhaft überlegte sie.
Nachdem die Mahlzeit beendet war und die anderen den Raum verlassen hatten, nahm sie vorsichtig das Gespräch wieder auf. „Hat der Abt dir zugesetzt, auf dass du zustimmst? Und war Beringar dabei?“
Unwillig schüttelte Folkmar
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