Aengste verstehen und hinter sich lassen
welche Entfernung sie zur Zielscheibe einnehmen. Es nahmen eine Gruppe von depressiven und eine Gruppe von psychisch gesunden Menschen teil. Es zeigte sich, dass die Gesunden eher mittlere Entfernungen zur Zielscheibe wählten und damit recht realistisch vorgingen, sodass sie auch realistische Trefferquoten mit einer zu erwartenden Mischung von Treffern und Misserfolgen erzielten. Die Gruppe der depressiven Menschen dagegen zeigte ein anderes Muster der Entfernungsauswahl: Eine große Untergruppe wählte sehr große Entfernungen (Überforderung durch unrealistisch schwieriges Ziel), und eine zweite Untergruppe wählte eine unrealistisch kurze Entfernung (Unterforderung durch unrealistisch leichtes Ziel). Die erste Untergruppe zeigte erwartungsgemäß schlechte und die zweite Untergruppe erwartungsgemäß hohe Trefferquoten. Beiden Gruppen fehlt es an einer realistischen Selbsteinschätzung.
Bekämpfen Sie die fünf depressionsfördernden Faktoren aktiv!
Was folgt aus diesen geschilderten Zusammenhängen zwischen Angst und Depression? Unser Rat ist, dass Sie die genannten fünf Faktoren als depressionsfördernd erkennen und entsprechende Maßnahmen gegen diese Faktoren in Ihr persönliches Übungsprogramm integrieren. Lernen Sie das Genießen wieder systematisch (siehe → S. 104 ). Bauen Sie Ihr Vermeidungs- und Schonungsverhalten ab und nehmen Sie trotz aller anfänglichen Schwierigkeiten wieder Sozialkontakte auf. Schulen Sie Ihre Wahrnehmung der „Uplifts“, der kleinen schönen Dinge im Alltag.
Wir wissen, dass der Kampf gegen diese Faktoren Kraft benötigt und Sie sich am Anfang vielleicht überfordert fühlen. Wir wissen aber auch, dass eine Veränderung der Lebensweise mit einer Berücksichtigung dieser Faktoren zu einer immensen Vergrößerung der Lebensqualität führt. Deshalb möchten wir Sie ganz besonders ermutigen, neue Versuche zu starten, die eine Veränderung der genannten Denk- und Verhaltensmuster erleichtern.
Dabei ist ein Prinzip von ganz entscheidender Bedeutung, das gerade bei depressiven Menschen ungeheuer wichtig ist: das Prinzip der kleinen Schritte.
Das Prinzip der kleinen Schritte
Was bedeutet diese depressive Tendenz, betont über- oder unterfordernd mit Zielen umzugehen? Es bedeutet, dass diekontinuierliche Weiterentwicklung und die gesunde Rückmeldung durch Erfolg und Misserfolg behindert werden. Aus der Pädagogik wissen wir, dass Lernen und Weiterentwicklung ohne hinreichende Möglichkeiten des Erfolgs und Misserfolgs nur schwer möglich sind. Genau das ist ein wichtiges Problem von depressiven Menschen, die sich unrealistische (zu leichte oder zu schwere) Ziele vornehmen. Diese unrealistischen Ziele erschweren eine angemessene Rückmeldung und erschweren deshalb die Weiterentwicklung. Dies gilt natürlich nicht nur für sportliche Aktivitäten, sondern im Prinzip für alle Lebensbereiche. Aus diesem Grund ist das Prinzip der kleinen Schritte gerade für Menschen, die zur Depression neigen, ganz besonders wichtig. Sie sollen darin unterstützt werden, sich angemessene Ziele vorzunehmen und Erfolg wie auch Misserfolg nutzen zu können, um sich selbst weiterzuentwickeln. Das in diesem Buch vorgeschlagene Übungsprogramm ist ganz wesentlich an diesem Prinzip der kleinen Schritte orientiert und möchte Sie darin unterstützen, realistische Ziele zu planen.
Auswirkungen auf eine Beziehung
Wer unter einer Angststörung leidet und sich in Beziehungen dadurch abhängiger fühlt, wird eigene Bedürfnisse, die in Richtung Autonomie oder gar Trennung gehen, unterdrücken und nicht an sich heranlassen. Gefühle von Wut oder Trauer, die man sich nicht zugesteht, werden durch diffuses Angsterleben überdeckt. Die Angststörung bestimmt in weiten Teilen, wie viel Nähe man zulässt bzw. welche Distanz überhaupt noch möglich ist. Wenn man die Wohnung nicht mehr allein verlassen kann oder Alleinsein bereits Angst auslöst, ist eine gesunde Nähe-Distanz-Regulation aufgrund der Abhängigkeit nicht mehr möglich. Man selbst übernimmt weniger Verantwortung und vermeidet mögliche Konflikte. Eine Angststörung fördert die Abhängigkeit vom Partner und untergräbt die Autonomie.
Vermeidungsverhalten bezieht sich auf soziale Situationen, die schon vor der Erkrankung als unangenehm erlebt wurden. Viele Menschen haben ein großes Harmoniebedürfnis, können schlecht „Nein“ sagen oder Ärger zum Ausdruck bringen. Ebenso haben viele Menschen nie gelernt, eigene Bedürfnisse und Wünsche zu
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