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Adrianas Nacht

Adrianas Nacht

Titel: Adrianas Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon von Winterstein
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sie aber nur heimlich durch das Fenster, halb hinter den Gardinen versteckt, bis der BMW kam, sie einstieg und fort war.
    Inzwischen war es 19 Uhr. Ein guter Zeitpunkt, um bei Canan etwas essen zu gehen und meine Schulden zu begleichen.
    Vom Büro aus konnte ich zu Fuß zum Restaurant gehen, es lag drei Querstraßen entfernt, und da der Abend noch lau war, ließ ich das Auto vor der Agentur stehen. Auf dem Weg, vorbei an einem Dutzend jetzt noch auf den Gehweg auswuchernder Cafés und Restaurants, vorbei an zwei Vernissagen recht angesagter Galerien, hatte ich ständig das Gefühl, nach jemandem Ausschau zu halten, hatte aber keine konkrete Vorstellung, nach wem oder was. Ich schlenderte durch diese nun anbrechende, womöglich letzte sommerliche Nacht, getrieben, allein, immer noch nachdenklich vom Nachmittag mit Anna. Verwirrt auch von meinem Gefühl für Marie, meiner Szene mit Simone und last but not least Adrianas Unfall und Adrianas daraus folgendem Schlaf.
    Bei der zweiten Vernissage stolperte ich förmlich in einen Klienten hinein, stieß sein Glas um und verabredete mich mit ihm für die folgende Woche zum Gespräch, da er meinte, wir würden nicht genug für ihn tun. Ich traf einen ehemaligen Klassenkameraden und seine Frau plus ein weiteres Paar, die auf dem Bürgersteig eines dritten Restaurants saßen und auf einen Platz warteten, und hinterließ meine Karte, weil man sich ja unbedingt wieder einmal (warum eigentlich?) treffen müsse.
    Dann erreichte ich das Restaurant, in dem Canan arbeitete. Auch hier standen die Tische draußen unter den alten Straßenbäumen. Als Canan mich kommen sah, winkte er mich zu sich und plazierte mich gleich an einem frei gewordenen Tisch am Rand, bevor jemand mir den guten Platz streitig machen konnte. Ich begrüßte Canan mit Hand- und Schulterschlag und bedankte mich, mich gleichzeitig mehrfach entschuldigend, für seine Hilfe neulich und dass ich bis zu jenem Abend die Zeche schuldig geblieben war.
    Ich bestellte als Vorspeise ein köstliches Vitello Tonnato, dazu Rotwein, Mineralwasser, dann Spaghetti Aglio Olio e Peperoncino, danach Tiramisu, und dann würde ich vermutlich zwei Grappa und einen doppelten Espresso brauchen, um wieder so munter zu werden, dass ich Adriana besuchen fahren konnte. Als mir Canan die Vorspeise brachte, schaute er freundlich auf mich herab und bemerkte, dass ich doch schon wieder viel besser aussähe als neulich, dann stellte er die Vorspeise und das frische Brot vor mir ab. Er fragte nicht nach Adriana. Und ich saß gemütlich beim Essen, hing meinen Gedanken zu Anna nach, der süßen, gespenstischen Prostituierten. Ich überlegte wirklich, sie später noch einmal zu bestellen und sie mit ins Bett zu nehmen, und sie würde dann bleiben, bis ich eingeschlafen wäre. In genau diesem Moment, ich hielt in Gedanken gerade wieder Anna in meinen Armen, klingelte mein Handy, irgendeine unbekannte Handynummer. Ich überlegte, ob ich das Gespräch einfach wegdrücken sollte, dachte dann aber, ich war ja draußen und nicht im Restaurant, und so nahm ich das Gespräch an. Es war Marie! Der Anruf fiel ihr deutlich hörbar schwer. Sie meldete sich mit den Worten: »Hallo, hier ist Marie. Hallo?«
    Das zweite Hallo klang so, als wollte sie sich vergewissern, dass ich noch in der Leitung sei. Hallo, bist du noch da? Hallo, hast du nicht gleich wieder aufgelegt? Hallo, sagst du jetzt nicht wieder, irgendwas sei falsch jetzt?
    Ich sagte: »Hallo, Marie, das ist toll, dass du anrufst!«
    Marie sagte, noch nicht überzeugt: »Wirklich?«
    »Ja, ich freue mich wirklich sehr!«, antwortete ich.
    Marie sagte: »Gut!«
    Und dann war es für sie auch gut. Sie war einer der wenigen Menschen, der einfach Dinge für sich vom Tisch wischen konnte mit diesem Gut!. Sie nahm das Gut! , hielt es kurz unter Wasser, wischte dann mit dem feuchten Gut! alles, was auf dem Tisch lag, mit einfachen, geraden Bewegungen zusammen, schob das Häuflein Probleme in ihre Hand, ging zur Spüle, schüttelte ihre Hand und das Gut! aus, spülte mit Wasser nach und Tabula rasa. Ein Neuanfang.
    Schnell waren wir wieder bei einem leichten Plauderton angelangt. Lästerten, ergingen uns in flirtigen Anspielungen. Ich erzählte, dass ich gerade allein in einem meiner Lieblingsrestaurants sitzen würde, wäre erst bei der Vorspeise, und wenn Marie schnell ein Taxi nähme, wäre sie sicher noch während der Vorspeise bei mir und natürlich mein Gast. Und ich sagte auch gleich dazu, dass ich aber

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