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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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sie die Brücke für uns öffnen, und wir werden die Burg in einem Überraschungsangriff einnehmen. Aber wir müssen schnell zuschlagen, denn sobald die Burgbewohner merken, dass jemand sie angreift, werden sie ein großes Feuer auf der Spitze des Burgturms entfachen, einen Hilferuf, der von vier anderen Schlössern in der Umgebung zu sehen ist. Binnen kürzester Zeit wird Verstärkung eintreffen.«
    Während ihrer Reise von Castelginaux nach Mollecravel hatten sich an die hundert Hungerleider der Räuberbande angeschlossen. Verbrecherclans, einzelne Banditen, Menschen aller Art, die in ihrem Schlepptau marschierten. Isarn befehligte mittlerweile eine kleine Armee.
    Der Anführer der Bande befahl seinen Männern, sich in den Wäldern, die das Schloss umgaben, zu verteilen und an den Straßen Wachposten aufzustellen.
    Pater Aba, der nicht schlecht über diese kriegerischen Gefechtsvorbereitungen und die Disziplin der Schurkenbande staunte, begab
sich zu Althoras. Der alte Blinde schien von der Reise erschöpft. Nie verließ er seine geheizte Sänfte und seine dicken Decken. Diese Expedition mitten im Winter überforderte seinen ausgezehrten Körper. Aba musste unwillkürlich an die Legende denken, dass Althoras unsterblich sei. Doch Erschöpfung und Fieber hinderten den Alten nicht daran, die Neuigkeiten anzuhören, die seine Gefolgsleute in der Region von Mollecravel ihm über den Schlossherrn mitzuteilen hatten.
    Aba ließ sich kein Wort entgehen.
    Hue de Montmorency ging ein abscheulicher Ruf voraus. Der Mann war ein brutaler Haudegen, gewalttätig und aufbrausend. Jedermann in der Gegend wusste, dass er seine beiden ersten Frauen eigenhändig erwürgt hatte.
    Sogleich dachte der Priester an diesen »Conomor«, von dem die beiden Dominikanerschwestern ihm in den Archiven von Narbonne erzählt hatten. Jener Typus von Ungeheuer, der zuerst seine Ehefrauen verschmähte und am Ende über Kinder herfiel, um seine Triebe zu befriedigen.
    Eines Tages aber verschwand Hue. Ein Jahr lang ward er nicht mehr im Schloss gesehen. Es hieß, er sei auf ausdrücklichen Befehl der Kirche nach Italien gebracht worden. Tatsache war, dass dieser Mann nach seiner Rückkehr nach Mollecravel nicht mehr wiederzuerkennen war: Er war fromm, sanftmütig wie ein Lamm, hatte ein offenes Ohr für die Gedemütigten und wurde von herzzerreißendem Röcheln oder von Brechreiz gepackt, sobald man ihm die Schändlichkeiten der Vergangenheit in Erinnerung rief. Hue de Montmorency wurde zu einem Gegenstand der Verehrung in der Region, wie ein großer Büßer, der der Gnade teilhaftig geworden war.
    Es hieß, seit seiner Läuterung vor sechs Jahren habe eine Vielzahl von Kirchenfürsten dem Schloss einen Besuch abgestattet. Diese Mauern, die die berühmtesten Dirnen der Grafschaft beherbergt
hatten, waren gegenwärtig ein bevorzugter Aufenthaltsort für Bischöfe auf der Durchreise.
    Die Zollposten der Region und die Spitzel der Räuber hatten nichts in Erfahrung gebracht. Eine Truppe schwarz gekleideter Männer war in der Umgebung unbekannt. Allerdings verließen gelegentlich berittene Männer nach Einbruch der Nacht das Schloss.
    Auch von entführten Kindern hatte niemand etwas gehört.
    Hingegen kannte jedermann in der Nähe von Mollecravel die Frau mit den langen roten Haaren. Sie war in der Bevölkerung hoch angesehen. Während ihrer regelmäßigen Anwesenheiten unterstützte sie die Bedürftigen, half den Kranken und verteilte im Auftrag Hue de Montmorencys Spenden an alle wohltätigen Einrichtungen der Domäne. Sie sei kurz nach der Läuterung des Herrn in Mollecravel aufgetaucht. Ihr Name war Até de Brayac.
    Die Frau mit den roten Haaren, die gefälschte Münze aus Disard, Perrot, der durch Castelginaux gekommen war, ein anderes entführtes Wunderkind … Zum ersten Mal spürte Aba, dass er seinem Sohn auf der Spur war.
    Abgesehen von den Prozessionen an Ostern und Allerheiligen ließ sich Hue de Montmorency niemals in der Öffentlichkeit blicken. Seine Zugbrücke senkte sich nur herab, um Männer und Waren herein- und hinauszulassen. In den letzen Jahren hatte man die Verteidigungsanlagen erheblich ausgebaut. Obschon der Herr zu einer Art Heiligem geworden war, hatte er offenbar vor allem und jedem Angst.
    »Wenn er meine Tochter gefangen hält«, knurrte Isarn, »dann hat er auch allen Grund zum Zittern.«
    »Ist das nicht ein wenig zu tollkühn, eine Burg anzugreifen?«, fragte Aba.
    Althoras lächelte.

    »Unter all den Zuhältern,

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