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Aendere dein Leben - erfinde dich neu

Aendere dein Leben - erfinde dich neu

Titel: Aendere dein Leben - erfinde dich neu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Mario Alonso Puig
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ungläubig, was er dort sah, nämlich wahrhaftig einen Adler, der mit Hühnern zusammenlebte. Er rannte los und hämmerte so wild an die Tür der Hütte, dass der Hirte vor Schreck auffuhr.
    »Wer sind Sie, und was wollen Sie?«
    »Bitte verzeihen Sie mir. Ich bin ein Naturforscher, der sich mit Adlern beschäftigt, und ich habe etwas Unerhörtes gesehen: einen Adler, der unter Hühnern lebt.«
    Der Hirte verstand sehr wohl, weshalb der Mann so überrascht reagierte. Er lud ihn in seine Hütte ein und erklärte dort, wie er den Adler gefunden, gesund gepflegt und schließlich zu den Hühnern gesteckt hatte.
    Der Wissenschaftler hörte der Geschichte gebannt zu, bis ihn plötzlich etwas zutiefst erschütterte, eine scheinbar nebensächliche Bemerkung des Hirten.
    »Sie sehen, mein Freund, das Tier hat so lange bei meinen Hühnern gelebt, dass ich davon überzeugt bin, dass er zwar äußerlich noch ein Adler ist, in seinem Inneren aber nichts weiter als ein Huhn.«
    »Diesen Eindruck habe ich auch, aber dennoch bin ich mit dieser Schlussfolgerung ganz und gar nicht einverstanden«, antwortete der Naturforscher.
    Der Hirte reagierte etwas ungehalten, weil er natürlich glaubte, dass niemand dieses Tier so gut kannte wie er.
    »Wenn Sie so fest davon überzeugt sind, dann beweisen Sie es doch einfach. Lassen Sie ihn fliegen!«
    Der Naturforscher ging zum Gehege, fing den Adler ein und tat das Erstbeste, was ihm einfiel. Er warf ihn in die Luft und rief: »Flieg!« Das Tier stürzte schwerfällig auf die Erde und versteckte sich schnell wieder im Hühnergehege. Der Hirte grinste, doch so rasch wollte sich der Wissenschaftler nicht geschlagen geben. Er sah sich suchend um, bis er einige Meter weiter eine Leiter entdeckte. Er ging hin, holte die Leiter und lehnte sie an eine Wand der Hütte. Danach ging er wieder ins Gehege, holte den Adler und kletterte mit ihm die Leiter hoch, bis er oben auf dem Dach war. Dort warf er den Adler wieder in die Luft und rief: »Flieg!« Das arme Tier fiel wie ein Federknäuel zu Boden und blieb dort zunächst benommen sitzen. Nachdem es wieder zu sich gekommen war, rannte es eilig wieder ins Hühnergehege.
    Da sagte der Hirte: »Wenn du so weitermachst, bringst du mein Huhn noch um.«
    Doch irgendwie war der Naturforscher trotz dieser Misserfolge und trotz allem, was der Hirte einwandte, fest davon überzeugt, dass der Geist eines Adlers niemals stirbt. Deshalb gab er sich nicht geschlagen.
    Und plötzlich bemerkte er etwas am Horizont.
    »Was ist das, was ich da hinten sehe?«
    »Das ist der Gipfel des Berges, wo ich den Adler gefunden habe, als das Nest heruntergefallen war. Warum?«
    »Weil ich ihn dorthin bringen möchte, wo er geboren ist. Vielleicht fällt ihm dort wieder ein, woher er stammt, und ihm wird klar, dass er fliegen kann.«
    »Du bist verrückt, ein unvernünftiger Mensch, der sich einfach nicht geschlagen geben kann. Hast du denn noch nicht genug Beweise, wie verrückt deine Theorie ist, die dumme Überzeugung, dass der Geist eines Adlers niemals stirbt?«
    Der Forscher verteidigte sich nicht weiter, sondern schritt einfach zur Tat. Noch einmal betrat er das Gehege, fing den Adler und machte sich auf den Weg, immer mit festem Blick auf den Gipfel des Berges. Der Hirte, der nicht recht verstand, wozu das gut sein sollte, aber sah, dass die Nacht hereinbrach, nahm eine Laterne und folgte ihm. Die ganze Nacht stiegen sie den Berg empor, obwohl der Forscher noch keine Ahnung hatte, wie er den schlummernden Geist des Adlers wecken sollte.
    Als sie auf dem Berg ankamen, wo der Adler geboren war, begann es zu dämmern. Da bemerkte der Forscher etwas Eigenartiges: Der Adler wendete den Blick von der Sonne ab. Ohne zu wissen weshalb, packte er das Tier am Genick und zwang es, zur Sonne zu blicken. In diesem Augenblick begann sich der Adler auf ganz ungewohnte Weise zu bewegen. Er breitete seine prächtigen Flügel aus und schwang sich in die Lüfte. Denn an diesem Morgen war dem Adler wieder eingefallen, wer er wirklich war. Er eroberte sich seine wahre Identität zurück, denn er war kein Huhn, sondern ein Adler.
    Ein Adler ist nichts Besseres als ein Huhn, aber dennoch sieht er zweiundachtzigmal besser als ein Huhn und kann seine Beute deshalb aus über zwei Kilometern Entfernung ausmachen. Zudem kann der Adler Gebiete sehen, von denen ein Huhn nicht einmal träumen würde. Natürlich ist ein Leben als Huhn viel bequemer, weil man regelmäßig sein Futter bekommt, während der

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